Oster GLock down
Die Medizin hilft nicht? Erhöhen wir einfach die Dosis.
Von Klaus Hartmann
Nach Monaten der Hoffnungslosigkeit – erinnern wir uns noch? Im November 2020 hieß es, neue Einschränkungen sollten „Weihnachten retten“ – titelte ntv am 22.03.2021: „‚Phase der Hoffnungen‘ ist vorbei“.
An diesem Tag tagte das neue und offenkundig mächtigste Verfassungsorgan Deutschlands (das Grundgesetz muss noch angepasst werden): die böse Schwiegermutti und die 16 Zwerge mit ihren Treffen hinter den 7 Gipfeln. Genauer gesagt, es war schon der XX. – nicht Parteitag, aber „Bund-Länder-Gipfel“ oder auch „MPK“ gekürzelt.
Was raus kam? Nichts Neues. Nachdem am 03.03. bis 28.03. verlängert wurde, hieß es am 22.03.: bis 18.04. – Ende nicht absehbar. Nichts Neues? – von einem Schmankerl abgesehen: „Ruhetage über Ostern“ verkündigte die übernächtigt-umnachtete Runde. Planlos und effekthascherisch wie immer, aber diese „Ruhe“ musste nach weniger als 36 Stunden wieder kassiert werden. Merkel entschuldigte sich sogar mit Rührung heischender Geste, und „übernahm die Verantwortung“. Nicht für den Unsinn, sondern weil sie „qua Amt“ für alles verantwortlich sei, „was hinten raus kommt“ – wie ihr dicker Förderer und Vorgänger Kohl zu sagen pflegte.
„Verantwortung übernehmen“ bedeutete früher: Rücktritt. Waren das noch Zeiten. Doch beim gemeinen Volk kommt die Vorstellung immer weniger gut an: Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der FAZ (24.03.2021) bewerten nur noch 30 Prozent der Bürger das Krisenmanagement der Regierung positiv – im August 2020 waren es 78 Prozent, negativ bewerten es 62 Prozent im Gegensatz zu 15 Prozent im letzten August. „Gehen Ihnen die Einschränkungen und Verbote auf die Nerven?“, so eine weitere Frage, und die beantworten inzwischen 57 Prozent mit „ja“ (Mai 2020: 41 Prozent) und mit „nein“ 32 (gegenüber 49) Prozent.
Der Stimmungsumschwung auch in den Mainstream-Medien war spätestens nach dem „Gipfel“ am 10.02.2021 feststellbar, als die „Lockdown“-Verlängerung bis in den März 2021 verkündet wurde („beschlossen“ kann man ja nicht sagen, weil dazu bräuchte es ein zu Beschlüssen befugtes Gremium). Aufgrund der täglichen Tests – nein nicht auf das Virus, sondern der Stimmung in der Bevölkerung – kippen auch die Kommentare der Mainstream-Medien immer mehr Richtung Ablehnung der regierungsamtlichen „Corona-Politik.
Begründet wurde die x-te Verlängerung mit „gefährlichen Mutanten“.
Das bestätigt auch die Süddeutsche Zeitung am 17.02.21:
Die Kombination der ersten drei Schlagzeilen im ntv-Bildschirmtext (11.02.2021) war zwar verwirrend, manchen hat sie aber Mut gemacht: Laut der ersten Schlagzeile warnte Merkel vor Mutanten, in der dritten gab das RKI wieder Zahlen von sich, aber die zweite hieß: „Militär verhaftet Politiker“. Doch wer das anklickte, musste erkennen: in Myanmar, nicht in Deutschland.
„Lockdown long“
titelte ein Kommentar der FAZ (11.02.21): „Außer einer Verlängerung der Corona-Beschränkungen fällt Bund und Ländern wenig ein… Auch der dritte Corona-Krisengipfel in diesem Jahr – das ‚Impfstoffgespräch‘ nicht eingerechnet – hat wieder viele Stunden getagt, um zu dem inzwischen so vertrauten Ergebnis zu führen: Der Lockdown wird verlängert, das neue Mindesthaltbarkeitsdatum ist der 7. März. Und weil das ursprüngliche Ziel von weniger als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche aus Sicht des Kanzleramts bedrohlich nahekommt, wird kurzerhand ein neuer Wert ausgerufen: Weniger als 35 müssen es jetzt sein, bevor der Einzelhandel wieder öffnen darf.
Nur für Friseure wird das faktische Berufsverbot schon etwas früher aufgehoben. Gastronomen, Hoteliers, Kinobetreiber und viele andere mehr müssen dagegen weiter warten. Auf den Frühling, auf Ostern, vielleicht auch auf den Sommer, wer weiß das schon. Für die Freizeit- und Kulturbranche hat auch diese Ministerpräsidentenkonferenz keine Perspektive gebracht. Es bleibt beim Stand aus dem Januar: Es gibt den Plan, irgendwann einen Öffnungsplan zu präsentieren, mehr nicht.“ (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-beschraenkungen-verlaengert-die-politik-zeigt-sich-ideenlos-17191925.html)
Nach einer typischen „Anne Will“-Regierungspropagandasendung titelte die FAZ (08.02.2021): „Der Gesundheitsminister hält Hof – und erteilt sich die Absolution“, und kommentiert: „Impf-Chaos, Dauer-Lockdown und Corona-Müdigkeit – in der Bevölkerung wächst ein gefährlicher Unmut. Doch die Verantwortlichen scheinen über der Stimmung zu schweben.“
Jan Fleischhauer in seiner Focus-Kolumne v. 13.02.2021: „Der Glaube an den Staat ist in der Psyche der Nation tief verankert (…) Das Mortalitätsrisiko in Relation zur Abhängigkeit von staatlicher Fürsorge lässt sich sogar ziemlich präzise fassen. Man muss nur die täglichen Sterbetafeln aus den Altenheimen zur Hand nehmen. (…) Die Regierenden ziehen aus dem eigenen Unvermögen den Schluss, dass man ihnen jetzt erst recht gehorchen müsse. Kein Wort der Einsicht oder der Entschuldigung. Nur Durchhalteparolen sowie neue Anweisungen und Zumutungen. Gerade weil der Staat versagt hat, soll der Bürger auf ihn bauen.“ (https://www.focus.de/politik/deutschland/schwarzer-kanal/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-das-vertrauen-erodiert-nach-corona-erwartet-deutschland-die-naechste-schwere-krise_id_12976917.html)
Für den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner klingt die Corona-Politik nicht nach Pandemie-Bekämpfung, sondern nach „Stubenarrest“. Es sei jedoch notwendig, die Spirale aus Angstmachen und „Alles-Dicht-Machen“ zu durchbrechen. Den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel „ärgert am meisten: Wir behandeln die Pandemie mit den Mitteln des Mittelalters. Bei der Pest wurden die Menschen auch nur weggesperrt.“ (ntv, 17.02.21)
Kritik kann diesen Franken nicht erschüttern. „Aschermittwoch in Bayern: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellte sich einen Blankocheck aus: ‚Alle Massnahmen, die wir getroffen haben, waren richtig. Alle schwenken auf das Konzept ein, das wir seit einem Jahr verfolgen. Wir sind weit gekommen. Jetzt durchhalten bitte. Es wird von Tag zu Tag besser.‘ Der CSU-Vorsitzende und mögliche Kanzlerkandidat der Union präsentierte sich mit hochfahrenden Worten als Schutzheiliger für Land und Leute.“ (NZZ, 18.02.21)
Kritik kommt bei den Gemeinten gar nicht gut. Ein ziemlich bester Freund Merkels ist der Werbesprecher von „Seitenbacher Müsli“ – der erinnerte sich an das schöne Kanzlerinnen-Wort von den „Öffnungsdiskussionsorgien“, und wurde prompt bei Kritik „laut“: „Winfried Kretschmann (Grüne) reagierte unwirsch und dünnhäutig. ‚Ich hör immer nur öffnen, öffnen, öffnen, ich möchte mal einen erleben, der mal sagt, jetzt machen Sie mal ein bisschen was schärfer. Das hör ich nie!“ Merke: Jene, die immer nur „Lockdown, Lockdown, Lockdown“ können, verlieren die Fassung, wenn es ihnen mal umgekehrt entgegenschallt. Da schien es dem Ministerpräsidenten dann doch ratsam, noch etwas hinzuzufügen: er „versprach den Wirtschaftsleuten, geistig offen zu bleiben.“ (Die Welt, 18.02.2021). Alle Achtung.
Prinzip Hoffnung?
Schon vor dem Auftritt des Corona-Kabaretts im Februar mit seiner periodischen „Lockdown”-Verlängerung meldete sich der Bankkaufmann zu Wort: „Spahn stellt Deutschland auf ‚noch mindestens zehn harte Wochen‘ ein“. (https://web.de/magazine/news/coronavirus/spahn-stellt-deutschland-harte-wochen-35485788). Da wollte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer nicht zurückstehen: „Osterurlaub in Deutschland kann es dieses Jahr leider nicht geben“. (https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/sachsen-regierungschef-kretschmer-kein-osterurlaub-2021-artikel11346271)
Und dies alles, nachdem schon beim vorangegangenen „Gipfel” im Januar beschlossen wurde, dass „eine Arbeitsgruppe auf Ebene des Chefs des Bundeskanzleramtes und der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien“ ein „Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ erarbeiten sollten, Ergebnis: Fehlanzeige, vertagt auf Anfang März, dann auf Ende März, jetzt keine Rede mehr davon, vielleicht wieder nach Mitte April, also Mai, usw.
Da macht es doch richtig Mut, dass wir einen wie Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten haben. Der rief lt. Frankfurter Rundschau, 26.03.2021, „zu Geduld und Zuversicht auf. ‚Ja, der Tunnel ist länger, als wir gedacht und gehofft haben‘, sagte er in Berlin. ‚Aber gerade jetzt im Angesicht der dritten Welle ist nicht die Zeit für Resignation, Verzweiflung oder Abrechnung.‘ Das Staatsoberhaupt sprach ebenfalls von einem ‚Marathonlauf‘, das letzte Drittel sei der härteste Teil der Strecke.“ Rechnen wir kurz nach: Nach einem Jahr Corona sollen nochmal sechs Monate drangehängt werden. Dann schreiben wir den 1. Oktober. Dann wird’s wieder kühler. Und was machen die Viren dann?
In „BILD“ (02.03.2021) fragte Leipzigs Zoo-Direktor Prof. Jörg Junhold: „Wie will man denn begründen, dass in unseren Freiluftanlagen, zu denen wir den Zugang streng regulieren können, angeblich dieselbe Ansteckungsgefahr wie in Geschäften oder Einkaufszentren herrscht? Das entbehrt doch jeder fachlichen Grundlage.“
Unkenrufe: „Wir leben im Grunde [das sieht jeder]
… in einer neuen Pandemie.“ Gelbbauchunke
Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung am 25.03.2021 im Bundestag mit Blick auf die Ausbreitung der Virusvarianten
Das ist Quark, und stammt vom 1. Geiger des Panikorchesters, Karl Lauterbach
Nicht ganz auf Linie (die er wenige Tage zuvor mitbeschlossen hat) wollte indes CDU-Vorsitzender Armin Laschet gelten. Er wandte „sich dagegen, ‚Bürger wie unmündige Kinder zu behandeln‘. Man könne ‚nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet‘. (https://www.sueddeutsche.de/meinung/cdu-laschet-coronavirus-inzidenzwert-1.5208041)
Das kam bei den Linienrichtern der Süddeutschen gar nicht gut an: „Dass die Grenzwerte nicht etwa wissenschaftlich abgeleitet, sondern rein willkürlich gewählt seien, um die Bürger unter Kontrolle zu halten, gehört zum fast schon klassischen Repertoire der Verschwörungsmythos-Verbreiter“. Ein klassisches Eigentor, 1:0 für die sogenannten „Verschwörungsmythos-Verbreiter“. Denn: Dass diese gesinnungsfesten Regierungspropagandisten eine wissenschaftliche Grundlage herbeihalluzinieren, ist selbst der reinste Verschwörungsmythos.
Halten wir uns an einen aus der A-Liga der Virologen-Promis, Prof. Dr. Hendrik Streeck, Chef der Virologie an der Uniklinik Bonn: „Das Problem an diesen Richtwerten ist, dass sie keine wissenschaftliche Grundlage haben, sondern eher politischer Natur sind. Zwar wird immer wieder behauptet, sie würden sich nach den Kapazitäten der Gesundheitsämter richten, aber tatsächlich kommen manche Gesundheitsämter auch mit höheren Inzidenzen als den bisher gültigen 50 auf 100.000 zurecht.“ (https://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-08-2021-virologe-streeck-fuer-kontrollierten-gastronomiebetrieb-orientierung-an-der-zahl-der-neuinfektionen-hat-keine-wissenschaftliche-grundlage_id_12999856.html)
Zusperren oder öffnen?
Deshalb empfiehlt Streeck u.a.: „Man sollte jetzt testweise Restaurants öffnen und diverse Hygienemaßnahmen, von der Distanz zwischen den Tischen über die Lüftung bis hin zur Kontaktnachverfolgung auf den Prüfstand stellen. … Dabei könnten Restaurants mit guten Vorkehrungen sicherer sein als der häusliche Bereich“. (https://www.berliner-zeitung.de/news/corona-virologe-streeck-will-dass-restaurants-zum-test-oeffnen-li.140971)
Schon im Oktober 2020 hatten die Virologen Hendrik Streeck (Uniklinik Bonn) und Jonas Schmidt-Chanasit (Tropeninstitut Hamburg) darauf hingewiesen, dass ein neuerlicher Lockdown die falsche Reaktion auf die stark gestiegenen Zahlen sei. Der senke kurzfristig die Infektionszahlen. Der Effekt verpuffe aber schnell wieder, wie man in Spanien und Frankreich gerade sehe.
Stattdessen fordern sie „Die Ressourcen sollten sich auf den Schutz derjenigen Personen konzentrieren, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 tragen. Die Risikokommunikation sollte weg von Verboten hin zu Motivation und Eigenverantwortung gehen. Es braucht Präventionskonzepte, die aber ohne eine Isolation ganzer Bevölkerungsgruppen gegen deren Willen auskommen muss: Besucher in Seniorenheimen, Pflegeheimen und Krankenhäusern erhalten in einem „Schleusen“-Modell nur nach negativem Antigen-Schnelltest Zutritt.“ (https://www.focus.de/gesundheit/news/anti-lockdown-papier-von-streeck-effekt-der-merkel-strategie-wird-schnell-verpuffen_id_12599640.html)
„Den besonderen Schutz von Menschen mit hohem Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs vermisst auch Epidemiologe Gérard Krause vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Sie spielten bei den Lockdown-Überlegungen keinerlei Rolle. Krause sagt: ‚Wir müssen die Infektionszahlen senken. Aber viel wichtiger ist, dass wir die Erkrankungszahlen senken. Und noch viel wichtiger ist, dass wir die Zahl der schweren Erkrankungen senken.‘“
Dass diese Wissenschaftler (anders als die Regierungspaniker) mit ihrer Intervention richtig liegen, bestätigt auch folgende Meldung aus Hessen: „Derweil hat Sozialminister Kai Klose (Die Grünen) auf eine Anfrage der FDP im Landtag bestätigt, dass bisher die meisten Toten im Zusammenhang mit Covid-19 in Altenheimen zu beklagen sind. ‚Seit Beginn der Pandemie wurden 2600 Todesfälle von mit Sars-CoV-2 infizierten Bewohnerinnen und Bewohnern gemeldet‘ – bei alles in allem 4257 Todesfällen, heißt es mit Stand 21. Januar in seiner Antwort. https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/corona-mehr-als-die-haelfte-aller-todesopfer-in-altenheimen-17217322.html
Abgesehen von der mangels Obduktionen zweifelhaften Validität der Zahlen: Diese Bewohner der Altenheime wären sicher nicht die gewesen, die die zugesperrten Geschäfte, Restaurants und Kneipen gestürmt hätten. Hinzu kommen juristische Argumente:
Prof. Dr. Josef Franz Lindner, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie, in der Augsburger Allgemeinen (09.02.2021): „Er kritisiert am Beispiel des Schutzes vulnerabler Gruppen in Alten- und Pflegeheimen, dass hier, wo der Staat am unkompliziertesten und einfachsten hätte Risikogruppen schützen können, eine Testpflicht für das Pflegepersonal extrem spät eingeführt wurde, so in Bayern erst Ende 2020.“ Und wörtlich
„Kaum wirksame Maßnahmen bei maximalem Freiheitseingriff sind unverhältnismäßig. Auch die (vor allem psychische) Gesundheit der Kinder und Jugendlichen ist in die Waagschale zu werfen, wenn man Schulen und Kitas monatelang schließt, ebenso wie die wirtschaftliche und soziale Stabilität unseres Landes in den Entscheidungsprozess einzubeziehen ist. ‚Gleiche Unfreiheit für alle dauerhaft‘ ist kein verfassungsrechtlich zulässiges Krisenmantra.“
Kollateralschäden
In den rheinischen Hochburgen des Karnevals fiel die Saison dieses Jahr (schon wieder) aus. Da sannen die närrischen Stadtoberen von Düsseldorf auf Ersatz: „‚Verweilverbot‘ in Düsseldorf – Ordnungsamt vertreibt Rentner und Familien von Parkbänken am Rhein-Ufer“, so RT am 28.02.2021. Das stärkt das Immunsystem ungemein.
Der Sozialverband Deutschland warnt, dass Alte, Langzeitarbeitslose oder Alleinstehende durch die Kontaktbeschränkungen in Folge der Pandemie besonders von Vereinsamung bedroht sind. Dies gelte auch für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene – sie litten durch Kontaktbeschränkungen besonders. (ARD-Tagesschau, 10.12.2020)
Das Schlagwort „Generation Corona“ hat sich inzwischen etabliert – verlorenen Jahren für die Bildung, für die Entwicklung des Sozialverhaltens bis zu einer Generation, die nicht mal ordentlich Schwimmen lernen konnte, und die sich Zukunftssorgen macht. Im ZDF (04.01.2021) sieht Soziologe Prof. Michael Corsten eine „Generation in Klammern“ heranwachsen, die sich permanent umorientieren muss und für die die Zukunft auf Widerruf gesetzt ist: „Es ist nicht mehr sicher, wovon in nächster Zeit auszugehen ist. Die nächsten Schritte der mittelfristigen Lebensplanung in Bildung, Beruf und Familie sind schwer absehbar.“ Das könne zu viel Frustration führen. In Schule und Studium verpasse sie einiges. Beim Berufseinstieg werde sie krisenbedingt wohl schlechter bezahlt, das lasse sich möglicherweise über das gesamte Erwerbsleben nicht ausgleichen.
Die Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main veröffentlichten Befragungen, nach denen viele Jugendliche in der Coronapandemie über psychische Probleme, Vereinsamung und Zukunftsängste klagen. „Von der Politik fühlt sich ein Großteil junger Menschen zwischen 15 und 30 Jahren im Stich gelassen, 61 Prozent gaben an, sich teilweise oder dauerhaft einsam zu fühlen. 64 Prozent berichteten von psychischen Belastungen, 69 Prozent von Zukunftsängsten. (ärzteblatt, 23.03.2021)
Auch im Nachbarland Österreich sind die Beobachtungen vergleichbar – die Zahlen sind „besorgniserregend“. Gemeint sind hier nicht die Zahlen der mit Covid Infizierten, der belegten Intensivbetten oder Toten. Es sind jene Zahlen, die vor Augen führen, wie psychisch belastend die Pandemie für die Gesellschaft ist. Der Kurier (27.01.2021) meldet: „Die Ergebnisse der repräsentativen Stichprobe (ca. 1.500 Personen) der Donau-Universität Krems und des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie sind „alarmierend“, sagt Studienautor Christoph Pieh: Ein Viertel der Bevölkerung (26 Prozent) leidet derzeit an depressiven Symptomen, 23 Prozent an Angstsymptomen und 18 Prozent an Schlafstörungen. https://kurier.at/politik/inland/was-tun-gegen-die-psychische-langzeitbelastung-durch-corona/401170072
Im Wiener Standard (01.02.21) lesen wir: Laut einer aktuellen Studie des Departments für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit an der Uni Krems in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband für Psychotherapie leidet aktuell bereits mehr als die Hälfte der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren unter depressiven Symptomen. Der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) warnte vor kurzem öffentlich, dass vermehrt Jugendliche mit schweren Symptomen an die Abteilung kämen. Man sei überlastet. https://www.derstandard.at/story/2000123764665/corona-folgen-fuer-die-jungen-ich-will-dass-das-aufhoert
Schließlich eine Meldung im ORF (03.02.21): Univ.-Prof. Paul Plener, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Medizinischen Universität Wien „psychische Belastungen „äußern sich bei vielen in großer Erschöpfung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Traurigkeit. Ob die drastischen Veränderungen des Alltags langfristige Folgen für die jungen Menschen haben, darüber kann nur spekuliert werden. Aber einige MedizinerInnen beobachten Sprachentwicklungsstörungen bzw. befürchten, dass die jetzt auftretenden psychischen Problemen zu lebenslangen Begleitern werden können.“ https://oe1.orf.at/programm/20210203/627355/Kinder-in-der-Krise
Bleiben wir in Österreich und bedenken die Bemerkung der Schauspielerin Nina Proll: „Der Mensch ist mehr als nur ein Träger von Viren“ (auf Instagram).
Klaus Hartmann ist Bundesvorsitzender des Deutschen Freidenker-Verbandes
Beitragsbild oben: Steht in Starkenburg/Mosel und symbolhaft für Ostern 2021
Bilder im Text: Merkel & Co.: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Gelbbauchunke: Kathy2408, Pixabay