Christian Krähling lebt nicht mehr
Christian Krähling (10.12.1977 – 10.12.2020), gewerkschaftlicher Aktivist, Genosse, Dichter, Freund, liebevoller Vater, lebt nicht mehr
Christian Krähling, Betriebsrat, Gewerkschafter, Streikführer bei Amazon Bad Hersfeld und Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes, ist am Donnerstag, den 10. Dezember 2020, seinem 43. Geburtstag gestorben.
Am Mittwoch war er noch bei der Arbeit (Amazon Bad Hersfeld). Tags drauf ist er nicht zu einer Betriebsratssitzung erschienen. Er war auch telefonisch unerreichbar. Das hatte es bei solchen Terminen bei ihm noch nie gegeben. Die Kollegen waren beunruhigt, einer fuhr zu ihm. Am Donnerstag Nachmittag wurde er leblos in seiner Wohnung gefunden.
Das ist ein schwerer Verlust für die Arbeiterbewegung nicht nur in Deutschland. Vor fast acht Jahren war er Mitinitiator der bis jetzt immer wieder durchgeführten Streiks bei Amazon in Bad Hersfeld, er trug wesentlich dazu bei, dass der Funke übersprang auf andere deutsche Standorte. Der Sprecher der gewerkschaftlichen Vertrauensleute wirkte mit an der Vernetzung mit Aktiven in Polen, Slowakei, Spanien, Frankreich, Schweden, Italien, USA, China.
Wenn er erfuhr, dass am nächsten Streik in Frankreich oder USA eine Aktion stattfand, schrieb er manchmal noch in der Nacht ein Streiklied in englischer oder französischer Sprache und schickte es noch rechtzeitig hin.
Die Initiative OKG (Organisieren, Kämpfen, Gewinnen) Kassel hat geschrieben:
„… GewerkschafterInnen weltweit werden trauern, von Spanien, Polen, USA, Frankreich, China… du hast keine Grenzen gekannt, nicht korrumpierbar, immer bescheiden, immer mit Witz, immer unerschrocken, Dichter, Kämpfer, Freund, Genosse, liebevoller Vater.
Du warst einer der Großen der Arbeiterbewegung …“
Ich glaube, sie haben mit dem letzten Satz nicht übertrieben. Viele seiner wunderbaren Gedichte habe ich gelesen. Er, der auch Freidenkergenosse war, starb mindestens ein halbes Jahrhundert zu früh.
Wenn wir ihn jetzt fragen könnten, was würde er uns jetzt mit einem Schmunzeln raten?
„Weitermachen, Durchhalten, Siegen!“
Ernst „Ernesto“ Schwarz
Die Nachricht ist unfassbar und traurig: Unser Freund und Genosse Christian Krähling ist plötzlich und unerwartet gestorben.
Seit vielen Jahren hat er den „Linken Liedersommer – Lieder gegen Ausbeutung und Krieg“ der Freidenker besucht und mit Ernst Schwarz aktiv daran teilgenommen, er ist selbst Mitglied im DFV geworden, Ernesto hat viele seiner Gedichte bekannt gemacht, weil er sie vertont und gesungen hat – nicht zuletzt bei der Jugendfeier 2020 im Bürgerhaus Bornheim. Vorher hatten Christian und Ernst bei einem der Vorbereitungstreffen vom jahrelangen Arbeitskampf um einen Tarifvertrag bei Amazon berichtet, Bilder von den Streiks gezeigt und ihre gemeinsamen Lieder gesungen und mit den Jugendlichen darüber gesprochen.
Als wir am 03.08.2019 den 65. Geburtstag von Klaus im Wiener Hof in Offenbach feierten, haben Christian und Ernesto die Feier mit einem Vortrags- und Kulturprogramm bereichert. Wie gern würde ich das noch einmal erleben und in seinem Beisein, seinen Mut und seine Zuversicht spüren, seine Ausdauer bewundern, über seine Gewitztheit lachen.
Wir werden Christian sehr vermissen und wir werden ihn in unserer Erinnerung bewahren!
Monika Krotter-Hartmann
Ganz egal
Text: Christian Krähling
Musik: frei nach Element of Crime
Die Pflegekraft kann ihre Miete kaum bezahlen
Obwohl sie schuftet jeden Tag im Krankenhaus.
Der Eigentümer wohnt in einem schönen Schlosse,
Doch für die Pflegekraft sieht es nicht rosig aus.
Ein Leiharbeiter produziert Profit am Fließband
Und er macht Überstunden noch nach langer Schicht
Und seine kleinen Kinder seh’n ihn nur noch selten
Und der karge Lohn reicht vorn und hinten nicht!
Ganz egal, wie man es auch betrachtet:
Am Ende kommt die Revolution!
Der Paketkurier gibt Gas für seine Bosse
Und opfert Lebenszeit für dummen Wohlstandsmüll.
Die Existenz ist ihm dadurch nicht ganz gesichert,
Obwohl er nur bescheid’nes Leben führen will!
Der reiche Mann kaut Hummer schon am frühen Morgen,
Den hat ein armer Fischer ihm zu Tisch gebracht!
Kinderarmut ist jetzt ganz normal geworden
Und mit Krieg wird nach wie vor Profit gemacht!
Ganz egal, wie man es auch betrachtet:
Am Ende kommt die Revolution!
Die Mieten steigen und Benzin wird immer teurer.
Und das Wasser woll’n sie auch privatisier‘n!
Und Du führst Dein Leben nur noch für die Wirtschaft
Und sollst Profit für uns’re Herren generier’n.
Wieviel Ausbeutung ist heut‘ noch zu ertragen,
Bevor man endlich einmal sagt: Ich bin dafür,
Die Dreckseliten jetzt mal einfach zu enteignen!
Und wann kommt denn der Gedanke auch zu Dir?
Ganz egal, wie man es auch betrachtet:
Am Ende kommt die Revolution!
Foto: © Andreas Gangl