Leserbrief vom Bernd Duschner. Erschienen im Pfaffenhofener Kurier am 25. Mai 2020

Ich kann es nur begrüßen, dass sich auch in unserer Stadt immer mehr Bürger für den Erhalt der Umwelt, unserer Gesundheit und der verfassungsmäßigen Grundrechte einsetzen und sich keinen Maulkorb umhängen lassen.

Bereits seit Jahren betreibt die Bundesregierung den Umbau unseres Gesundheitswesens. Aus einem Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge soll ein Wirtschaftszweig werden, der Erträge zu erwirtschaften hat. Die Herstellung von Arzneimitteln,  Antibiotika, Hilfsmitteln wie Schutzausrüstung und Atemschutzkleidung wurde weitgehend in Billigstlohnländer verlegt. Ein Drittel unsere Krankenhäuser wurde Privatkonzernen überlassen, die die sich als Rosinenpicker auf die hochvergütete Operationen spezialisieren und damit jedes Jahr Milliarden Beträge aus den Krankenkassen in die Taschen ihrer Großaktionäre umleiten. Durch das Vergütungssystem der Diagnosebezogenen Fallpauschale, bei dem unsere Krankenhäuser für jeden stationäre Behandlungsfall mit einer Pauschale und nicht den tatsächlichen Kosten bezahlt werden, werden sie gezwungen, Patienten in kürzester Zeit abzufertigen, Pflegepersonal, Reinigungspersonal und „Überkapazitäten“ an Krankenhausbetten für Notsituationen rigoros abzubauen. Ausreichende Schutzausrüstung für den Fall eines schwerwiegendes Seuchenereignis durch Corona-Viren vorzuhalten, wie es bereits im Januar 2013 (!) das Robert-Koch-Institut in einer Studie gefordert hatte, hielten Kanzlerin Merkel und ihr Gesundheitsminister Spahn nicht für notwendig. Wir können vom Glück sprechen, dass sie die von der Bertelsmann-Stiftung empfohlene Schließung der Hälfte unserer Krankenhäuser noch nicht umsetzen konnten und uns China im April Schutzmasken lieferte, so dass die Mitarbeiter in unseren Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen damit ausgestattet werden konnten. Es ist deutlich geworden, dass wir eine Umorientierung in der Gesundheitspolitik brauchen: Sie hat sich ausschließlich an der Sicherstellung bestmöglicher Versorgung der Bevölkerung zu orientieren. Die Krankenhäuser sind personell bei Pflege- und Reinigungskräften (jährlich 25.000 Tote durch multiresistente Krankenhauskeime) deutlich aufzustocken, private Profitinteressen haben in diesem Bereich nichts verloren. Wollen wir für die Zukunft das Risiko von Epidemien minimieren, muss zudem wesentlich mehr für die Erhaltung von Artenvielfalt und natürlicher Umwelt getan werden.

Sinnvolle Maßnahmen gegen die Ausbreitung Epidemie unterstützen alle. Dazu gehört allerdings nicht das Verbreiten von Panik und der Angst vor der Begegnung und Gespräch mit unseren Mitmenschen, in denen nur noch potentielle Virenträger gesehen werden. Eine solche Panikmache gefährdet jedes gesellschaftliche Zusammenleben, jede Freude am Leben und unsere Gesundheit. Grundlegende Verfassungsrechte dürfen auch in einer Krise nicht willkürlich außer Kraft gesetzt werden. Wenn Supermärkte bei Beachtung bestimmter Auflagen offengehalten werden konnten, warum sollte dasselbe nicht auch für Kirchen, Museen, öffentliche Bibliotheken und Buchläden möglich gewesen sein?  Bereits vor dem „shut down“ war zu erkennen, dass wir vor einer schweren Wirtschaftskrise stehen. Die Industrieproduktion war bereits 2019 zurückgegangen, die Automobilproduktion um 11,5% eingebrochen, die Handelskonflikte zwischen USA und China hatten sich verschärft. Millionen Menschen, Gewerbetreibende, Selbstständige und Arbeitnehmer sehen heute ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Mit Rettungspaketen von Hunderten Milliarden will die Regierung die Wirtschaft stützen. Dabei wird entschieden, wem diese Gelder zufließen, mit welcher Zielsetzung sie verwendet werden, wie Wirtschaft und Gesellschaft nach der Krise aussehen sollen. Es wird entschieden, wer letztlich die Kosten zu tragen hat. Wichtige Entscheidungen werden in der Außenpolitik getroffen, wie der geplante Ankauf von US Kampfflugzeugen zum Abwurf von Atomwaffen zeigt. Diese Entscheidungen betreffen unsere und die Zukunft unserer Kinder. Deshalb ist es nicht zu akzeptieren, dass wir Bürger darauf keinen Einfluss haben sollen. Seit Monaten wird uns von den Behörden – auch wenn alle verlangten Sicherheitsvorschriften eingehalten werden – generell  die Durchführung von Diskussionsveranstaltungen, Informationsstände, die Verbreitung der eigenen Meinung mit Flugblättern untersagt.  Genau aus diesen Gründen sind Proteste notwendig, soll unsere Demokratie erhalten und eine Rückkehr in den Obrigkeitsstaat verhindert werden.

Bernd Duschner ist Sprecher der Hilfsorganisation Freundschaft mit Valjevo e.V.
und Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes

Der Beitrag wurde übernommen von der Webseite des Vereins Freundschaft mit Valjevo e.V.,  dort veröffentlicht am 03. Juni 2020


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