Schulen und Kitas öffnen!
Freidenker zu den Schließungen im Erziehungs- und Bildungsbereich
Das „Corona-Regime“ hat als eine der ersten und zentralen Maßnahmen die Schließung von Einrichtungen zur Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen verfügt. Inzwischen wurden „Fahrpläne zur stufenweisen Wiedereröffnung“ vorgelegt, die aber grundsätzlich von einem „verminderten“ Betrieb ausgehen, der sogar bis nach den Sommerferien anhalten soll.
Nach der hier dokumentierten Stellungnahme von fünf medizinischen Fachgesellschaften gibt es keinen Grund für weitere Verzögerungen. Es handelt sich bei den Verfassern der gutachterlichen Stellungnahme um:
- Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH),
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI),
- Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ),
- Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP),
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland (bvkj e.V.).
Ihre Ärzte und Experten werden üblicherweise nicht täglich in Presse, Funk und Fernsehen herumgereicht, zugleich haben sie auch noch keine Rufmordkampagnen wegen vom „Mainstream“ abweichender fachlicher Meinung über sich ergehen lassen müssen. Sie stellen fest: „Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder- und Jugendliche stellen im Gegensatz zu Seniorenheimen per se keine Hochrisikoumgebung dar und können nach individueller ärztlicher Abwägung auch von Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Grunderkrankungen aufgesucht werden.“ Das Verantwortungsbewußtsein der Autoren kommt auch in der Feststellung zum Ausdruck: „Es gehört zum Grundverständnis, aber es sei noch einmal hervorgehoben, dass die Zunahme an Erkenntnissen in den kommenden Wochen und Monaten zu einer Neubewertung der Situation führen kann, was dann eine entsprechende Nachjustierung dieser Empfehlung nach sich ziehen wird.“
Der Deutsche Freidenker-Verband betrachtet die aktuelle Entwicklung im Bereich von Bildung und Erziehung mit besonderer Sensibilität, da der Verband nachdrücklich auf der Position besteht, dass Bildung ein Menschenrecht ist. Das ist keine Außenseiterposition, sondern gründet u.a. auf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und dem UN-Sozialpakt, den auch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert hat. Die Brechung des Bildungsprivilegs ist eine zentrale Forderung der Freidenker seit ihrer Organisierung im 19. Jahrhundert. In unserer programmatischen „Berliner Erklärung“ formulieren wir:
„Der Deutsche Freidenkerverband tritt für ein ganzheitliches System von Bildung und Erziehung ein, das die maximale Förderung von Neigungen und Fähigkeiten ermöglicht und gleiche Bildungschancen für alle bietet. Dies erfordert eine breite Grundbildung und die Durchlässigkeit der Bildungsgänge, die Vermeidung von Bildungsprivilegien und sozialer Auslese.“
Mit der angeordneten Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen wird die Spaltung vertieft, die Chancengleichheit noch mehr zunichte gemacht. Zur Zeit werden die Klassen geteilt und diese sind nur tageweise in der Schule. Damit haben die Schüler in nahezu allen Fächern reduzierten Unterricht oder auch gar keinen Unterricht mehr, da sowieso schon Lehrer fehlten. Es ist für die Kinder und Jugendlichen eine Katastrophe, keinen Unterricht zu erhalten.
Für Kinder aus ärmeren Elternhäusern ist „Home Schooling“ und „e-learning“ eine Illusion, oft fehlt ein Internet-Anschluss oder eigener PC, die Eltern können meist nicht hinreichend unterstützen. Aber selbst bei günstigeren häuslichen Voraussetzungen ist die Zusatzbelastung der Eltern, die entweder eigentlich „Home Office“ machen sollen oder aber wegen der Betreuungspflichten ihrem Arbeitsplatz fernbleiben müssen, unzumutbar. Und auch bei optimaler elterlicher Betreuung: in einem Fach wie Mathematik, in dem die Schüler sehr viel Unterricht haben, weil hier regelmäßig fleißig trainiert werden muß, kann die elterliche Aushilfe keinen gleichwertigen Ersatz bieten. Damit ist auch das generelle Absinken des Bildungsniveaus unausweichlich.
Der Deutsche Freidenker-Verband bekräftigt daher seinen Widerstand gegen alle Pläne und Tendenzen zur „Lockerung“ der Schulpflicht, wie sie in verschiedenen Konzepten der „neoliberalen Deregulierung“ favorisiert werden. Dies gilt für alle Schultage einschließlich des Freitags.
In Anbetracht der plötzlich und unerwartet für die Bewältigung der „Pandemie-Folgen“ zur Verfügung stehenden Milliarden-Pakete verblüfft es, dass von einem „Paket für Bildung und Erziehung“ bisher keine Rede ist. Die überfälligen Schulsanierungen werden von den um ihre Gewerbesteuereinnahmen erleichterten Städte und Kreise wohl nicht verstärkt in Angriff genommen, dem – zweitweise coronaverdeckten – chronischen Lehrermangel muss durch Einstellung von qualifiziertem Lehrpersonal in nicht prekären Arbeitsverhältnissen abgeholfen werden. „Kleine Klassen“ (bis max. 23 Schüler pro Klasse) sollen nicht durch ein Virus erzwungen, sondern generell aus pädagogischen und Gründen der Chancengleichheit angestrebt wreden
Gestützt auf die Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften fordern wir die sofortige und vollständige Öffnung der Schulen und Einrichtungen zur Betreuung und vorschulischen Erziehung.
Webredaktion
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Wir dokumentieren die Stellungnahme der Fachgesellschaften: „Kinder und Jugendliche in der CoVid-19-Pandemie: Schulen und Kitas sollen wieder geöffnet werden.“ (PDF-Dokument, ca. 313 KB)
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