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Stellungnahme zur Festsetzung von Handelsschiffen

Der Deutsche Freidenker-Verband verurteilte in einem Brief an das Auswärtige Amt die Einseitigkeit der Stellungnahme der Bundesregierung, abgegeben am 20.07.2019 durch den Sprecher des Auswärtigen Amtes, zur Festsetzung von Handelsschiffen im Golf.


Die Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes vom 20.07.2019:

Auswärtiges Amt zur Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf

Zur Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts heute (20.07.):

Die Bundesregierung verurteilt die Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste. Dies ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft.
Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, auch das zweite Schiff und seine Besatzung unverzüglich freizugeben.
Eine weitere regionale Eskalation wäre sehr gefährlich. Sie würde zudem alle laufenden Bemühungen um einen Ausweg aus der derzeitigen Krise unterminieren.
In dieser ernsten Lage gilt unserer Solidarität unseren britischen Partnern.

 

Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/aa-festsetzung-handelsschiffe-golf/2234462


Nachfolgend der Wortlaut des Briefes des Deutschen Freidenker-Verbandes:

 

Deutscher Freidenker-Verband
Schillstraße 7
63067 Offenbach/Main

Auswärtiges Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin

20.07.2019

Festsetzung von Handelsschiffen

Sehr geehrter Herr Bundesminister des Äußeren,
sehr geehrte Damen und Herren,

Der Deutsche Freidenker-Verband verurteilt die Einseitigkeit der Stellungnahme der Bundesregierung, abgegeben am heutigen 20.07.2019 durch den Sprecher des Auswärtigen Amtes, zur Festsetzung von Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste.

Wir fordern Sie nachdrücklich auf, mit dem gleichen Nachdruck die unverzügliche Freigabe des iranischen Handelsschiffes „Grace 1“ durch Großbritannien bzw. seine Kolonialverwaltung auf Gibraltar zu verlangen, wie Sie auch nicht anstanden, dies im Falle des britischen Tankers „Stena Impero“ zu tun. Sollte Ihnen dabei Ihre „Solidarität“ mit Ihren „britischen Partnern“ im Wege stehen, verlangen wir die unverzügliche Rücknahme Ihrer Freigabe-Forderung gegenüber der Islamischen Republik Iran.

Da Sie „eine ohnehin angespannte Lage“ erkannt haben und vor einer „gefährlichen weiteren Eskalation“ warnen, wäre doch zu erwarten gewesen, dass Sie die Worte aus Ihrem Hause selbst auf ihre Wirkung in dieser Situation prüfen. Die Einseitigkeit Ihrer Parteinahme lässt zudem an der Ernsthaftigkeit der EU zweifeln, das Nuklearabkommen mit dem Iran tatsächlich zu retten, dessen Kündigung seitens der USA ja erst die „derzeitige Krise“ hervorgerufen hat.

Sie sollten auf Ihre „britischen Partner“ dahingehend einwirken, die Lage nicht noch dadurch zu eskalieren, dass sie mittels Festsetzung eines iranischen Handelsschiffes eine weitere Schlacht im Kampf gegen die Syrische Arabische Republik zu schlagen versuchen. Großbritannien bzw. seine Kolonie Gibraltar hatten die Festsetzung der „Grace 1“ mit dem Vorwand begründet, sie wolle Öl nach Syrien liefern und würde damit gegen „internationale Sanktionen“ verstoßen. Sie wissen sehr wohl, dass es sich nicht um Sanktionen der Vereinten Nationen, sondern um völkerrechtswidrige Sanktionen einer antisyrischen Kriegskoalition handelt. Insbesondere ist auch der Iran nicht an Sanktionen der deutschen Kriegspartner gebunden.

Die Sanktionen der EU sind verbrecherisch, weil sie dem Aushungern der syrischen Bevölkerung dienen und nach Angaben des Welternährungsprogramm (WFP) einen „Hauptgrund“ für die Lebensmittelknappheit im Land darstellen, sie treffen neben der Landwirtschaft ebenso die Wasserversorgung, die pharmazeutische Industrie und Krankenhäuser. So dienen die Sanktionen zugleich der kontinuierlichen Schaffung von Fluchtursachen, für den Flüchtlingsnachschub zwecks einerseits Einwanderung in den Niedriglohnsektor und andererseits einen Brain Drain zu Lasten des Herkunftslandes, und alles zusammen für die ungefährdete Geschäftsgrundlage der Mittelmeer- Schlepper.

Die Freidenker würden es sehr begrüßen, wenn die Bundesregierung die Komplikationen um den Persischen Golf dazu nutzen könnte, wieder zu einer Politik zurückzufinden, die den Normen des Völkerrechts gerecht wird.

Hochachtungsvoll

Klaus Hartmann
Bundesvorsitzender

 

zur Kenntnis:

Botschaft der Islamischen Republik Iran
Seiner Exzellenz Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin

Mail: info@iranbotschaft.de

 

Botschaft der Syrischen Arabischen Republik
Seiner Exzellenz Abir Jarf
Rauchstr.25
10787 Berlin

Mail: info@syrianembassy.de

 

Botschaft der Russischen Föderation
Seiner Exzellenz Sergej J. Netschajew
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin

Mail: info@russische-botschaft.de


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Bild: Satellitenbild der Straße von Hormus
Quelle: Von Jacques Descloitres, MODIS Land Rapid Response Team, NASA/GSFC – Cropped from: http://visibleearth.nasa.gov/view_rec.php?id=2363, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29529