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Skandal im NATO-Sperrbezirk

Diether Dehm, der „Möchtegern-Kultursenator“ Lederer und das unverhofft nachhaltige Echo auf die diesjährigen Ostermärsche

Diether Dehm sei Dank: Seine Rede beim Berliner Ostermarsch sorgte dafür, dass die Medienberichterstattung nicht auf Lokalnachrichten oder überregional den pflichtschuldigen Nachdruck von Agenturmeldungen beschränkt blieb. Am 02.04.2018 berichtete der „Stern“ online über erste Anzeichen von Empörialismus:

Provokation beim Ostermarsch

Linke-Abgeordneter soll Außenminister Maas als „Nato-Strichjungen“ verunglimpft haben

Diether Dehm, Bundestagsabgeordneter der Linken, soll Außenminister Heiko Maas bei einer Rede als „gut gestylten Nato-Strichjungen“ bezeichnet haben. Kritik aus der eigenen Partei folgte prompt.

In zahlreichen deutschen Städten haben auch am Karsamstag Menschen für Frieden und Abrüstung demonstriert. Am Ostermarsch in Berlin nahmen nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative mehr als 2000 Menschen teil. Darunter: Diether Dehm, Bundestagsabgeordneter der Linken. Der Politiker demonstrierte etwa gegen eine Erhöhung der Rüstungsausgaben und Auslandseinsätze der Bundeswehr (Motto: „Abrüsten statt aufrüsten – Rüstungsexporte stoppen“) und teilte bei seiner Rede offenbar mächtig aus.

Der 67-Jährige bezeichnete den Bundesaußenminister Heiko Maas als „gut gestylten Nato-Strichjungen“, wie „Bild“ und „B.Z.“ unabhängig voneinander berichten. Der Bundesaußenminister meine, „jede Rechtmäßigkeit und das Grundgesetz mit Füßen treten zu müssen“, wird Dehm weiter zitiert.
(https://www.stern.de/politik/deutschland/heiko-maas-sei-ein–nato-strichjunge—-linke-politiker-in-der-kritik-7923866.html)

Zwischenfrage: Was ist eigentlich ein Volontär? Laut Duden „jemand, der zur Vorbereitung auf seine künftige berufliche (besonders journalistische oder kaufmännische) Tätigkeit [gegen geringe Bezahlung] in einer Redaktion, in einem kaufmännischen Betrieb o. Ä. arbeitet“.

Und was ist ein Volontär bei der „Berliner Morgenpost“? Das ist z. B. Julius Betschka, der sich mit seinen Textversuchen für Höheres empfehlen will. Weil was Trump kann, kann Betschka schon lange: Twittern. Und zwar sowas:

„Kein Wunder, dass Ostermärsche sterben. Sie werden seit Jahren von Russlandverstehern & Verschwörungstheoretikern im Friedensaktivistengewand missbraucht.“
(https://twitter.com/JuliusBetschka/status/980145498953867265 )

Dieses Gezwitscher eines schrägen Vogels der Berliner Morgenpost ist nur aus einem Grund von Interesse: Weil dem Berliner Kultursenator Lederer die Zeilen so aus dem Herzen sprachen bzw. er sie so genial fand, dass er sie auf seinem eigenen Twitter-Account „retweeted“ (weitergegeben) hat.

Bernhard Loyen kommentiert (https://kenfm.de/tagesdosis-5-4-2018-bad-boy-dehm/) unter dem Titel „Bad Boy Dehm“:

„Die Frankfurter Allgemeine informiert: ‚Der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Diether Dehm, gerät nach seiner Verbalattacke auf Außenminister Heiko Maas in der eigenen Partei unter Druck. Der Berliner Bezirkspolitiker Oliver Nöll stellte den Antrag auf ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel des Parteiausschlusses. Parteichef Bernd Riexinger distanzierte sich von Dehms Äußerungen‘ (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/diether-dehm-nach-beleidigung-von-heiko-maas-unter-druck-15524499.html).

Da jubeln die Erfüllungsgehilfen in den Redaktionsräumen bei Springer & Bertelsmann. Nein, Ecken und Kanten, klare Statements und vor allem Rückgrat sind in dieser Partei schon lange nicht mehr erwünscht.“

Der vorgeblich „Linke“ Lederer, dem so sehr an den „sterbenden Ostermärschen“ liegt, sah seine Hoffnungen schwinden, und nimmt folgerichtig seinen Genossen ins Visier:

Das ist das projizierte Selbstmitleid des in die Tage gekommenen Möchtegern-Gigolos und Möchtegern-Popstars, getarnt als politische Haltung. Gewohnt peinlich im Stil, aber schon deshalb lange nicht mehr ernst zu nehmen.

Der Möchtegern-Kultursenator hat gesprochen.

Worum es geht, fasst Bernhard Loyen so zusammen:

„Ein Mitglied der Partei Die Linke, Diether Dehm, hält auf einer Demonstration beim traditionellen Ostermarsch in Berlin eine knackige 16.minütige Rede und findet deutliche Worte zur aktuellen Kampagne gegen Russland. Er klärt auf, über die Diskrepanz militärischer Wehretats von den USA und Russland & China. Sie lauten 900 Milliarden gegenüber 64, bzw. 120 Milliarden. Er erinnert an die tiefe Wunde die deutsche Soldaten im 2. Weltkrieg in Russland hinterlassen haben. 27 Millionen tote Sowjetbürger. Er erklärt die wahren Gründe, Motivationen und Ziele der aktuellen Russland Politik eines Großteils diverser Nato Mitgliedsstaaten. Dann formuliert er seine Definition außenpolitischer Äußerungen, des noch frischen Ministers Maas zu Russland.

Focus online fasst die Antrittsrede von Heiko Maas wie folgt zusammen: ‚Der Fall Skripal brachte das Fass zum Überlaufen. Maas zeichnet hier eine neue Linie. Und der Fall Skripal ist dabei gewiss nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, auch wenn der Einsatz eines chemischen Kampfstoffes von erheblicher Tragweite ist. Der Westen stand vor der Frage, wie viel Provokation er sich von Russland noch bieten lassen wollte, bevor er ein Stopp-Signal setzte. Da war die Annexion der Krim, die Invasion in der Ost-Ukraine, wo angeblich einige russische Soldaten lediglich Urlaub machten. Es gab den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 und das provokante Vorgehen in Syrien und – nicht zu vergessen – die Cyber-Attacken auf die IT-Systeme von Bundesregierung und Bundestag‘
(
https://www.focus.de/politik/deutschland/harte-linie-gegenueber-moskau-maas-setzt-deutlich-andere-akzente-als-sein-vorgaenger-und-nimmt-widerspruch-aus-der-spd-in-kauf_id_8684376.html).

Dehm erwiderte diesen Ausführungen und dem Monate langen Russland Bashing die nun kritisierte Formulierung:

Das ist nun die Situation, in der ein gut gestylter Nato-Strichjunge, ich wiederhole das nochmal, ein gut gestylter Nato-Strichjunge Heiko Maas meint jede Rechtmäßigkeit und das Grundgesetz mit Füßen treten zu müssen
(
https://www.youtube.com/watch?v=Nb9MG-sRPA8&time_continue=335).

Voila, da haben wir den Skandal. Was erregt nun bundesweit so viele Gemüter? Nein, nicht die Äußerungen von Herrn Maas zu Russland. Nein, nicht die Bündnistreue unserer Regierung zu der Lachnummer aus England. Nicht das Schweigen unserer Politiker zu jahrzehntelangen Provokationen der USA und anderer Nato Mitgliedsstaaten gegenüber Russland und den damit verbundenen Friedensgefährdungen. Es ist das Bindestrichwort Nato- Strichjunge. Hätte Dehm Nato-Marionette, -Faktotum, -Laufbursche, -Bückling, oder -Knappe gerufen, hätte es keinerlei Aufschrei gegeben. Wo nun der Bindestrich im Manuskript gesetzt war, ob nach Nato, oder Strich ist völlig nebensächlich.“

In seinem FAZ-Interview wurde der Delinquent auch nach seiner „Wortwahl“ befragt, und antwortete:

„Über die Wortwahl lässt sich streiten. Und ich verstehe auch Kritik daran von Mitstreitern. Man kann das alles auch anders formulieren. Sicher, ich hätte besser Nato-Strichmännchen sagen sollen, damit sich niemand sonst diskriminiert fühlt. Aber eine politdiplomatische, unauffälligere Wortwahl versinkt meist im Mainstreambrei. Das halte ich für genauso unangemessen, wie ich es einst für falsch gehalten hatte, auf Straßenblockaden gegen Atomraketen zu verzichten oder auf anderen zivilen Ungehorsam. Es gibt ja auch sprachliche Formen von zivilem Ungehorsam.“

Um was es jedoch gehen müsste:

„Es gibt eine Pentagon-Studie aus dem Dezember 2017, in der gesagt wird, nicht die Dschihadisten und nicht die IS-Terroristen seien der Hauptfeind der USA, sondern Russland. Und natürlich geht es auch um ökonomische Konzerninteressen. Es geht also auch um eine Propagandaschlacht für das US-Fracking-Gas und gegen das billigere Gas, also gegen den Bau der russischen Pipeline „Northstream II“. […] Und dies alles spielt mit dem dritten Weltkrieg. (…)Und dass da jetzt Mitglieder der Bundesregierung, statt zu mäßigen und zu vermitteln, sofort als erste Amtshandlung in dieses NATO-Horn blasen, ist gefährlich. Heiko Maas ist ein Volljurist, der die Unschuldsvermutung kennt und auch als Außenminister und oberster Diplomat zur Umsicht angehalten ist. Aber er hat sich allemal so undiplomatisch verhalten wie ich.“
(http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/heiko-maas-als-nato-strichjunge-diether-dehm-verteidigt-sich-15526233.html)

Rainer Rupp, Beiratsmitglied des Freidenkerverbandes, kommentiert unter „‘Linke‘ Liebesdiener der NATO“ (https://kenfm.de/tagesdosis-6-4-2018-linke-liebesdiener-der-nato/), und ihn

„wundert es auch nicht, dass die „Querfront“-Inquisitoren des Berliner Landesverbands der Partei „Die Linke“ den Ostermarschaufruf für Berlin nicht mitunterzeichnet haben. Der Grund war, dass den Berliner „Linken“ unter Führung von Lederer die eindeutigen Aussagen im Text des Aufrufs über NATO und Russland nicht gepasst haben.
(http://www.frikoberlin.de/oster/2018/om2018_flyer.pdf)

Nachfolgend eine der für die Berliner Lederer-„Linke“ anstößigen Textstellen: ‚Steht Russland angriffsbereit an den Grenzen der westlichen Industrieländer? Nein. Erhöht Russland seine Militärausgaben? Nein, es verringert sie sogar. Hat es einen Raketenabwehrschirm aufgebaut? Nein! Aber die NATO steht schon an den Grenzen Russlands und hält dort Manöver ab, hat viermal so viel Soldaten wie Russland, gibt zehnmal so viel für das Militär aus und hat beschlossen, ihre Militärhaushalte noch erheblich zu erhöhen. Wir wissen, dass jede weitere NATO-Waffe Spannungen erhöht und militärische Gegenmaßnahmen auslösen kann. Deshalb wollen wir, dass Bundeswehr und NATO abrüsten. Das ist das einzig richtige Signal für vertrauensbildende Maßnahmen und eine Politik der Entspannung!‘

Der Textauszug ist in der Tat starker Tobak, mit dem sich ein ‚Linker‘, der mit der Möglichkeit liebäugelt, bei den nächsten Wahlen im Bund Regierungsverantwortung zu übernehmen, unmöglich identifizieren kann. So ist es denn auch nur folgerichtig, wenn Lederer zu denen in der ‚Linken‘ gehört, die sich am meisten über Diether Dehms zutreffende Beschreibung des neuen deutschen Außenministers Heiko Maas als gut gestylten ‚Strichjungen der NATO‘ aufregen. Nun ist die Empörung unter den linken Ankömmlingen und Karrieristen groß. Man echauffiert sich über Dehms Verstoß gegen die guten Sitten durch seine politisch inkorrekte Wortwahl, anstatt gemäß der friedenspolitischen Beschlusslage der Linkspartei die NATO-Kriegspolitik und das Mittun der CDUCSUSPD-Einheitspartei anzuprangern.

Da sind viele Leser der konservativen FAZ linker als die Berliner Lederer-Linken. Etwa die Hälfte der Kommentare auf Dieter Dehms Interview in der FAZ, in der er sein Strichjungen-Zitat nochmals bekräftigt, stimmt dem Mitglied der Linksfraktion im Bundestag Dehm zu. ‚Wo Dehm recht hat, hat er recht‘, war der Tenor. Nur in einem Punkt wird Dehm auf einen Fehler hingewiesen, als er Bezug nehmend zur britischen Skripal-Novichok-Provokation gegen Russland sagte:

‚ ….und dies alles spielt mit dem dritten Weltkrieg. Und dass da jetzt Mitglieder der Bundesregierung, statt zu mäßigen und zu vermitteln, sofort als erste Amtshandlung in dieses NATO-Horn blasen, ist gefährlich. Heiko Maas ist ein Volljurist, der die Unschuldsvermutung kennt und auch als Außenminister und oberster Diplomat zur Umsicht angehalten ist.‘

Ein Leser verweist Dehm darauf, dass ‚Herr Maas kein Volljurist‘ sei. Er habe ‚nur ein Staatsexamen, d.h. eine unvollständige Ausbildung wie viele unserer Politiker. Ansonsten Danke, Herr Dehm – wenn ich auch nicht zu Ihrer Seite neige, freue ich mich dennoch über handfeste, ehrliche Politikerpersönlichkeiten … da fallen mir nicht mehr viele ein.‘“

Diesem „Danke“ an unseren Genossen Diether Dehm schließen wir uns ausdrücklich an.

Webredaktion


Die komplette Rede von Dieter Dehm beim Berliner Ostermarsch 2018 kann hier angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=Nb9MG-sRPA8

Direktlink zur anstößigen Textstelle: https://www.youtube.com/watch?v=Nb9MG-sRPA8&time_continue=335


Bild: Dieter Dehm bei seiner Rede anlässlich des Ostermarsches am 31.03.2018 in Berlin
Foto: Screenshot aus dem Video von WeltnetzTV