Wer regiert die Welt? Oder: Wie faschistisch ist der Imperialismus heute?
Aus: Freidenker Nr. 4-07 Dezember 2007 66. Jahrgang – Thema, S. 9-13
Von Klaus von Raussendorff
Die Antwort auf die Frage, wer die Welt regiert, sollte korrekterweise lauten: niemand. Denn die kapitalistische Produktionsweise ist ihrer Natur nach anarchisch. Das auf ihr beruhende Gesellschaftssystem tendiert bei wachsenden Widersprüchen zur Unregierbarkeit. Was man landläufig unter Regieren versteht, sind gewaltsame Anstrengungen, Interessen kleiner Eliten gegen die große Mehrheit der arbeitenden Menschen durchzusetzen. Die Frage sollte also besser lauten: Wer lässt regieren? Und wie?
Geldmachtapparat
Nach Merril Lynch gab es 2005 weltweit 85400 Personen mit einem frei verfügbaren Netto-Geldvermögen von jeweils mehr als 30 Millionen Dollar. In Europa waren es 17000. Diese Millionäre und Milliardäre sind die Geldelite der Welt. Wäre das kapitalistische Weltsystem regierbar, könnten sie als die Regenten bezeichnet werden. Sie üben ihre Geldmacht aber nur in Ausnahmefällen persönlich in Regierungsämtern aus. Sie lassen eben regieren.
Diese Geldelite steht im Mittelpunkt eines Netzwerkes, das von Hans Jürgen Krysmanski als „Geldmachtapparat“ bezeichnet wird. Der Soziologe, ein emeritierter und nach wie vor aktiver Professor der Universität Münster, betreibt „Power Structure Research“. Diese in den USA stark vertretene Fachrichtung bestätigt durch empirische Forschung gegenwärtiger Machtstrukturen eine wichtige theoretische Einsicht in das heutige Verhältnis von Staat und Monopolen.
Schon 1952 machte Stalin darauf aufmerksam, dass der Ausdruck „Zusammenwachsen“ nur noch „oberflächlich und beschreibend die Annäherung der Monopole und des Staatsapparates“ feststellt, aber nicht den „ökonomischen Sinn dieser Annäherung auf(deckt)“. Stalin formulierte stattdessen: „Unterordnung des Staatsapparates unter die Monopole“.
Krysmanski veranschaulicht nun in einem Modell konzentrischer Ringe, wie sich um die Geldelite herum die Wirtschaftselite (Konzern- und Banken-CEOs, Fondsmanager, etc.) als „Verwertungsmacht“ gruppiert, gefolgt von der Politischen Elite (politische Klasse) als „Verteilungsmacht“ und der Wissenselite als „Wissensmacht“ (Technokraten und Intellektuelle in Forschung, Produktion, Wissenschaft und Medien).
Seine Webseite ist eine Fundgrube http:// www.uni-muenster.de/PeaCon/krysmanski/
Übernationale Herrschaft
Eine Schlüsselfigur der US-Geldelite, David Rockefeller wurde 1980 in einer Fernsehdokumentation über ihn als „der nicht gewählte, doch unbestrittene Vorsitzende des amerikanischen Establishments“ beschrieben“. Er sei „einer der mächtigsten, einflussreichsten und reichsten Männer in Amerika“. Er sitze „im Angelpunkt eines weitläufigen Netzwerkes von Finanziers, Industriellen und Politikern, dessen Reichweite den Globus umfasst.“ Rockefeller ist unter anderem der Gründer, Ehrenvorsitzende und lebenslange Treuhänder der Trilateralen Kommission, in der Spitzenvertreter des Geldmachtapparates aus USA, Europa und Japan regelmäßig zusammenkommen.
Die Geldelite der USA hat immer schon davon geträumt, das kapitalistische Weltsystem, obgleich unregierbar, durch eine Quasi-Weltregierung in Gestalt eines Netzwerkes internationaler Bündnisse und Institutionen unter ihre Kontrolle zu bringen. So erklärte 1950 James Paul Warburg vor dem US-Senat: „Wir werden eine Weltregierung haben, ob es uns gefällt oder nicht. Die einzige Frage ist, ob Weltregierung durch Eroberung oder Zustimmung erreicht wird.“ Warburg war von 1921 bis 1932 Vorsitzender des Council on Foreign Relations, einer anderen zentralen Instanz des US-Geldmachtapparates.
Wie diese Weltregierung funktionieren soll, erläuterte David Rockefeller bei einem Treffen der Bilderberg Gruppe, einer weiteren jährlichen Elite-Veranstaltung, im Juni 1992 in Baden-Baden: „Wir sind dankbar gegenüber der Washington Post, New York Times, Time Magazine und anderen, großen Publikationen, deren Vorsitzende unseren Treffen beigewohnt und ihre Versprechen der Diskretion für beinahe 40 Jahre gehalten haben. Es wäre unmöglich gewesen, unseren Plan für die Welt zu entwickeln, wären wir in diesen Jahren dem Rampenlicht der Öffentlichkeit ausgesetzt gewesen. Doch die Welt ist nun fortgeschrittener und bereit, in Richtung einer Weltregierung zu marschieren. Die übernationale Herrschaft einer intellektuellen Elite und der Weltbankiers ist sicherlich vorzuziehen gegen-über der in früheren Jahrhunderten praktizierten nationalen Selbstbestimmung.”
Die übernationale Herrschaft der Geldeliten wirkt zwar an der Zerstörung des Nationalstaates und der in seinem Rahmen „in früheren Jahrhunderten praktizierten nationalen Selbstbestimmung.” Denn der Nationalstaat setzt den transnationalen Verwertungsinteressen der Geldelite Hindernisse entgegen. Der Nationalstaat ist das Vehikel nationaler Selbstbehauptung gegen transnationale Interventionsstrukturen des Monopolkapitals. Darüber hinaus ist er auf der Grundlage des Kampfes um seine vollkommene demokratische Umgestaltung der staatliche Rahmen des Übergangs zu einer neuen, der sozialistischen Gesellschaftsformation.
Doch so sehr die Geldmachtapparate sich bemühen, den Nationalstaat auf seine Unterdrückungsfunktionen zu reduzieren, sind sie doch nicht in der Lage, ihn zu überwinden, ihn in einer höheren internationalen Organisationsform aufzuheben. Die Europäische Union ist und bleibt kein übernationaler Staat sondern ein Konstrukt „sui generis“. Denn die europäischen Geldeliten sind nicht in der Lage, sich als eine „übernationale“ herrschende Klasse zu konstituieren. Sie können den anarchischen Charakter des Kapitalismus und die dadurch bedingte Konkurrenz der Kapitale und Rivalität der Staaten nicht aufheben.
Inszenierung von Realitäten
Das Kapital ist zwar international. Doch das imperialistische Lager unter der Führung der USA ist nicht in der Lage, mittels imperialistischer übernationaler Herrschaftsformen eine „Neue Weltordnung“ zu schaffen, die es auf Dauer zu dominieren vermag. Daher der irrationale Charakter der strategischen Konzepte der USA, in denen Meinungsmanipulation eine Hauptrolle spielt.
Wie weit sich die Akteure des fiktiven Charakters ihrer „Weltpolitik“ selbst bewusst sind, enthüllte ein Mitarbeiter von US-Präsident Bush in einem aufschlussreichen Gespräch mit Ron Suskind. Der ungenannte Neokonservative in der US-Administration ließ den früheren Inlandschef des Wall Street Journal wissen, dass Regierungsbeamte die von ihnen so bezeichnete „Gemeinde der Realitätsbezogenen“ („reality-based community“) höhnisch als irrelevant abtun, insbesondere jene Leute, die „glauben, dass Lösungen aus einer klugen Untersuchung der erkennbaren Realität hervorgehen“. „So funktioniert die Welt eben heute nicht mehr,“ erläuterte der Bush-Berater, „wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln, schaffen wir unsere eigene Realität. Und während Sie die Realität untersuchen – so klug, wie Sie wollen – handeln wir wieder und schaffen andere, neue Realitäten, die Sie ebenfalls untersuchen können, genau so läuft das in Wirklichkeit. Wir sind geschichtliche Akteure… und Ihnen, all Ihnen, bleibt nur übrig zu untersuchen, was wir tun.“ („Without a Doubt“ in New York Times v. 17. Okt. 04)
Wie die Erschaffung neuer fiktiver Realitäten funktioniert, veranschaulichte jüngst wieder die Konferenz in Annapolis am 27. November 2007. Dort gab die Bush-Regierung mit einem Medienspektakel und substanzlosen Erklärungen den Auftakt für neue israelisch-palästinensische Verhandlungen. Die Medien dürfen nun, „so klug wie sie wollen“, untersuchen, inwiefern die geweckten Hoffnungen auf Friedensverhandlungen durch die Realität in Israel und Palästina gerechtfertigt sind oder nicht. „Die einzige Hoffnung, die uns noch bleibt,“ so der bissige Kommentar von Norman Paech, Nahostexperte und Außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, „ist, dass Annapolis der wirklich letzte Tiefpunkt der Heuchelei und Verlogenheit gewesen ist“ (ND v. 29.11.07).
Imperialistische Bündnisse
„Imperialismus bedeutet eine ungeheure Anhäufung von Geldkapital in wenigen Ländern…“, schrieb Lenin 1916. Und seither häuft sich Geldkapital weiter an, hat inzwischen schwindelerregende Ausmaße erreicht. Im Jahre 2006 gehörten den 9,5 Millionen Vermögensmillionären (darunter die schon erwähnten 845000 Inhaber von 30 Millionen und mehr) durch ihre Beteiligungen am internationalen Monopolkapital große Teile der weltweiten Produktionsmittel und Immobilien. „Ihr“ Kapital beläuft sich auf 37 Billionen US-Dollar. Das entspricht beinahe dem Wert, den die ganze Welt in einem Jahr produziert. Die Superreichen der Welt residieren überwiegend in den mächtigsten kapitalistischen Ländern der Welt. Um sich von der nationalen Wertschöpfung schwacher, abhängiger Länder Jahr für Jahr einen beachtlichen Teil anzueignen, bedarf es politischer Formen „übernationaler Herrschaft“. Es leuchtet ein, dass Rockefeller im Blick auf die Mechanismen der transnationalen Ausbeutungsverhältnisse die „in früheren Jahrhunderten praktizierte nationale Selbstbestimmung“ für überholt erklärt.
Während aber der Kosmopolitismus der Geldmachtapparate die Souveränität des Nationalstaates zur Disposition stellt, hat er doch zugleich seine reale Basis in den nationalstaatlichen Machtapparaten der USA und anderer imperialistischer Staaten. Denn die Aneignung des volkswirtschaftlichen Mehrwerts, der von den Völkern der Welt unter den Bedingungen internationaler Vergesellschaftung der Produktion erzeugt wird, durch die Bourgeoisie weniger reicher Länder, erheischt den Einsatz transnationaler Gewalt. Dies ist einer der wichtigsten Gründe für die Existenz imperialistischer Bündnisse. Wie diese sich zueinander verhalten, bleibt im konkreten Fall zu bestimmen: „NATO und europäische Verteidigung sind nicht in einem Konkurrenzverhältnis, sie sind komplementär.“
Diese Aussage des neuen französischen Verteidigungsministers Hervé Morin in einem FAZ-Interview (v. 12. Nov. 07) sollten sich alle hinter die Ohren schreiben, die zwar die NATO ablehnen, die EU aber in der illusionären Hoffnung akzeptieren, an ihrem Charakter als imperialistisches Bündnis etwas ändern zu können.
Sie sollten den EU-Reformvertrag genau studieren, der am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet werden soll. Darin ist wie schon im gescheiterten EU-Verfassungsvertrag nicht nur die Aufrüstungsverpflichtung für alle EU-Staaten vorgeschrieben. Die EU wird nicht nur auf eine offensive Interventionspolitik festgelegt, auch können sich einzelne EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen einer „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (nach EU-Ratsentscheidung) zusammenschließen, um Militärinterventionen durchzuführen. Und zugleich soll die gesamte EU-Militärpolitik an die NATO gebunden sein. (Art. 27, 7).
Militäreinsätze der EU „im Hoheitsgebiet von Mitgliedsstaaten“?
Da die Herrschaftseliten wissen, dass der entscheidende Schauplatz sozialer und politischer Klassenkämpfe nach wie vor der Nationalstaat ist, obgleich sie diesen mit dem missbräuchlich verwendeten Argument für unzulänglich erklären, dass „die wichtigsten Probleme heute nicht mehr nationalstaatlich zu lösen sind“, instrumentalisieren sie die EU vor allem auch als verlängerten Arm ihrer Politik im eigenen Lande.
Im Extremfall soll die EU sogar mit militärischen Mitteln in einzelnen Mitgliedsstaaten eingreifen können. Die so genannte „Solidaritätsklausel“ des EU-Reformvertrages besagt, dass die Union „alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereit gestellten militärischen Mittel“ mobilisiert, um „terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedsstaaten abzuwenden“ (Art. 188).
Als Terrorismus gilt den NATO/EU-Machthabern bekanntlich beispielsweise der Freiheitskampf der Iraker, Palästinenser und Afghanen. Was in ihrem Sinne eine „terroristische Bedrohung im Hoheitsgebiet von Mitgliedsstaaten“ ist, dürfte sich im Ernstfall als sehr interpretierbar erweisen, beispielsweise bei Massenprotesten, Generalstreiks etc. Die von den Herrschenden angestrebte Möglichkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Innern wird so „über Brüssel“ zu einer „übernationalen“ Aufgabe.
Umbau der bürgerlichen Demokratie
Die im EU-Reformvertrag vorgesehene militärische „Terrorismus“-Bekämpfung „im Hoheitsgebiet von Mitliedstaaten“ ist nur ein Teil einer langen Liste von Maßnahmen eines enormen Umorientierungs-, Umerziehungs- und Umgestaltungsprogramms, d.h. der Demontage der hergebrachten Grundsätze des Völkerrechts, der Menschen und Bürgerrechte und des liberal-demokratischen Rechtsstaates. Die Stichworte sind: Abschaffung des Bankgeheimnisses, Abkommen über die Weitergabe von 34 personenbezogenen Passagierdaten an die US-Behörden, Lizenz zum Abschuss von Passagierflugzeugen, Eingriffe in das Versammlungsrecht, Neuauflage des großen Lauschangriffs, drastische Zunahme der Telefonüberwachung, Fortführung verdachtsunabhängiger Kontrollen durch die Bundespolizei, Einführung nachträglicher Sicherheitsverwahrung, Vorratsspeicherung aller E-Mails und Telefonate, Einsatz von Bundeswehr-Tornados zur Beobachtung eines Protestcamps beim G8-Gipfel, Lizenz für gezielte Todesschüsse gegen Terroristen, heimliche Online-Durchsuchungen.
Aufgrund der Eingliederung Deutschlands in das imperialistische Bündnissystem werden all diese Maßnahmen von Politikern und Medien als „deutscher Beitrag zu Stabilität und Sicherheit in der Welt“ dargestellt. Tatsächlich handelt es sich um den vom deutschen Geldmachtapparat maßgeblich selbst – über NATO und EU – betriebenen radikalen Umbau zum Überwachungs- und Präventionsstaat.
Eine neue multipolare Weltordnung?
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 sind zwar bis heute nicht wirklich aufgeklärt. Sie wurden aber immer wieder als ein Ereignis deklariert, nach dem „nichts mehr so sein wird, wie es war.“
Was die neue Lage am meisten kennzeichnet, ist die Konfrontation der NATO/ EU-Staaten gegen eine Vielzahl von Ländern, von Kuba und Venezuela über Palästina und Irak bis Afghanistan, um nicht zu sagen „gegen den Rest der Welt“. Die Haltung der westlichen Machteliten gegenüber Großmächten wie China und Russland schwankt bisher zwischen überheblichem Kulturchauvinismus und zähneknirschender Anpassung an eine neue multilaterale, multipolare Weltordnung, in der China eine überragende Rolle spielen wird. Die Weltlage, die sich zu ungunsten der Imperialisten der USA und ihrer Verbündeten verändert, ist für diese anscheinend der auslösende Impuls, in ihren Herrschaftsmethoden zu lavieren und ihre Regimes mit Instrumenten der Gewaltausübung weiter umzubauen.
Ein neuer Faschismus?
Dabei zeigt die Politik der USA und ihrer Hauptverbündeten nicht nur einen offensiven sondern auch einen defensiven Aspekt. Die offensiven neokolonialen Feldzüge gegen Afghanistan und Irak sowie die aggressive Bereitschaft zu weltweiten Interventionen und Militäreinsätzen gehen Hand in Hand mit defensiven, präventiven Maßnahmen an der Heimatfront, wo Methoden und Instrumente der gewaltsamen Unterdrückung stets präventiv bereitstehen und den Umständen entsprechend auch angewandt werden sollen.
Offensichtlich steht bisher in keinem kapitalistischen Land der Faschismus – nach der bekannten Definition von Georgi Dimitroff – als „Ablösung einer Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie, der bürgerlichen Demokratie, durch eine andere, durch die offen terroristische Diktatur“ auf der politischen Tagesordnung.
Aber kann man die gegenwärtigen westlichen Regimes, die Angriffskriege führen, neokoloniale Protektorate errichten, rassistische Hetze gegen Araber und Muslime fördern, Neonazis durch Polizei schützen und Sicherheitsapparate gegen die eigene Bevölkerung errichten, uneingeschränkt „bürgerliche Demokratien“ nennen? Muss man nicht eher von einer Diktatur sprechen, allerdings nicht von einer „offen terroristischen“ aber einer demokratisch „maskierten“ Diktatur, und zwar – nach Dimitroff – einer „Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“?
Kann man übersehen, dass ein besonderes Wesensmerkmal des Faschismus, „die Organisierung der terroristischen Niederhaltung der Arbeiterklasse und des revolutionären Teils der Bauernschaft und der Intellektuellen“ (Dimitroff), zwar nicht auf die innenpolitischen Verhältnisse der westlichen Regimes zutrifft, aber durchaus auf ihre Besatzungspolitik in Afghanistan, Irak und Palästina, auf die „Governance in Räumen beschränkter Staatlichkeit“ (Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft). Dort setzen sie ein komplettes Arsenal von Gewaltmethoden ein, von Razzien, Massakern, Folter, außergerichtlichen Tötungen, Geheimgefängnissen bis zu Haftlagern ein. Sind dies keine faschistischen Methoden, nur weil „Demokratien“ sie praktizieren?
„Es ist ein Fehler zu glauben, bei Demokratie im Inland gibt es keinen Faschismus“, stellte der Friedensforscher Johan Galtung schon vor sechs Jahren zutreffend fest. Und er fuhr erläuternd fort: „Ich sehe Faschismus als Gewaltfrage: also bereit zu sein, eine beliebige Menge von Leben zu opfern zur Erreichung politischer Ziele; zu sagen, es gibt etwas Höheres als menschliches Leben. Die Schätzungen der von den USA weltweit getöteten Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg schwanken zwischen 12 und 16 Millionen. Schon die niedrigere Zahl reicht mir für mein Urteil. Bei allen US-Interventionen geht es darum, das eigene ökonomische System zu befördern.“ Für Galtung sind die USA daher ein „geo-faschistisches“ Land. (taz v. 28.9.02).
Und Deutschland? Teile der deutschen Machteliten wetteifern mit ihren französischen, britischen, italienischen EU-Partnern in Unterwürfigkeit gegenüber der NATO-Führungsmacht USA. In Afghanistan hat auch die deutsche Regierung den Weg eines „geo-faschistischen“ Landes eingeschlagen.
Klaus von Raussendorff, Bonn, ist Referent des Verbandsvorstandes für Internationale Arbeit
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