Religions- & Kirchenkritik, Säkulare Szene

Es bleibt bei der Inquisition

Zur Befreiungstheologie verlor der neue Papst in Basilien kein Wort

Aus: „FREIDENKER“ Nr. 3-13, September 2013, S. 38-42, 72. Jahrgang

von Gerhard Feldbauer

 

Während des Besuchs des Papstes in Brasilien bewegte Katholiken, die auf Reformen hoffen, wie sich Franziskus zu der Befreiungstheologie verhalten werde, die wie in ganz Lateinamerika auch in dem besuchten Land stark vertreten ist.

Diese Theologie breitete sich auf dem Kontinent, wo knapp die Hälfte der Katholiken der Welt leben, seit der zweiten Konferenz des dortigen Episkopats 1969 in Medelin (Kolumbien) machtvoll aus. Entscheidende Impulse erhielt diese Strömung von den nationalen Befreiungs-kämpfen auf dem Kontinent, besonders durch deren Erfolge in Kuba und Nikaragua, aber auch von dem unter dem Sozialisten Salvatore Allende in Chile unternommenen Versuch einer revolutionären Veränderung der Gesellschaft.

Bischöfe an der Seite der Befreiungskämpfer

Die Befreiungstheologen sahen ihr Handeln auf der Basis der von Johannes XXIII. verfolgten Kirchenpolitik und des von ihm einberufenen Vatikanum II und seiner Beschlüsse. Sie gingen davon aus, dass Christus sein Werk der Erlösung „in Armut und Verfolgung“ vollbrachte und so auch die Kirche den gleichen Weg einschlagen müsse. Nicht wenige lateinamerikanische Bischöfe standen als ihre Anhänger mehr oder weniger offen an der Seite der kämpfenden Völker und verkündeten angesichts des unerträglichen Elends und des Hungers, dass das Reich Gottes nicht erst im Jenseits beginnen könne.

Einige führende Vertreter Brasiliens hatten jetzt in der Hoffnung geäußert, dass Franzis-kus für einen Wandel ihnen gegenüber eintreten möge. So äußerte Jon Sobrino, der Papst sei zwar früher als Jorge Mario Bergoglio „kein Romero“ (einer ihrer engagiertesten Vertreter, der von der Todesschwadron „Escuadron de la Muerte“ ermordete Erzbischof Oscar Arnulfo Romero von El Salvador) zur Zeit der Militärjunta gewesen, doch sehe er in der „Einfachheit und Demut“ des bisherigen Auftretens des Papstes „kleine Zeichen“, die noch „zu großen Zeichen anwachsen“ sollten, so der Jesuit lt. „Kathpress“.

Sobrino schränkte jedoch zugleich ein, er fürchte, sich zu irren. Ähnlich äußerten sich Leonardo Boff und Helder Camara. Auch der 85-jährige Pedro Casaldaliga, der erst im Dezember 2012 nach Morddrohungen vorübergehend untergetaucht war, hatte gegenüber der Zeitung „O Globo“ die Hoffnung auf eine Kurienreform geäußert, die auch die Befreiungstheologie betreffen möge.

Von Franziskus wurden keine derartigen Reaktionen bekannt. Das besagt nichts anderes, als dass der Papst an der von seinen Vorgängern, dem Polen Wojtyla und dem Deutschen Rat-zinger, verfolgten Inquisition dieser progressiven Theologie keine Korrekturen vornehmen will.

Die Drangsalierungen der Befreiungstheologen

Die Befreiungstheologen Brasiliens waren wie die vieler anderer Länder Lateinamerikas unsäglichen Drangsalierungen ausgesetzt: Der hoch angesehenen Professor und Angehörige des Franziskanerordens Leonardo Boff, der unter anderem offen seine Sympathien mit dem sozialistischen Kuba bekundete, wurde 1984 von Kardinal Ratzinger, damals Chef der Glaubenskongregation, gemaßregelt. Seine Äußerungen darüber in seinem Buch ‚Kirche, Charisma und Macht’“ wurden als eine „Gefahr für die gesunde Lehre des Glaubens“ verurteilt.

1988 wurde der Bischof von Sao Felix do Araguaia, Pedro Casadáliga schriftlich aufgefordert, seine Sympathien für die Befreiungstheologen zu widerrufen und deren Theorie zu entsagen. 1989 wurden das „Regionalseminar des Nordostens“ und das Theologische Institut von Recife in Brasilien wegen ihrer nicht „vertrauenswürdigen“ Erziehung geschlossen. Beide Institutionen hatte der Anhänger der Reformideen Johannes XXIII. und sozial engagierte Erzbischof Helder Camara gegründet.

1991 wurde die von dem brasilianischen Verlag Edizione Paoline herausgegebene Bibel-ausgabe von Befreiungstheologen verboten. Der älteste Verlag Brasiliens „Vozes“, in dem Professor Boff die gleichnamige Zeitschrift herausgab, wurde der Verwaltung des Vatikans unter-stellt. Boff wurde die Herausgabe der Zeitschrift untersagt und aus dem Verlag entfernt. Der Erz-bischof von Fortaleza in Brasilien, Aloisio Lorschneider, wurde gezwungen, drei verheiratete Priester, die am Institut für Theologie und in der Seelsorge tätig waren, zu entlassen. 1993 verurteilte Johannes Paul II. anhaltende Verstöße gegen das Zölibat und erklärte unmissverständlich, dass es für die lateinamerikanische Kirche verpflichtend bleibt.

Nürnberger Menschenrechtspeis für den Bischof von Chiapas

Ständigen massiven Angriffen der Glaubenskongregation war der Bischof von San Cristobal de las Casas (Chiapas) in Brasilien, Samuel Ruiz Garcia, ausgesetzt. Als sich 1994 die Indios gegen ihre Unterdrücker erhoben, wandte sich der Bischof zwar gegen die Gewaltanwendung, zeigte gleichzeitig aber Verständnis dafür, dass die in der Zapatistischen Befreiungsarmee kämpfenden Ureinwohner zu Verzweiflungstaten getrieben würden und wirkte als Vermittler zwischen der Regierung und den Rebellen.

Besonders wütend reagierte Rom darauf, dass er Rituale indigener Religiosität in die katholische Lehre integrierte. Die reaktionären Kreise des Landes verfolgten ihn mit einer wüsten Hetze und Morddrohungen. 1997 entkam er nur knapp einem Anschlag. Gegen seine vom Vatikan angedrohte Entlassung protestierten 20.000 Bauern mit ihrer Unterschrift in einem Brief an den Papst. Das soziale und politische Engagement des streitbaren Gottesmannes wurde welt-weit bekannt. Mehrere Universitäten verliehen ihm den Doktor honoris causa, Städte die Ehren-bürgerschaft. Als er 2000 emeritierte, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Würdigungen. In Paris nahm er den Internationalen Simon Bolivar-Preis der UNESCO entgegen, in Deutschland den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspeis.

JesuchristoLiberador – ein bedeutendes Werk von Jon Sobrino

Als Benedikt XVI. 2007 Brasilien besuchte, kündigte er an, dass er weiter mit aller ihm zur Verfügung stehenden Härte gegen die Befreiungstheologen vorgehen werde. Als warnendes Beispiel maßregelte er Jon Sobrino, der ihm in zwei Büchern widersprochen hatte, die zu theologischen Standartwerken aufstiegen: „JesuchristoLiberador“ (Der befreiende Christus) und „La fe en Jesucristo“ (Der Glaube an Jesus Christus). Sobrino, der als Einziger von sieben Jesuiten 1989 in El Salvador ein Massaker der Todesschwadron überlebte, verband „den Christus, den Träger messianischer Hoffnung, mit der Befreiung der Unterdrückten“ und kritisierte, dass eine (von Rom vertretene) Trennung dieses Zusammenhangs „ganz im Interesse der Mächtigen und Unterdrücker“ sei. Er predigte, „An Gott zu glauben bedeutet, sich mit den Unterdrückten zu solidarisieren“.

Ratzinger hatte bereits 1984 Sobrinos Auffassungen in seiner berüchtigten Instruktion „Libertatisnuntius“ entschieden verurteilt. Vor Antritt seiner Brasilienreise erteilte er als Papst Sobrino zum Abschluss eines Inquisitionsverfahrens eine schwere Rüge. In seiner Rede auf der Bischofskonferenz untersagte er den Priestern jede politische Betätigung oder gar „sozialrevolutionäres“ Engagement. Die „wirkliche Revolution“ komme von Gott. Auf das Entschiedenste untersagte Benedikt Erörterungen über das Zölibat und Schwangerschaftsabbrüche.

Romero gab ein besonders mutiges Beispiel

Wie in Brasilien verfolgten Wojtyla und Ratzinger die Vertreter der größten Reformbewegung in der jüngsten Geschichte der Kurie auch in anderen Ländern Lateinamerikas. Ein besonders mutiges Beispiel gab Erzbischof Romero in San Salvador, der weiter ging als mancher der Befreiungstheologen. Er verurteilte nicht nur den Terror der Todesschwadronen, sondern half auch den Kämpfern der Befreiungsfront „Farabundo Marti“ (FMNL), gewährte ihnen Unterschlupf, versorgte sie mit Medikamenten und Nahrungsmitteln. Öffentlich erklärte er, dass es nicht gegen Gottes Gebot verstoße, sich auch mit den Mitteln der Gewalt gegen Repression zur Wehr zu setzen.

Er trat dem Antikommunismus, der unter den Katholiken verbreitet wurde, in seinen Predigten entgegen und rief zur Einheit des Volkes auf. Während einer seiner Kanzelreden hatten Offiziere und Soldaten der Guardia Nacional auf den Bänken der Kirche Platz genommen, um ihn einzuschüchtern. Unerschrocken wies Romero auf sie und sagte: „Die sind gekommen, um zu hören, ob ich subversiv bin. Doch wenn ich subversiv sein soll, weil ich mich für Euch Arme und Unterdrückte einsetze, dann war schon Jesus subversiv, dann waren auch Lukas, Johannes und Jesaja subversiv.“ In einer anderen Predigt sagte er zum Gedenken an die Opfer des Terrors: „Ich habe mich für sie, die keine Stimme mehr haben, an Gott gewandt. Aber die Wunden der Lebenden lassen sich nicht mit Gebeten heilen. Ich gebe mich mit Leib und Seele meiner apostolischen Tätigkeit hin, aber ich muss immer wieder feststellen, dass Hunger und Durst nicht mit seelischem Trost zu stillen sind. Das ist es, was mich zum Soldaten meines Volkes gemacht hat.“

Solche Bekenntnisse trugen dem Erzbischof den Vorwurf ein, er sei Marxist, wogegen er sich stets verwahrte. Die einfachen Menschen nannten ihn „Anwalt der Armen“ und „Stimme der Stimmlosen“.

Nach der Dritten Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischofskonferenz im mexikanischen Puebla 1979 begann eine wütende Hetzkampagne gegen die Befreiungstheologen, die sich besonders gegen Romero richtete. Die von der CIA gelenkten Todesschwadronen drohten öffentlich mit der „Hinrichtung des Erzbischofs“, der persönlich Morddrohungen erhielt. Der Rundfunksender der Diözese wurde gesprengt, in der Kathedrale Bomben gelegt. Das Vor-gehen der Reaktion wurde begünstigt durch die Regierung in Washington, die zu dieser Zeit ihre Finanzhilfe für die Junta in El Salvador verstärkte. In einem Brief an Präsident Carter warnte der Erzbischof, diese Politik der USA werde „die Unterdrückung verschärfen, statt größere Gerechtigkeit und Frieden zu bringen.“ Unmissverständlich erklärte er: „Was Sie vorhaben, wird zu einem großen Blutbad in diesem leidenden Land führen.“

Am 23. März 1980 verlas Romero in seiner Sonntagspredigt die Namen von 110 Ermor-deten, die in nur einer Woche Opfer des Terrors geworden waren. Er wandte sich an die anwe-senden Soldaten und forderte sie auf, nicht länger solche Mordbefehle auszuführen. Die Armee-führung bezichtigte ihn schon kurz nach dem Gottesdienst der „Aufhetzung zur Rebellion“. Am nächsten Tag trafen den Geistlichen die Kugeln der Mörder.

Johannes Paul II. nannte das Verbrechen zwar „eine kirchenschänderische Mordtat“, verlor aber kein Wort über das Wirken des Erzbischofs für die Gedemütigten und Rechtlosen. Als Romero im März 1979 vom Papst zur Audienz empfangen worden war, hatte er sich anschließend mutig öffentlich beklagt, dass Rom „kein Verständnis“ für seine pastorale Tätigkeit in einer so extrem schwierigen Situation aufbringe.

Ratzingers Schützenhilfe für Verfolgung, Folter und Mord

Als Kardinal Ratzinger 1981 das Amt des Chefs der Glaubenskongregation antrat, wurde der Kampf gegen die Befreiungstheologie zum herausragenden Schwerpunkt seines inquisitorischen Wirkens und eines Bestandteils seiner „Politik der offenen Restauration“ der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils. Er unterstützte direkt das Vorgehen der mit den USA verbundenen latein-amerikanischen Reaktion gegen die nationalen Befreiungsbewegungen und unterdrückten Völker in ihrem Kampf für nationale Souveränität und sozialen Fortschritt. In einem von ihm verfassten Schreiben des Papstes vom 29. Juni 1982 an die Bischöfe von Nicaragua bewirkte er die Verurteilung ihrer „Volkskirche“ und ihres Bekenntnisses zur Theologie der Befreiung.

Während Rom nichts dagegen einzuwenden hatte, dass Mitglieder des klerikalfaschistischen Opus Dei unter Pinochet in Chile in dessen Regierung eintraten, wurde der Priester Ernesto Cardenal im März 1983 wegen der Übernahme des Ressorts des Kulturministers in der sandinistischen Regierung in Nicaragua durch den Papst öffentlich gemaßregelt. Als der Theologie-Professor Johann Baptist Metz langjähriger Direktor des Seminars für Fundamentaltheologie an der westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, ein früherer Kollege Ratzingers, sich lobend über Ernesto Cardenal äußerte und anführte, er habe dazu beigetragen, sein Land von dem korrupten Clan des Diktators Somoza zu befreien, sorgte der Chefideologe dafür, dass er aus der Liste der Bewerber um einen Lehrstuhl an der Universität in München gestrichen wurde.

Der Papst stellte sich auf einer Eucharistiefeier schützend vor die von den USA nach Nikaragua eingeschleusten Terrorbanden „Contras“ und gebot Müttern, welche deren Mordtaten anklagten, zu schweigen.

Am 6. August 1984 erließ der Oberste Glaubensrichter die berüchtigte „Instruktion über einige Aspekte der Theologie der Befreiung“ (Libertatis Nuntius). In ihr verurteilte er die Bestrebungen innerhalb der Kirche, die auf eine „Politisierung der menschlichen Existenz, (…) welche die Eigenart des Reiches Gottes und die Transzendenz der Person verkennt und die auf die Sakralisierung des Politischen und eine Vereinnahmung der Volksreligiosität für revolutionäre Vorhaben“ hinauslaufe.

Vor allem diese Erklärung spielte, wie der katholische Publizist Ludwig Weckel schrieb, zeitlich und inhaltlich jenen Strategiepapieren amerikanischer Militärs in die Hände, welche die Befreiungsbestrebungen und die Befreiungstheologie in Lateinamerika als „kommunistische Strategien“ mit ihrer „Ideologie der nationalen Sicherheit, das heißt mit Verfolgung, Verschwindenlassen, Folter und Mord bekämpften“. Dem dienten, so Weckel weiter, die vatikanischen Instruktionen, die der Befreiungstheologie u. a. vorwarfen, in ihrer Gesellschaftsanalyse auf „marxistisches Instrumentarium“ zurückzugreifen, was die Militärs in ihrem Kampf gegen den „Terrorismus“ als Bestätigung für ihre Verfolgung „kommunistischer Priester“ und deren Anhänger nutzten. „Die vatikanischen Instruktionen gegen die Befreiungstheologie haben vielen engagierten Christen in Lateinamerika das Leben gekostet, so Weckel.“[1]

Noch 1984 versuchte Ratzinger mit einem Inquisitionsverfahren gegen einen der „Väter der Theologie der Befreiung“, den Peruaner Gustavo Gutiérrez, einen entscheidenden Schlag zur Ausschaltung dieser volksverbundenen Seelsorge zu führen. Hauptanklagepunkt war die Anschuldigung, die Schriften Gutiérrez enthielten „marxistische Einflüsse“, was dieser wie andere derart ebenfalls angegriffene Theologen zurückwies.

Der Professor, der Medizin, Psychologie, Philosophie und Theologie (darunter an der Päpstlichen Universität Georgiana in Rom) studiert hatte, dessen Publikationen über die Befreiungstheologie (10 Bücher) von mehreren Universitäten mit der Verleihung des Doktor honoris causa gewürdigt wurden, galt in Lateinamerika als einer der Begründer und herausragender Theoretiker der Befreiungstheologie. Als deren Ausgangspunkt sah er die Frage, wie man Menschen, die in unwürdigen Lebensverhältnissen gehalten werden, die Botschaft übermitteln kann. „Gott liebet Euch?“. Dem ging er u. a. in seinem Werk „Teologia de la Liberacion“ nach, das die Befreiungstheologie entscheidend prägte.[2]

Er gründete in Lima das von ihm geleitete, nach dem im 15. Jahrhundert tätigen und zum Bischof von Chiapas geweihten Priester Bartolomé de las Casas genannte Ibero-amerikanische Institut. Gutiérrez fühlte sich dem geistigen Erbe Bartolomés, der die Interessen der Indios gegen die Konquistadoren verteidigte, verpflichtet. Er sah das Thema der Befreiung vor allem unter dem sozialen Aspekt der Zuwendung zu den Ärmsten der Gesellschaft und in der Wahrnehmung der Souveränität ihrer Länder gegen die Vorherrschaft der USA, die Lateinamerika als ihren Hinter-hof betrachteten und dazu reaktionäre und faschistische Regimes an der Macht hielten.[3]

Die Befreiungstheologie fand in den südamerikanischen Ländern angesichts des Massenelends vor allem in den Slums der Städte rasch eine Massenbasis in Gestalt von Basis-Gemeinschaften, in denen volksverbundene Priester mit ihnen gemeinsam lebten. Die Befreiungstheologen vertraten den Standpunkt, die Ausbeutung der Menschen, die zu einem elen-den Dasein führte, sei eine Beleidigung Gottes und Jesus habe ein ganz anderes Modell des Lebens, nämlich das der Gemeinschaft gerade mit den Schwachen vertreten. Da Professor Gutiérrez kein öffentliches Amt der katholischen Kirche begleitete, sah man zunächst von der Verhängung des Kirchenbanns, 1998 eröffnete Ratzinger eine neue Inquisition gegen ihn.

1991 wurde der mexikanische Bischof von Oaxaca, Bartolomé Carrasco Briseno, wegen „seiner Verbundenheit mit der Theologie der Befreiung“ abgesetzt. Einen Höhepunkt erreichte das Vorgehen gegen die Befreiungstheologie in der Versammlung der Kardinäle 1993. Der Papst, der das Konsistorium persönlich leitete, verkündete, dass er keinen lateinamerikanischen Bischof, der in einer Nähe zur Theologie der Befreiung stehe, in den Kardinalsrang erheben werde.

Dr. Gerhard Feldbauer; Poppenhausen, ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes.
Er ist Autor des Buches: Der Heilige Vater. Benedikt XVI. – Ein Papst und seine Tradtion. Papyrossa, Köln 2010.

 

[1] Ludwig Weckel: Josef Ratzingers Kampf gegen das Gespenst der Befreiungstheologie. In: Norbert Sommer, Thomas Seiterich (Hg): Rolle rückwärts mit Benedikt XVI. Oberursel 2009, S. 164

[2] Erschien erstmals 1972 in Salamanca (Spanien) und erlebte danach zahlreiche weitere Auflagen.

[3] Siehe dazu Gutiérrez: Gott oder das Gold. Der befreiende Weg des Bartolomé de la Casas. Freiburg 1990


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   Gerhard Feldbauer: Es bleibt bei der Inquisition. Zur Befreiungstheologie verlor der neue Papst in Basilien kein Wort (Auszug aus FREIDENKER 3-13, ca. 220 KB)


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