Sie haben es nie aufgegeben! Von Jalta und Potsdam 1945 zu Neuer Weltordnung – zwei Linien sind wirksam!
von Prof. Dr. habil. Anton Latzo
Die Frage der Herbeiführung einer friedlichen Neuen Weltordnung ist seit mehr als hundert Jahren ständiges Thema der internationalen Politik.
Dieses Jahr ist besonders reich an Jahrestagen, die helfen können, die dabei gemachten Erfahrungen zu analysieren, die Geschichte vorurteilsfrei zu betrachten, um die Gegenwart besser zu verstehen, und der Lügenpropaganda wirksamer entgegen wirken zu können.
Die Erfahrungen der Geschichte sind immer wichtiger, da u.a. neue Generationen politisch aktiv sind, die jene Zeiten nicht erlebt haben. Sie müssen in den Ländern des Kapitals sozial-ökonomische und politische Verhältnisse meistern, die im Wesen denen in den letzten hundert Jahren herrschenden gleich sind, deren Widersprüche sich zuspitzen, aber unter anderen nationalen und internationalen Bedingungen und Kräfteverhältnissen gestaltet werden müssen.
Positionen
Es gilt aber nach wie vor J.W. Goethes Wort: „Es gibt kein Vergangenes, das man zurücksehnen dürfte; es gibt nur ein ewig Neues, das sich aus den erweiterten Elementen des Vergangenen gestaltet, und die echte Sehnsucht muss stets produktiv sein, ein neues Besseres zu schaffen“. (Zit. nach: F.C. Weiskopf, Abschied vom Frieden, Berlin/Weimar 1975; S. 5)
Aber die Politik der Herrschenden in den USA, in Deutschland, in der EU und NATO ist auf die Gestaltung und Erhaltung der kapitalistischen Gesellschaft, ihrer Klassengesellschaft, auf ewige Dauer – und das mit allen Mittel, einschließlich Krieg – ausgerichtet. Das war 1945 so, es war 1989/1990 so und ist auch heute nicht anders!
Sie ist also naturgemäß, ob die Akteure das wollen oder nicht, in vielerlei Hinsicht mit einer Apologetik der bestehenden Verhältnisse verbunden, also eine Politik gegen den gesellschaftlichen Fortschritt.
Diese Apologie wird in der Regel in die Forderung nach „objektiver Betrachtungsweise“ verpackt, um ihr einen seriösen Anstrich zu geben. Sie läuft aber darauf hinaus, die Dinge zu nehmen, wie sie sind und es dabei zu belassen. Sie fordern, die Politik und die Gesellschaft nicht im Rahmen ihrer fortschreitenden historischen Entwicklung zu analysieren, zu werten und zu gestalten.
Formal logisch weiter gedacht, heißt das, auf Lehren aus der Geschichte zu verzichten! Sie ist damit in vielerlei Hinsicht und im Wesen reaktionär!
Die Interessen der Regierenden sind Klasseninteressen der Bourgeoisie. Diese verlangen, dass die Welt so bleiben müsse, wie sie nach dem vollen Sieg der Bourgeoisie geworden war.
Aus dieser Gegnerschaft zu historischer Entwicklung erwächst Antikommunismus, Antisowjetismus bzw. Antisozialismus. Das begründet den Revisionismus und den Reformismus in der internationalen Arbeiterbewegung.
Damit wurden die Interventionskriege gegen die junge Sowjetmacht begründet, die Münchner Politik der Westmächte von 1938 und der Überfall auf die Sowjetunion durch die faschistischen Mächte gerechtfertigt. Das bestimmte ihre Haltung im zweiten Weltkrieg, aber auch im Kampf gegen die Errichtung der sozialistischen Ordnung in mehreren Ländern und selbst die Politik der globalen Herrschaft des Imperialismus, wie sie seit Ende des vergangenen Jahrhunderts ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat. Sie ist dafür bestimmend, wie jetzt gekämpft wird, um sie zu erhalten.
Und damit sind wir bei einem grundsätzlichen Problem der Analyse und der Gestaltung der internationalen Beziehungen in der Gegenwart generell, aber auch speziell der Neue Weltordnung. Ich möchte zu Beginn auf einige Grundprobleme wenigstens hinweisen, deren Beachtung entscheidend für eine realistische Konzeption sind, die aber seit dem „neuen Denken“ abnehmende Beachtung gefunden haben.
- Die Schaffung einer Neue Weltordnung bedeutet nicht mehr und nicht weniger als tiefgreifende Umstellung des Systems der Internationalen Beziehungen und findet nicht irgendwo außerhalb des Widerstreits der Klassenkräfte statt. Auch die internationalen Beziehungen sind bei all ihrer Spezifik den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung unterworfen.
Das zu beachten, ist eine notwendige Bedingung für ein richtiges theoretisches Verständnis des Geschichtsprozesses aber auch für ein den Erfordernissen der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechendes praktisches Handeln der Menschen, einschließlich in der Politik. - In der gegenwärtigen Epoche erweist sich der Gegensatz der beiden Gesellschaftssysteme, des Sozialismus und des Kapitalismus/Imperialismus, ihr Einwirken aufeinander und die sich zwischen ihnen vollziehende unvermeidliche Auseinandersetzung eindeutig als zentrale Achse auch der internationalen Beziehungen.
Es ist ein antagonistischer Gegensatz, von dessen Lösung die Zukunft der Menschheit abhängt! Auch das System der internationalen Beziehungen der Gegenwart, das übrigens Übergangscharakter trägt, wird – wenn auch nicht ausschließlich – maßgeblich von ihm bestimmt. - Die internationalen Beziehungen der Gegenwart müssen unter gesellschaftlichen und politischen Bedingungen gestaltet werden, die noch nie in der modernen Geschichte so kompliziert, vielfältig und auch widersprüchlich waren, wie sie es heute sind.
Sowohl die historischen Erfahrungen als auch aktuelle Prozesse bestätigen zum Beispiel die Erkenntnis, dass die Tendenz in der monopolistischen Spitzenschicht zur sozialen und politischen Reaktion, die sich aus den Klassengegensätzen der kapitalistischen Gesellschaft ergibt, organisch mit einer Zunahme des Militarismus verbunden ist, in dem sich sowohl das allgemeine aggressive Wesen des Imperialismus als auch die Widersprüche der auf Herrschaft der Monopole beruhenden Ökonomik äußern. In der Steigerung der Rüstungsproduktion sieht das Monopolkapital ein Mittel, mit dem es die konjunkturellen Schwankungen als auch das zyklische Auf und Ab in der Wirtschaft mildern will. Die Militarisierung ist zu einem Merkmal des staatsmonopolistischen Kapitalismus geworden! - Die historischen Erfahrungen seit 1917 bestätigen die Erkenntnis, dass nicht nur die Produktionsweise mit ihren Produktivkräften und Produktionsverhältnissen den Inhalt der Epoche bestimmen, sondern auch die hieraus hervorgehenden sozialen Strukturen, die Klassenkräfte mit ihren Interessen und Zielen, mit ihrer Politik und Ideologie sowie mit dem Kräfteverhältnis zwischen ihnen.
- Von entscheidender Bedeutung war und ist der ökonomische, soziale, kulturelle und politische Wettbewerb der beiden entgegengesetzten Gesellschaftssysteme, der zunehmend zu einer – wenn auch nicht allein bestimmenden – Achse des Geschichtsprozesses geworden ist. Kräfteveränderungen reduzieren sich aber keineswegs darauf.
Das Streben der Völker für Frieden und Sicherheit nimmt zunehmend den Charakter einer Achtung gebietenden Kraft an. - Schon vor dem zweiten Weltkrieg wurde die Zeit zur Rettung des Friedens, die Chance zur Zügelung der Krieger verpasst, weil die vom Antisowjetismus verblendeten führenden Kreise der kapitalistischen Großmächte die sowjetischen Initiativen zur kollektiven Verteidigung des Friedens , zum gemeinsamen Schutz von der Aggression bedrohten Völker systematisch blockierten.
Sie nahmen die betont sowjetfeindlichen Ziele des deutschen Imperialismus wohlwollend bzw. duldend zur Kenntnis. Sie glaubten an die Möglichkeit einer einheitlichen Front mit Deutschland als Speerspitze, die den Sozialismus vernichten, die Sowjetunion zerschlagen und einen Ausweg aus den imperialistischen Widersprüchen schaffen könnte.
Sie vereinbarten die Locarno-Verträge (1925), die den Expansionsdrang Deutschlands nach Osten lenken sollte, unterstützten den Wiederaufbau der deutschen Rüstungsindustrie (Dawes-Plan), positionierten sich zum „Antikominternpakt“ in der Hoffnung, er werde seine antisowjetische Stoßrichtung voll entfalten. Einen Höhepunkt bildete die Beschwichtigungspolitik und die Unterzeichnung des Münchener Diktats vom September 1938. Sie blieben passiv als Japan am Fluss Calchyn-gol den militärischen Konflikt provozierte und der Sowjetunion ein Zweifrontenkrieg drohte. - Die gemeinsame Feindschaft gegenüber der UdSSR konnte allerdings ihre systemimmanenten Gegensätze nicht aus der Welt schaffen. Im Gegenteil: unter der Wirkung des Gesetzes der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus hatten sich zwei imperialistische Gruppierungen herausgebildet, die gemeinsam in der Sowjetunion ihren Feind sahen, aber zugleich miteinander im Kampf um die Weltherrschaft rivalisierten.
- Die Erfahrungen aus dem ersten und dem zweiten Weltkrieg sowie die wachsende Rolle des Militarismus und des Wettrüstens nach dem ersten und besonders dem zweiten Weltkrieg bestätigen scheinbar die bestimmende Rolle des rein militärischen Faktors bei der Einschätzung sowohl der Stärke wie auch das Kräfteverhältnis zwischen den Staaten bzw. Staatengruppen. Aber die historischen Erfahrungen aus den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg weisen auf die Problematik einer Bestimmung des internationalen Kräfteverhältnisses vorwiegend auf der Grundlage militärischer Kennzeichen, obwohl deren Bedeutung tatsächlich groß ist. Ebenfalls problematisch ist, Gleichheitszeichen zwischen Stärke und Gewalt zu setzen.
Die Bedeutung der politischen, ideologischen und moralischen Komponenten ist groß. Aber das Problem besteht darin, dass sich diese Faktoren nur in den seltensten Fällen unabhängig von einem entsprechenden Bewusstsein, der Organisiertheit und Aktivität der Massen herausbilden und wirksam werden.
Auch die Entwicklung einer stabilen Neuen Weltordnung wird ohne die erforderliche Beachtung dieser Faktoren, ohne Beachtung der Probleme und Widersprüche, die durch ihr Einwirken aufeinander entstehen, nicht möglich sein!
Geschichte
Die Berücksichtigung der Erfahrungen in Vorbereitung und Entfesselung des zweiten Weltkrieges sowie in der Zeit danach vermitteln wesentliche Kenntnisse, die im Friedenskampf und bei den Bemühungen um eine Neue Weltordnung von entscheidender Bedeutung sein können. Der 80. Jahrestag des Sieges über den Faschismus ist Anlass genug, uns einige Schnittpunkte in Erinnerung zu rufen.
Die Beschlüsse von Jalta und Potsdam, die den Sieg über den Faschismus besiegelten, haben Hoffnungen geweckt und sich als stabilisierende Faktoren der europäischen und internationalen Sicherheit und des Friedens erwiesen. Sie haben gezeigt, dass es möglich ist …
Ihr Verlauf und ihre Ergebnisse waren Ausdruck dafür, dass eine grundlegende Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses eingetreten war. Mit dem Ende des Krieges bildeten sich in den internationalen Beziehungen zwei entgegengesetzte Entwicklungstendenzen heraus – eine demokratische und eine imperialistische. Sie haben die Nachkriegszeit geprägt. Es kam zu zwei entgegengesetzten Linien beim Herangehen an die Deutschland betreffenden Fragen und auch in den Fragen des künftigen Friedens, der Gestaltung der internationalen Beziehungen.
Die Teilnehmer der Konferenzen bekräftigten das Prinzip der Einigkeit im Frieden wie im Krieg. Trotz unterschiedlicher Standpunkte und vorhandener Gegensätze wurden von der UdSSR, den USA und Großbritannien für die auf der Tagesordnung stehenden Fragen gemeinsam gebilligte Lösungen gefunden. Die Ergebnisse zeigten, dass bei gutem Willen, Vernunft und Realismus Ergebnisse erzielt werden können, die sowohl den nationalen Interessen als auch internationalen Frieden und der Sicherheit dienen.
Auf der Jaltakonferenz (Krim) im Februar 1945 legte die Sowjetunion – ausgehend von den schon vorliegenden Vereinbarungen der Mächte der Anti-Hitler-Koalition – ihrem Programm zur Regelung der deutschen Angelegenheiten die Prinzipien der Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Entkartellisierung und Demokratisierung Deutschlands sowie die Gewährleistung der Einheit des Landes und den Abschluss eines Friedensvertrages zugrunde.
Die sowjetische Seite ging von der Auffassung aus, dass die Verwirklichung dieser Prinzipien die sozialökonomische Grundlage des deutschen Militarismus beseitigen und ermöglichen werde, , Deutschland auf friedlicher und demokratischer Grundlage umzugestalten. Der Abschluss eines Friedensvertrages sollte den Schlussstrich unter den zweiten Weltkrieg in Europa ziehen und weiter Garantien schaffen, um die Wiederholung einer deutschen Aggression unmöglich zu machen. Es sollte verhindert werden, dass imperialistische Kräfte das Land für ihre Pläne ausnutzen konnten.
Dem stellte sich zunehmend der Wille der Westmächte gegenüber, die, trotz zum Teil unterschiedlicher Meinungen untereinander über konkrete Fragen sowie über die Formen und Methoden der Tätigkeit im besetzten Deutschland, sich darin einig waren, keine tiefgreifenden demokratischen Umgestaltungen zuzulassen, die frühere sozial-ökonomische Grundlage zu erhalten und für ihre Zwecke auszunutzen.
Dieser Kurs kam zwar erst 1947/1948 voll zum Tragen, war aber bereits in Jalta und noch mehr in Potsdam deutlich sichtbar.
Diese zwei entgegengesetzten Linien durchzogen die gesamte Nachkriegsgeschichte. Sie wirkten sich auch auf die Verwirklichung der vereinbarten Positionen in der zweiten Schlüsselfrage der Zukunft, in der Frage der Zukunft Europas in Frieden und Sicherheit aus.
Die Jalta-Konferenz der Alliieren im Februar 1945 verabschiedete auch eine „Erklärung über das befreite Europa“. Darin erklärten sie „gemeinsam ihr gegenseitiges Einverständnis, die entsprechende Politik ihrer drei Regierungen während des zeitweiligen Vorherrschens ungeordneter Zustände im befreiten Europa gleichzuschalten, um den Völkern des von der Herrschaft des nationalsozialistischen Deutschland befreiten Europa und den Völkern der früheren Vasallenstaaten der Achse bei der auf demokratischem Wege herbeizuführenden Lösung ihrer drängenden politischen und wirtschaftlichen Probleme beizustehen“.
Dies sollte „in einer Weise zuwege gebracht werden, die es den befreiten Völkern gestattet, die letzten Spuren des Nationalsozialismus und Faschismus zu beseitigen und demokratische Einrichtungen nach eigener Wahl zu schaffen“.
Die damaligen Alliierten erklärten, gemeinsam das Ziel zu verfolgen, „in Zusammenarbeit mit anderen friedliebenden Nationen eine auf Recht und Gesetz gegründete Weltordnung zu schaffen, die dem Frieden, der Sicherheit, der Freiheit und dem allgemeinen Wohl der gesamten Menschheit geweiht ist“.
Ein Ergebnis bestand in der Gründung der Organisation der Vereinten Nationen.
So liegt die Bedeutung von Jalta auch darin, dass Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung die Sicherung des Friedens zum gemeinsamen Ziel erklärten. Auch in diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Regierungschefs der an der Konferenz teilnehmenden Staaten übereinstimmend erklärten, dass es ihr unbeugsamer Wille ist, „den deutschen Militarismus und Nazismus zu vernichten und dafür Sorge zu tragen, dass Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören“.
Der Übergang vom Krieg zum Frieden erwies sich aber als ein komplizierter und widerspruchsvoller Prozess. Er stand unter dem Zeichen akuter und angespannter Auseinandersetzungen. In der Politik der Westmächte gewann der Antisowjetismus und Antikommunismus die Oberhand.
Die US-amerikanische Führungsschicht beanspruchte die Weltherrschaft – und das für sich allein. Kurz nachdem Harry S. Truman als Präsident der USA ins Weiße Haus eingezogen war, erklärte er: „Der Sieg hat dem amerikanischen Volk die ständige Verantwortung für die Führung der Welt auferlegt“. Nur zwanzig Monate später wurde die „Truman-Doktrin“ verkündet und damit ein Prozess eingeleitet, der als „Kalter Krieg“ in die Literatur eingegangen ist!
Die Versicherungen von Jalta wurden so in ihr Gegenteil verkehrt. Statt Bündnis wuchs die zunehmende Zwietracht auf der Grundlage von Antikommunismus und Antisowjetismus! Der Wandel in der globalen Politik wurde gestaltet – aber auf reaktionärer Grundlage, mit dem Ziel der politischen und gesellschaftlichen Revanche! Das betraf nicht nur die Politik in der deutschen Frage, sondern erfasste ganz Europa und auch die Tätigkeit der Vereinten Nationen.
Auf der Konferenz in Potsdam (17. Juli bis 2. August 1945) ging es darum, auf der Grundlage der in Jalta erzielten Vereinbarungen und unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse nach der Zerschlagung des Faschismus und nach Beendigung des Krieges in Europa Grundsätze für ein Europa des Friedens, der Demokratie und der gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit zu bekräftigen und völkerrechtlich zu fixieren.
Betrachtet man die ganze Serie von Konferenzen zwischen den Alliierten, so muss man feststellen, dass sich von Konferenz zu Konferenz zwischen den Teilnehmern Divergenzen bemerkbar machten. Trotzdem wurden auch noch in Potsdam grundsätzliche Beschlüsse für die Nachkriegsgestaltung Europas angenommen, die von Bedeutung blieben.
Die in Jalta und Potsdam erreichten Ergebnisse waren noch das gemeinsame Werk der Hauptkräfte der Anti-Hitler-Koalition. Es ist aber auch richtig, dass besonders die Ergebnisse von Potsdam erreicht wurden, obwohl es Schwierigkeiten gab, die von den westlichen Alliierten ausgingen.
Die getroffenen Übereinkünfte reichten, um die Gestaltung, die weitere Entwicklung der Beziehungen im Sinne der friedlichen Koexistenz, des Realismus zu verfolgen.
Aber, statt, wie vereinbart, die friedliche und demokratische Weltordnung zu gestalten, wurden durch die Westmächte praktische politische Schritte unternommen, die im Gegensatz zu den gemeinsamen Festlegungen standen. In den von den USA und Großbritannien besetzten Ländern (Deutschland, Italien, Niederlande, Luxemburg, Griechenland) aber auch in Frankreich wurde das Streben der Massen, den antifaschistischen Befreiungskampf in demokratischen Maßnahmen zu materialisieren, verhindert.
Auch in den befreiten Staaten Ost- und Mitteleuropas sollte alles beim Alten bleiben. Polen, Rumänien, Jugoslawien sind Beispiel dafür. Gleichzeitig wurden die reaktionären Regime in Spanien und Portugal gestützt.
In den Ländern Osteuropas wurde die Angst der Westmächte vor einer volksdemokratischen Entwicklung zur Ursache für die Propagierung eines Feindbildes, dessen Grundkonzeption im Wiederbeleben des seit 1917 betriebenen Antikommunismus und Antisowjetismus bestand.
Schließlich wurde – als eines der ersten Produkte des „kalten Krieges“ und als Instrument zur Verwirklichung der Doktrin der „Zurückdrängung des Kommunismus“ – am 4. April 1949 die NATO gegründet. Damit haben sich die Gründer einen militärisch-politischen Mechanismus geschaffen, ihre „Politik der Stärke“ durchzusetzen, ihre aggressive Politik gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten zu verwirklichen, die Vorherrschaft der USA über Westeuropa zu festigen und das Potenzial der beteiligten Länder zur Erreichung dieser Ziele einzusetzen. Die Gründung der NATO führte dementsprechend zur Untergrabung der Vereinbarungen der Anti-Hitler-Koalition, zur Verschärfung der Spannungen in Europa und weltweit.
Die Gründung der BRD und ihre folgende Eingliederung in die NATO verstärkte ihre reaktionäre und aggressive Ausrichtung. Es folgte bekanntlich die Unterzeichnung der „Pariser Verträge“. Damit wurde die auf Revision der Ergebnisse des zweiten Weltkrieges abzielende Politik der Adenauer-Regierung, einschließlich der Negierung der Existenz der DDR, offiziell zum Bestandteil der Politik des NATO-Paktes gemacht. Die antisowjetische und antisozialistische Stoßrichtung wurde verschärft und die Revision der Vereinbarungen von Jalta und Potsdam wurden als Programm für alle Mitglieder angenommen.
Die Wirklichkeit widersprach immer offensichtlicher den Erklärungen vom „Verteidigungscharakter“ der NATO!
Als Folge dieser Entwicklungen erfolgte im Mai 1955 die Gründung der Organisation des Warschauer Vertrages. Dem gingen aber zahlreiche Schritte voraus, die diesen Schritt unnötig machen sollten. Bereits vor der Gründung der NATO hat das Außenministerium der UdSSR am 29. Januar 1949 in einer Erklärung darauf hingewiesen, dass dies die Anti-Hitler-Koalition zerschlagen und die Grundsätze der UNO-Charta bedroht und untergraben werde. Nur kurze Zeit später hat die Regierung der Sowjetunion am 31. März 1949 in einem Memorandum an die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs und Kanadas darauf aufmerksam gemacht, dass der NATO-Vertrag „nichts Gemeinsames mit den Zielen der Selbstverteidigung der Mitgliedstaaten des Vertrages (hat), die niemand angreift und auf die niemand einen Überfall vorbereitet“. Die NATO sei im Gegenteil gegen die Sowjetunion gerichtet, was nicht einmal ihre Vertreter bestreiten.
Durch die Westmächte unberücksichtigt blieb auch der Vorstoß der UdSSR in der Vollversammlung der UNO im Herbst 1949, die Politik der Schaffung aggressiver Militärblöcke zu verurteilen, die Militärstützpunkte auf fremden Territorien aufzulösen und den USA, Großbritannien, China, Frankreich und der UdSSR vorzuschlagen, einen Vertrag zur Festigung des Friedens untereinander abzuschließen.
Von den Westmächten wurde aber die aggressive Ausrichtung ihrer Politik gegen die Sowjetunion auf der Tagung ihrer Außenminister im September 1950 in New York und auf der im gleichen Monat durchgeführten Tagung des NATO-Rates bekräftigt. Hier wurden weitreichende Beschlüsse zur Stärkung der Kräfte in der BRD gefasst, die Revanchismus und Militarismus auf ihren Fahnen geschrieben hatten. Die Tagung billigte die Beteiligung der BRD an einer gemeinsamen Streitmacht der NATO „zur Verteidigung Westeuropas“.
Die Sowjetunion reagierte mit Treue zu ihrer Linie und legte der Berliner Außenministerkonferenz der vier Mächte im Januar/Februar 1954 Vorschläge zur Gewährleistung einer kollektiven Sicherheit in Europa vor. Ihr Entwurf sah die Schaffung eines Sicherheitssystems vor, das sich auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen allen europäischen Staaten zum Zwecke der Verminderung einer Aggression und der kollektiven Verhinderung eines jeden Versuchs, den Frieden in Europa zu verletzen, stützen sollte. Die von Antikommunismus und Antisowjetismus geprägte Haltung der Westmächte machte es unmöglich, kollektive und konstruktive Alternative zu verwirklichen. Vor der Öffentlichkeit wurden erneut die zwei unterschiedlichen Konzeptionen zur Gestaltung friedlicher Beziehungen zwischen den europäischen Staaten deutlich!
Die UdSSR ging aber noch einen Schritt weiter. Mit Note vom 31. März 1954 unterbreitete sie den Vorschlag, gemeinsam mit anderen interessierten Staaten die Frage der Teilnahme der UdSSR am Nordatlantikvertrag zu erörtern. Am 7. Mai wird das Anliegen der UdSSR von der NATO zurückgewiesen. Damit wird bestätigt, dass die NATO in Wirklichkeit nicht, wie proklamiert, gemeinsame Sicherheit anstrebt, sondern die Politik der militärischen Stärke verfolgt.
Die UdSSR bekräftigte aber ihren Friedenswillen, indem sie im Herbst 1954 der Vollversammlung der UNO ein umfassendes Programm gegen die Gefahr eines neuen Weltkrieges, für die Festigung des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern vorschlug.
Angesichts der Verschärfung der Lage, die durch die Ratifizierung der Pariser Vertrage und ihr Inkrafttreten am 5. Mai 1955, durch die Aufnahme der BRD in diee NATO charakterisiert war, tagte vom 11. bis 14. Mai 1955 in Warschau die zweite Konferenz europäischer Staaten zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit in Europa. Teilnehmer waren die UdSSR, Polen, die CSR, Rumänien, Bulgarien, Albanien und die DDR. Die VR China war durch einen Beobachter vertreten. Im Unterschied zum Verhalten der NATO wurden auch andere Staaten, unabhängig von ihrer Gesellschaftsordnung ausdrücklich eingeladen, Mitglied zu werden. Als Bedingung für die Mitgliedschaft wurde die Bereitschaft genannt, sich für die Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit der Völker einzusetzen. Demzufolge blieb der Weg in die Warschauer Vertragsorganisation keinem europäischen Staat, der an der Aufrechterhaltung des Friedens interessiert war, verschlossen!
Der friedliche Charakter der Warschauer Vertragsorganisation wurde auch darin sichtbar, dass Art. 11 vorsah, dass im Falle des Zustandekommens eines Systems der kollektiven Sicherheit in Europa und des Abschlusses eines dementsprechenden gesamteuropäischen Vertrages der Warschauer Vertrag seine Gültigkeit verliert.
Im Unterschied zur NATO und zur Adenauer-Regierung behielt die DDR die volle Handlungsfreiheit in allen inneren und äußeren Fragen, einschließlich des Rechts, aus dem Vertrag austreten zu können, wenn dies im Interesse des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland und einer nationalen Wiedervereinigung notwendig sein würde. Die Mitlieder der Warschauer Vertragsorganisation nahmen zustimmend eine Erklärung von DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl zur Kenntnis, in der es hieß: „Bei der Unterzeichnung des vorliegenden Vertrages über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand geht die Regierung der Deutsche Demokratischen Republik davon aus, dass das wiedervereinigte Deutschland von den Verpflichtungen frei sein wird, die ein Teil Deutschlands in militärpolitischen Verträgen und Abkommen, die vor der Wiedervereinigung abgeschlossen wurden, eingegangen ist“.
Der Warschauer Vertrag war also nie gegen konstruktive, Frieden und Sicherheit der Völker herbeiführende Lösungen der europäischen und der Fragen der einzelnen Staaten gerichtet. Er eröffnete sogar Wege, derartige Fragen in Übereinstimmung mit den nationalen und internationalen Interessen der Staaten zu lösen. Er war ein Schritt in Richtung Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit der Staaten.
Von den Konferenzen in Jalta und Potsdam spannt sich ein Bogen bis zur Helsinki-Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Initiiert wurde die Konferenz von den Warschauer Vertragsstaaten auf ihrer Beratung vom Januar 1965 in Warschau. Auf der folgenden Bukarester Tagung im Juli 1966 haben diese Staaten ein komplexes Programm vorgelegt, das die Inhalte und Schritte auf dem Weg zu Frieden und Sicherheit enthielt. Es diente als Grundlage auf dem Weg nach Helsinki.
Mit der Annahme der Schlussakte von Helsinki-Konferenz (1976) vereinbarten erstmalig die Staaten des Warschauer Vertrages, die Staaten der NATO und die europäischen neutralen und nichtpaktgebundenen Staaten gemeinsam qualitativ neue politische und völkerrechtliche Grundlagen zur Gewährleistung der Sicherheit, der Entspannung, der gleichberechtigten Zusammenarbeit der Völker und Staaten in Europa. Sie fanden ihren Ausdruck vor allem in der Anerkennung der politischen und territorialen Realitäten, wie sie sich in Ergebnis des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegsentwicklung in Europa herausgebildet hatten. Ausgehend von den in Jalta und Potsdam vereinbarten Prinzipien für die friedliche Nachkriegsregelung wurde die in den Verträgen der BRD mit Moskau, Warschau, Berlin und Prag bilateral vollzogene völkerrechtliche Anerkennung der Grenzen und Territorien der Staaten in Europa nunmehr in der Schlussakte durch alle europäischen Staaten sowie die USA und Kanada multilateral bekräftigt.
Zugleich wurde in der Schlussakte der KSZE ein Kodex grundlegender völkerrechtlicher Prinzipien zur Gewährleistung der Sicherheit und der Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den Staaten unterschiedlicher Gesellschaftssysteme fixiert.
Erfolge wurden missbraucht
Der Verlauf der Ereignisse danach zeigt, dass die positiven Ergebnisse des gesamten Prozesses missbraucht wurden, um sich in die inneren Angelegenheiten der UdSSR und der anderen sozialistischen Länder einzumischen, die sozialistischen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse zu beseitigen und die Staatlichkeit der UdSSR, der CSSR und auch Jugoslawiens zu zerschlagen. Unter der Tarnbezeichnung der Demokratisierung und der „Transformation“ wurden kapitalistische Verhältnisse restauriert und auf dieser Grundlage in die NATO und EU integriert. Unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse wurde ein Zustand wieder hergestellt, der in Widerspruch von Jalta und Potsdam steht. Es wurden die ursächlichen Bedingungen geschaffen, die zur aktuellen, in mehrerlei Hinsicht bedrohlichen Situation führten.
Russland im Visier
Der Erfolg beim „Zurückrollen des Kommunismus“ in Europa bedeutete aber nicht – wie von manchem behauptet – das Ende der Geschichte (Kohl), oder das Ende jeglicher Auseinandersetzung in den internationalen Beziehungen. Diese wurden durch die USA und die anderen NATO-Mächte mit anderen Mitteln und verbunden mit einer Reihe heißer Kriege weitergeführt und vor allem gegen Russland und auf seine Einkreisung gerichtet. Die USA und die NATO-Mächte kämpften nicht mehr gegen das „kommunistische Regime“, sondern nahmen jetzt wieder Russland, seine Staatlichkeit und seine Reichtümer ins Visier.
Sie schufen damit zugleich ein internationales Kräfteverhältnis, das es ihnen ermöglichte, einen Prozess der Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges und der politischen, territorialen und gesellschaftlichen Nachkriegsentwicklung in Europa zu gestalten.
Aktuelles
Angesichts der Entwicklung in Zusammenhang mit dem zweiten Amtsantritt von USA-Präsident Donald Trump haben sich nicht nur in Fragen wie der Lösung der Probleme in der Ukraine, sondern auch im Verhältnis der USA zu den internationalen Akteuren wie EU, VR China und Russland herausgebildet.
Das Potenzial der USA ist noch immer groß genug, um seine geostrategischen Interessen international zu erfechten. Aber sie müssen das zunehmend in einer Zeit tun, in der die unipolare Welt unter die Hegemonie der USA ihrem Ende zugehen, neue Einflusszentren entstehen und mit ihnen sich alte und neue Widersprüche verflechten und verschärfen.
Dazu zählt auch das neuerlich offene Aufbrechen der Widersprüche zwischen den EU-Mächten und den USA, zwischen den Staaten in Osteuropa und den EU-Mächten. Die Anzahl der Akteure, der Variablen und Konstanten sowie der widersprüchlichen Vorgänge haben dabei gefährliche Ausmaße angenommen.
Das heißt aber nicht, dass die USA ihr Vorhaben aufgegeben hätten, die Verhältnisse in Europa und in der EU sowie in der NATO nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Allerdings ist offensichtlich, dass sich dabei die Widersprüche derart verstärken, dass die USA sich veranlasst sehen, den politischen Kampf mit Deutschland und den anderen EU- bzw. NATO-Mächten offen auszutragen, ihre Positionen in Osteuropa auch gegen den zunehmenden Widerstand der EU-Mächte zu behaupten.
Es wäre aber gefährlich, zu übersehen, dass nach wie vor alle Mächte der EU und der NATO das Ziel verfolgen, Russland zu destabilisieren. Am besten, nach der Zerschlagung der Sowjetunion, nun auch die Staatlichkeit Russlands zu zerschlagen. Die Wirtschaft sollte durch Zerstörung und Sanktionen im zweistelligen Prozentbereich schrumpfen. Als Folge erwartete man Massendemonstrationen, die man dann nur noch finanziell und logistisch hätte „unterstützen“ müssen. Man hätte das propagandistisch auch noch als „Demokratie“ darstellen können. Das größte Land wäre in Unruhen versunken, hätte sein Gleichgewicht verloren und man hätte dem Drehbuch des „Regime Change“, des Kiewer Maidan und dem Vorgehen in Osteuropa folgen können. Eine genehme Regierung hätte das Land und die russische Außenpolitik auf Gleise gestellt, die den hegemonialen Ansprüchen des Imperialismus entsprechen. Die Bedingungen wären sogar viel günstiger gewesen als in den Zeiten von Jakowlew, Gorbatschow und Jelzin. Nachzulesen ist derartiges u.a. in einer Studie der Rand-Stiftung von 2019 unter dem Titel: „Extending Russia – Compering from Advantageous Ground“.
Aber außer solchen, direkt auf Russland bezogenen Ziele, erhoffte man sich auch noch weitere Entwicklungen, die die Weltordnung völlig zum Vorteil der USA und der anderen Großmächte der Monopole verändert hätte. Mit einem Russland ohne Souveränität, bzw. mit dem, was von Russland noch übrig geblieben wäre, hätte China seinen größten Partner verloren und wäre damit geschwächt gewesen. Die Entwicklungsländer hätten eine wichtige Stütze verloren. Der militärisch-industrielle Komplex der USA wäre innenpolitisch und international gestärkt gewesen. Die Atommacht Russland, die der Außenpolitik der USA wirksam entgegen wirkt, wäre ebenfalls verschwunden bzw. weitgehend unwirksam geworden. Russland, das ständige Mitglied im UNO-Sicherheitsrat, hätte höchstens die Rolle eines Gehilfen der USA spielen können usw.
Nachdem alle derartigen Ziele durch die Kontrolle der USA über die EU, durch die Besetzung Osteuropas und die Kämpfe in der Ukraine nicht erreicht werden konnten, standen und stehen die USA vor der Aufgabe, sich neu zu orientieren. Das ist ein Teil der Problematik, die den Wiederaufstieg Trumps und seine inhaltlichen Schritte zur teilweisen Umstellung der Außenpolitik der USA erklärt.
Mit einer Politik unter der Losung „Make Amerika Great Again“ streben sie danach, bestimmte imperialistische Faktoren im Leben der Vereinigten Staaten von Amerika erneut zu stärken!
Dazu zählt in erster Linie die Wirtschaft. Im Vergleich dürfte das Gewicht einer Politik geringer sein, die sich bei der Absicherung der Vorherrschaft der USA einseitig auf das Dollar-System stützt. Das bedeutet nicht, dass man bereit wäre, das Dollar-System aufzugeben. Auch die Trump-Administration ist an den Vorteilen interessiert, die dies für die USA mit sich bringt. Bevorzugt dürften aber Elemente sein, die größere Gewissheit geben, dass die USA in Bezug auf die materielle Produktion auf hohem wissenschaftlich-technischem Niveau zu den führenden Ländern gehört, verstärkt.
Es scheint, dass die wirtschaftliche Komponente, das produktive Kapital wieder stärker bestimmend in die Politik eingebracht werden soll. Offensichtlich ist das Bestreben, die neuesten Technologien, die insbesondere mit dem Weltraum zu tun haben (siehe Musk), die damit verbundenen Forschungsbereiche, nicht anderen überlassen werden sollen.
Die USA sollen wieder zu einem Produktionszentrum werden, insbesondere für High-Tech-Produkte. Neben anderen Aspekten, spielt dabei auch die Tatsache eine große Rolle, dass man hofft, auf diese Weise auch den Wettbewerb mit der VR China zu gewinnen.
Insgesamt könnte damit zugleich eine Tendenz in der Außenpolitik eingeleitet werden, die den ökonomischen Wettbewerb in der internationalen Auseinandersetzung wieder stärker in der Liste der Prioritäten nach oben klettern lässt.
Daraus kann auch eine Veränderung der Rolle des bestehenden Systems der Militärstützpunkte in verschiedenen Teilen der Welt erwachsen. Aber nicht ein Aufgeben dieses Systems, das ja zum Wesen dieser Gesellschaft gehört.
Auf jeden Fall erwachsen daraus auch Konsequenzen für die Beziehungen der USA zur EU und zu den Großmächten der Kapitalherrschaft. Es ist zu erwarten, dass eine solche Entwicklung die Elemente der Konkurrenz in ihren gegenseitigen Beziehungen verstärkt.
Auch normale Beziehungen zwischen Deutschland bzw. der EU-Macht Deutschland und Russland sind in ihren Augen ein Hindernis auf dem Weg zum Ziel. Deshalb dürfte erneut größeres Gewicht erlangen, was der Kenner der Vorgänge hinter den Kulissen der amerikanischen Politik, Gerge Friedman, 2015 so beschrieben hat: „Das Hauptinteresse der USA-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und im Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse galt sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt“.
In Verfolgung ihrer Ziele haben die USA das konkrete Verhalten, je nach Situation, gegenüber Russland und auch Deutschland geändert, aber nicht die Ziele.
Hinzu kommt die Konkurrenz zwischen den USA und Deutschland bzw. den Mächten der EU um die Vorherrschaft in den ehemals sozialistischen Staaten in Europa. Derselbe George Friedman: „Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass die USA einen ‚Cordon Sanitaire‘ um Russland herum aufbauen“. Und er fügte hinzu: „Es geht um die Präpositionierung von Truppen in Rumänien, Bulgarien, Polen und die baltischen Staaten – das Intermarium, das Territorium zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee, wovon Pilsudski träumte. Das ist die bevorzugte Lösung für die USA“.
Das bedeutet nichts anderes, als eine Revision der Vereinbarungen von Jalta und Potsdam und der Ergebnisse der Helsinki-Konferenz über europäische Sicherheit und Zusammenarbeit!
Genau so wenig haben die USA – und dabei stimmen ihre Ziele mit denen der anderen EU- und NATO- Mächte überein – darauf verzichtet, in das Verhältnis zwischen Russland und der VR China Widersprüche hineinzutragen, um das Bündnis und jedes der zwei Länder zu schwächen und beider Einfluss auf die Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zumindest zu neutralisieren, um eine neue Weltordnung nach dem Muster der imperialistischen Interessen der USA gestalten zu können.
Die USA werden weiter bestrebt sein, Russland zu kontrollieren und – wenn es geht – zu beherrschen.
Auf jeden Fall werden sie versuchen, ihre Ziele, die sie schon vor, während und nach dem 2. Weltkrieg verfolgt haben, und die Anfang der 1990er Jahre so greifbar nah schienen, zu realisieren.
Unter diesem Gesichtspunkt und zugleich mit dem Blick auf die Schaffung einer Neuen Weltordnung, die erneut an Jalta und Potsdam sowie an den Ergebnissen der Helsinki-Konferenz anknüpft und Bedingungen für eine friedliche, auf Gleichberechtigung und gegenseitiger Achtung aufbauende Zusammenarbeit schafft, erweist sich die Entwicklung der VR China und Russlands, des Verhältnisses der beiden Mächte zueinander sowie ihr übereinstimmendes Agieren in den Kernfragen der internationalen Beziehungen der Gegenwart.
Dabei ist von großer Bedeutung, dass sich die VR China auf der Grundlage ihrer ökonomischen und wissenschaftlich-technischen Fortschritte und ihres Potenzials sich – im Unterschied zu den Möglichkeiten während der Existenz der Sowjetunion, vor ihrer Zerschlagung – aktiv an der internationalen Arbeitsteilung beteiligt und als Hauptakteur auf dem Weltmarkt auftritt, der dabei ist, die USA von ihrer allein führenden Position zu verdrängen.
Ihre Anziehungskraft und ihre Position als internationaler Partner für andere Länder wächst und hat stabile materielle Grundlagen. Die Position als stabile globale Wirtschaftsmacht erhöht auch ihre Anziehungskraft auf andere Länder und trägt wesentlich zur Formung des antiimperialistischen Bündnisses bei. Die Entwicklung der BRICS aber auch von SOZ sind anschauliche und überzeugende Beispiele.
Dabei erweist sich das enge, vertrauensvolle Verhältnis zwischen China und Russland als wirkungsvoller Faktor, der den Wendungen und Unsicherheiten des internationalen Umfelds stabil und mit entsprechender Widerstandsfähigkeit begegnet. Die Entwicklung und das Verhältnis beider Staaten zueinander und in den Fragen des internationalen Friedens und der Sicherheit und Zusammenarbeit sind zu einem Kernelement im Ringen um eine gerechte neue Weltordnung geworden. Dieser Prozess zeigt sowohl ökonomisch, politisch und auch militärisch positive Wirkungen auf die Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses zugunsten von Frieden, Sicherheit und gleichberechtigte Zusammenarbeit der Staaten. Er wirkt mobilisierend auch auf die sozialen und demokratischen Kräfte weltweit. Die strategische Koordinierung, die gegenseitige Unterstützung und die Wahrung ihrer legitimen nationalen Interessen erfolgen in Übereinstimmung mit den Erfordernissen friedlicher internationaler Bedingungen, der internationalen Sicherheit und den Interessen der Völker an stabiler Entwicklung. Damit sind sie Vorreiter und Träger entscheidender Elemente einer Neuen Weltordnung.
Die Intensität, die Qualität und der Umfang der chinesisch-russischen Beziehungen haben ein stabil hohes Niveau erreicht, das Unsicherheiten aus dem externen Umfeld mit hoher Stabilität und Widerstandsfähigkeit bewältigen kann.
Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
Der Text ist vorgesehen für die Buchpublikation von ISOR/OKV anlässlich der Konferenz „Frieden mit Russland“ am 24. März 2025 in Neuenhagen bei Berlin. Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Bild oben: Der britische Premierminister Winston Churchill, US-Präsident Harry S. Truman und der sowjetische Staatschef Josef Stalin im Garten des Schlosses Cecilienhof vor ihrem Treffen zur Potsdamer Konferenz in Potsdam, Deutschland, 25. Juli 1945
Foto: National Archives and Records Administration. Office of Presidential Libraries. Harry S. Truman Library. – National Archives and Records Administration, Public Domain
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