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Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion: Zugleich ein US-Stellvertreter-Krieg

von Dr. Werner Rügemer

Die USA unterstützten die Sowjetunion gegen den Überfall der Hitler-Wehrmacht –  das ist weltweit bekannt. Aber zuvor hatten die USA Hitler politisch gefördert, die Hitler-Wehrmacht zur modernsten Armee ausgerüstet, hatten auch die anderen faschistischen Diktaturen Mussolini, Salazar, Franco und auch Tschiang KaiShek in China unterstützt. US-Konzerne und Wall Street-Banken unterstützten dann Hitler-Deutschland auch im Krieg – so wurde der Eroberungs- und Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion erst durch die vielgestaltige US-Förderung in dieser Dimension zum bisher größten US-Stellvertreterkrieg gegen den gemeinsamen Hauptfeind.*

I. Versailles: Gegenentwurf zur „kommunistischen Weltrevolution“

Die Versailler „Friedens“konferenz nach dem 1. Weltkrieg galt unter Führung von US-Präsident Woodrow Wilson nicht dem Frieden, sondern im „nationalen Interesse“ der USA dem Kampf gegen das Vordringen der „bolschewistischen Doktrin nach Westen“.

Als sich abgezeichnet hatte, dass die sozialistische Revolution unter Lenin erfolgreich blieb, wegen der Unterstützung im Volk, hatten die USA 1918 noch während des Krieges die Invasion in Russland organisiert, nicht nur mit den Alliierten, sondern auch zusammen mit dem Deutschen Kaiserreich, dem verteufelten Todfeind. Auch wurden antikoloniale Kräfte von Wilson in Versailles abgewiesen, so etwa die vietnamesische Befreiungsbewegung unter Ho Chi Minh, die um Hilfe gebeten hatte.

US-Stellvertreter: Faschistische Dikatoren weltweit

Die USA hatten im 1. Weltkrieg die europäischen Alliierten kreditiert und ausgerüstet. Damit beschleunigten US-Konzerne und Banken nach dem Krieg ihre Investitionen in Europa. Zur Absicherung förderten die USA alle faschistischen Diktatoren, die Arbeiterbewegungen und Demokratie zerstörten.

Italien: Mussolini

Es begann mit Benito Mussolini. Wie in vielen europäischen Staaten hatten auch in Italien seit 1917 Arbeiter gegen den Krieg gestreikt. Nach dem Krieg bildeten sich landesweit Arbeiterräte. 1920 hatten etwa eine Million Arbeiter ihre Fabriken besetzt. Die Zeitung L’Ordine Nuovo (Die neue Ordnung) der Kommunistischen Partei unter Antonio Gramsci fand Zuspruch.

Doch die faschistischen Schwarzhemden-Trupps des gewendeten Ex-Sozialisten Benito Mussolini knüppelten und schossen den Generalstreik brutal nieder. Nach dem Marsch auf Rom 1922 wurde Mussolini von König Emmanuele III. als neuer Regierungschef inthronisiert. Er war der „Führer“, der Duce.

Er wurde in den USA als europäische Leitfigur gefeiert. Elbert Gary, mit den Bankern  John Pierpont Morgan und Andrew Carnegie Gründer des fusionierten Stahlkonzerns US Steel, forderte 1923: „Auch wir brauchen einen Mann wie Mussolini“. Henry Luce, Herusgeber der Magazine Time, Fortune und Life, präsentierte den Duce als „den wichtigsten politischen Führer der Gegenwart.“ Der US-Botschafter in Italien, Washburn Child, trat gegen alle diplomatischen Gepflogenheiten in die faschistische Partei ein.

Die USA verklärten ihr Eindringen in Italien als Hilfe für den Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Landes – wie in Deutschland und anderen Staaten Europas. Der Duce versprach den staatlichen Schutz für ausländische Investitionen und förderte die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen. Der von den US-Konzernen gelobte corporate state und sein Verbot der Gewerkschaften garantierten niedrige Löhne. US-Konzerne kauften Anteile an den wichtigsten italienischen Unternehmen, so an FIAT (Autos), Pirelli (Autoreifen), Montecatini (Chemie). Ford eröffnete eine Fabrik.

1935 überfiel Italien die Kolonie Äthiopien („Abessinienkrieg“). Es wurde der bis dahin höchstmotorisierte Krieg, durch die Kriegsfahrzeuge und das Benzin aus den USA, von Ford, General Motors (GM) und Standard Oil.

Portugal: Salazar

In Portugal entstand 1910 durch eine Revolution eine demokratisch-parlamentarische Republik, die Monarchie wurde abgeschafft. Auch hier waren die alten Kräfte der Großagrarier, der Kirche, der wenigen Industriellen und des Militärs dagegen. Nach einem Generalsputsch wurde der Öknomie-Professor Antonio Salazar 1928 zunächst als Finanzminister eingesetzt, regierte dann ab 1932 als Diktator nach Mussolinis Vorbild, ebenfalls in enger Verbindung mit dem Vatikan. Sein wichtigstes Ziel: „Portugal vor dem Kommunismus retten!“

In den USA schwärmte das Magazin Life 1940 vom „bei weitem besten Diktator der Welt, dem größten Portugiesen seit Heinrich dem Seefahrer.“ Die Fordham Uiversity in New York verlieh Salazar 1938 die Ehrendoktorwürde.

Spanien: Franco

General Franco, verheiratet mit der Erbin eines adligen Großgrundbesitzers, ließ sich ebenfalls als „Führer“ (Caudillo) feiern. Er organisierte 1936 den Putsch gegen die Regierung in Madrid. Hitler half mit Soldaten, Waffen, Geld, Kriegsschiffen, Flugzeugen.

Trotz der vom US-Kongress beschlossenen Neutralität lieferte DuPont Bomben, Ford, Studebaker und GM lieferten 12.000 Militärfahrzeuge. Texas Oil und Standard Oil lieferten Treibstoffe. Die Roosevelt-Regierung anerkannte 1939 die faschistische Franco-Regierung sofort nach deren Sieg, gemeinsam mit Hitler-Deutschland und dem Vatikan.

China: Tschiang KeiShek

1925, nach dem Tod Sun Yatsens, Initiator der 1912 gegründeten Republik China, setzten sich die alten feudalen Oligarchen-Clans durch. Ihre Führungsfigur war der Hitler-Fan Tschiang Kai-shek: „Was China am meisten braucht ist Faschismus.“ Neben Hitler-Deutschland unterstützten die USA den chinesischen Diktator: General  Joseph Stilwell wurde Tschiangs Generalstabschef.

Für den Kampf gegen die Volksbefreiungsarmee unter Mao Tse Tung zahlten die USA die Gehälter der 4,3 Millionen Militärs sowie für Flugzeuge, Artillerie, Gewehre und Munition. Auch die persönliche luxuriöse Lebensführung Tschiangs wurde finanziert, nach dem Motto: „Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.“

Deutschland: Adolf Hitler

Henry Ford war nach dem 1. Weltkrieg der erfolgreichste US-Unternehmer, auch international. Ab 1919 gründete er Filialen in Europa, in Irland, Dänemark, Spanien, Frankreich, 1922 in Italien, 1924 in den Niederlanden und Schweden, 1925 die erste Filiale in Deutschland – die zweite sollte 1930 folgen.

Der Gewerkschaftshasser Ford entdeckte neben Mussolini 1922 auch den noch unbekannten Adolf Hitler – und Hitler hatte auch schon Ford entdeckt. Der Reporter der New York Times besuchte Hitler im Dezember 1922 in dessen Hauptquartier in München, berichtete über das Foto Fords und die antisemitischen Schriften Fords auf Hitlers Schreibtisch sowie über die bereits begonnene Unterstützung Fords für den »antisemitischen bayerischen Parteichef«. So unterstützte Ford den Putschversuch der Hitler-Truppe 1923 in München und zahlte ab dann jährlich 50.000 Dollar an Hitler zu dessen Geburtstag. Großindustrielle aus Deutschland, dann auch aus der Schweiz und den Niederlanden kamen erst Jahren später als Sponsoren hinzu.

So hatten sich US-Konzerne 1929 mit 1.300 Filialen in Westeuropa etabliert, hatten auch Aktien wichtiger Unternehmen gekauft, hatten den Markt für US-Waren geöffnet, vor allem in Deutschland, hier auch mithilfe der Kreditprogramme Dawes-Plan (1924) und Young-Plan (1930). So waren in Deutschland Anfang der 1930er Jahren die führenden US-Konzerne präsent, etwa Ford, GM, Otis Elevator, Remington, Goodyear, DuPont, Coca Cola, IBM, ITT, Texaco, United Fruit, American Metal, John Deere, International Harvester, Standard Oil, Singer.

Fox Tönende Wochenschau, die deutsche Tochterfirma des Hollywood-Konzerns 20th Century Fox, produzierte schon vor 1933 Werbefilme für Hitlers Wahlkämpfe mit Titeln wie »Der Führer« und »Hitlers Kampf um Deutschland«. Goebbels war überzeugt: Hollywood-Filme sind die bessere Propaganda, weil man die Propaganda nicht bemerkt. Goebbels schickte Regisseure wie Leni Riefenstahl nach Hollywood zum Lernen. Nazi-Deutschland wurde zum größten Käufer von Hollywood-Filmen.

US-Konzerne: Hitler ist besser als Roosevelt

Die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft (DAPG, später Esso) war eine 100-Prozent-Tochter von Standard Oil: DPAG-Chef Emil Helfferich wurde sofort 1933 Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS, auch Himmler-Kreis genannt.

Den US-Konzernen war Hitler näher als Roosevelts New Deal: In den USA bekämpften sie die Arbeitsgesetze und setzten professionelle Gewerkschaftsfeinde (union buster, spezialisierte Agenturen wie die Pinkerton Detective Agency) gegen Gewerkschaften und Belegschaftsvertreter ein.

Mit der Aufrüstung unter Hitler ab 1935 produzierten Ford, GM und Chrysler in ihren westeuropäischen und vor allem deutschen Filialen zehntausende  Militärfahrzeuge für die Wehrmacht. GM und Ford produzierten schließlich fast 90 Prozent der gepanzerten 3-Tonnen-Leichtkraftwagen und 70 Prozent der mittleren und Schwer-Lkw. Ford stellte von Pkw auf Kriegs-Lkw um und erreichte den weitaus größten Produktionsumfang im Kriegsjahr 1944.

Pratt&Withney und Boeing produzierten Antriebe für Raketen und Kampfflugzeuge. ITT war am Hersteller von Jagdflugzeugen beteiligt, Focke-Wulf. ITT produzierte in der aufgekauften Firma Huth Radarteile.

US-Konzerne: Wir sind „judenfrei“

Schon 1930, drei Jahre vor Hitlers Machtantritt, stellte GM in Rüsselsheim ein NSDAP-Mitglied in der Werkszeitschrift Opel-Geist als Redakteur ein. Dieses Blatt propagierte im Nazi-Jargon den »Willen zur Werksgemeinschaft«. Das sei ein Bestandteil des Wiederaufstiegs »unseres Volkes« bis zum »endgültigen Sieg«.

Auch die Aussonderung von Juden vollzogen US-Filialen nach 1933 mit. Ford Deutschland erklärte 1936, man werde »nur noch mit arischem Personal« arbeiten. GM trennte sich von jüdischen Zulieferern. Als »judenfrei« präsentierten sich auch andere US-Unternehmen. »Coca-Cola eiskalt«-Transparente hingen bei Goebbels’ Propagandareden im Sportpalast neben dem Hakenkreuz. Coca-Cola-Wagen begleiteten Aufmärsche der Hitlerjugend. Coca-Cola schaltete Werbung im Reichsrundfunk, in Partei- und Tageszeitungen, in populären Illustrierten und im führenden Antisemitenblatt „Der Stürmer“. Coca Cola wurde offizieller Getränkesponsor der Olympiade 1936 in Berlin. Das Unternehmen agierte als Teil des NS-Staates – wie es auch als Teil des US-Staates agierte.

IBM hatte 1925 das deutsche Datenverarbeitungs-Unternehmen Dehomag gekauft. Mit Hitlers Regierungsantritt gingen die Umsätze in Deutschland sprunghaft in die Höhe. »Wir sezieren den deutschen Volkskörper«, erklärte der Geschäftsführer der 1934 eröffneten IBM-Produktionsstätte in Berlin.

 Hitler-Orden für US-Konzernchefs: Ford, IBM, GM

1937 hatte Hitler den Verdienstorden vom Deutschen Adler (DAO) eingerichtet, für Ausländer, die sich um das Deutsche Reich verdient machten. Als einer der ersten erhielt ihn IBM-Chef Thomas Watson: Er hatte durchgesetzt, dass die Jahrestagung der Internationalen Handelskammer 1937 mit 2.500 Delegierten aus 42 Staaten in Berlin stattfand. Man tagte unter Hakenkreuzfahnen in der Kroll-Oper, dem Sitz des Reichstags.

Henry Ford erhielt den Orden 1938 zu seinem 75. Geburtstag. James Mooney, als Vizepräsident von GM für die Auslandsfilialen zuständig, erhielt im selben Jahre den Adlerorden in Gold.

USA retten die Olympiade 1936 für Hitler in Berlin

1931 hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Olympiade 1936 an Deutschland vergeben. Doch ab 1933 wurden in NS-Deutschland Juden aus Sportvereinen ausgeschlossen.

Deshalb wurde im Vorfeld der Spiele weltweit gegen die Abhaltung der Spiele in Deutschland protestiert. Als einzige Regierungen schlossen sich die sowjetische und die republikanische in Spanien an. Doch der Präsident des Amerikanischen Olympischen Komitees (AOC), Avery Brundage, organisierte die internationale Gegenbewegung. Brundage, größter  Immobilieninvestor in Chicago, bewunderte Hitler und war bekennender Antisemit. »In meinem Club in Chicago sind auch keine Juden zugelassen.“ Die Boykottbewegung sah er als „jüdisch-kommunistische Verschwörung“.

Auch der IOC-Vizepräsident Sigfrid Edström zog mit: Der Chef des schwedischen Elektronikkonzerns ASEA machte mit dem Deutschen Reich gute Geschäfte. Ebenso beteiligte sich Karl Ritter von Halt, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS, führender deutscher Sportfunktionär und seit 1929 Mitglied des IOC. Auch die faschistischen Achsenmächte Italien und Japan sowie das Apartheidsregime Südafrika warben für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin – sie fanden glänzend statt. Der erfolgreiche Organisator Brundage stieg danach auf, wurde 1952 IOC-Präsident und blieb es bis 1972. Noch 1971 bekannte er: „Die Berliner Spiele waren die schönsten der modernen Zeit.“

Nazikritischer US-Botschafter in Berlin: Durch Hitler-Fan ersetzt

1933 hatte US-Präsident Roosevelt den Historiker William Dodd als neuen Botschafter in Deutschland berufen. Er war überzeugter Liberaler und Bewunderer deutscher klassischer Kultur. Er kritisierte Nazi-Deutschland – und machte sich bei US-Konzernen, der Wall Street und im State Department immer unbeliebter.

Auf ihr Drängen wurde Dodd 1937 durch den Hitler-Fan Hugh Wilson ersetzt. Der lobte: Hitler habe »sein Volk aus moralischer und wirtschaftlicher Verzweiflung herausgeholt und zu Stolz und Wohlstand geführt … und Deutschland gegen kommunistische Einflüsse widerstandsfähig gemacht und Arbeiterforderungen nach höheren Löhnen unterdrückt«.

II. Wall Street finanziert Hitlers Kriege im Osten

Zusammen mit den faschistischen Regimen entwickelten die US-Kapitalisten ihre antikommunistische Global-Strategie. Das  Kriegsziel lautete: Amerikanisches Jahrhundert! Amerikanischer Imperialismus!

Wall Streets Medientycoon Henry Luce stellte sein Life-Editorial am 17. Februar 1940 unter die Überschrift »The American Century«. Das hatte der Council on Foreign Relations (CFR) vorberaten, in dem 1939 eingerichteten War and Peace Studies Project: »Das britische Empire wird niemals wiedererstehen … die Vereinigten Staaten werden seinen Platz einnehmen.« Für diesen American Imperialism müsse der wichtigste historische Faktor der letzten Jahrzehnte, nämlich »der Aufstand des internationalen Proletariats«, bekämpft werden: Man hatte dasselbe Ziel wie die Organisatoren des faschistischen Anti-Kominternpakts.

1941: USA unterstützen auch die Sowjetunion

Seit 1935 hatten die USA Hitler-Deutschland militärisch und technologisch  aufgerüstet. Bis 1941 hatte damit die Wehrmacht ihre Blitzkriege im Osten, Westen und Norden erfolgreich beendet und noch Griechenland und den Balkan besetzt. Am 22. Juni 1941 begann die Hauptkriegsaktion: Eroberung der Sowjetunion (»Unternehmen Barbarossa«).

Erst ab Oktober 1941 belieferten die USA auch die Sowjetunion, und nur zögerlich. Erst ab 1943, als die Sowjetunion Hitlers Blitzkrieg stoppte, schwenkten US-Konzerne und Roosevelt um. Nach dem Sieg des sowjetischen Militärs über die Wehrmacht bei Stalingrad begannen die ernsthaften US-Lieferungen. Aber die Sowjetunion bezahlte – im Unterschied zu den westlichen Verbündeten – alle Lieferungen mit harter Währung, mit Mangan- und Chromerzen und Gold.

 Wall Street finanziert Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion

1931 gründete Wall Street eine neue internationale Bank: Bank for International Settlements (BIS). So heißt sie noch heute und agiert als Zentralbank der Zentralbanken. Der Sitz wurde nach Basel in die Finanzoase Schweiz verlegt. Die Anteile wurden durch die Zentralbanken der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Belgiens und Japans eingezahlt. Die USA waren der größte Aktionär. Die deutsche Reichsbank blieb auch nach 1933 Aktionär. Hitler entsandte den  Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht in den Verwaltungsrat.

So wurde die BIS zu Hitlers Kriegsbank, unter US-Führung. 1938 übertrug sie nach dem »Anschluss« Österreichs das Gold der Nachbarrepublik an das Deutsche Reich. 1939 besetzte die deutsche Wehrmacht die Tschechoslowakei: Deren 23,1 Tonnen Gold überschrieb die BIS an die Deutsche Reichsbank. So wusch die BIS während des Krieges Nazi-Raubgold in gültige Devisen – Schweizer Franken, schwedische Kronen, portugiesische Escudos, US-Dollars: So konnte das NS-Regime kriegswichtige Güter im Ausland kaufen.

Die BIS lenkte etwa auch Arisierungsgewinne, die sich auf den Pariser Konten der Chase National Bank (Rockefeller) und Morgan ansammelten, zur Reichsbank. Allein Chase Manhattan fror »in enger Zusammenarbeit mit den NS- Behörden« etwa 100 Konten jüdischer Eigentümer ein.

 US-Produktion mit Sklavenarbeitern für die Wehrmacht

Gleichzeitig mit der Finanzierung setzten die USA auch die Rüstungslieferung an Hitler-Deutschland fort, so Ford in Köln und über Filialen in den von der Wehrmacht besetzten Staaten wie Frankreich, so auch GM. Der Einsatz von KZ-Häftlingen war selbstverständlich.

IBM lieferte die Daten etwa für die Kriegs- und Gefangenentransporte in Europa und die Erfassung der KZ-Häftlinge. ITT und General Electric als Großaktionäre beim Flugzeughersteller Focke- Wulf und bei AEG gehörten ebenfalls zu den Beschäftigern von Sklavenarbeitern.

US-Bastion Spanien liefert an Deutschland

Das faschistische Spanien wurde während des Krieges zu einer wichtigen US-Bastion in Europa. Spanien verkaufte mit US-Zustimmung das kriegswichtige Edelmetall Wolfram tonnenweise teuer an Deutschland  – die deutschen Rüstungskonzerne brauchten es für die Stahlhärtung bei Gewehren, Kanonen, Munition usw.

US-Konzerne wie Westinghouse, Ford, GM, Chrysler, Singer erweiterten ihre Investitionen in Spanien und lieferten von hier aus an Hitler-Deutschland. Franco träumte mit dem US-Botschafter vom 3. Weltkrieg gegen den Kommunismus. »Spanien ist mehr ein amerikanisches als ein europäisches Land«, konstatierte zufrieden der US-Botschafter Carlton Hayes.

 US-Bastion Schweiz: BIS und US-Geheimdienst

Die »neutrale« Schweiz wurde ein zentraler Kollaborateur nicht nur für Hitler-Deutschland als Rüstungslieferant, sondern gleichzeitig für die USA: Nicht nur die BIS hatte hier ihren geschützten Raum, sondern auch die Europa-Zentrale des US-Geheimdienstes Office of Strategic Services, OSS.

Zwei Wall-Street-Anwälte leiteten ihn: William Donovan in New York und Allen Dulles in der Schweizer Hauptstadt Bern, der US-Botschaft zugeordnet, mit einer Nebenstelle am Finanzplatz Zürich. Der OSS hielt Kontakte fast zum gesamten Spektrum des antifaschistischen Widerstands, auch in Deutschland, von radikalen Linken über Sozialdemokraten, Kirchenführern bis zu Konservativen, den Militärs und Geheimdienstlern.

Aber die USA forderten: Deutschland muß sich bedingungslos ergeben (unconditional surrender)! Widerstand gegen das NS-Regime ist zwecklos! Kein vorzeitiger Waffenstillstand! Deshalb ließ Dulles seit 1943 den Widerständlern über alle Kanäle eintrichtern: Von den Alliierten kommt keine Hilfe! Auch deshalb verzögerte sich das schließlich gescheiterte Attentat auf Hitler vom Juli 1944.

Gleichzeitig war der OSS genau über die Verfolgung und Vernichtung der Juden informiert, hielt sie geheim und spielte sie gegenüber der Roosevelt-Regierung als „jüdische Propaganda“ herunter, und die USA nahmen ohnehin nur ganz wenige reiche und prominente Juden auf.

Der Stellvertreter muss auch Zivilisten opfern

Die USA und England bombardierten in Deutschland 131 Städte, und nur die Innenstädte, etwa eine halbe Million Zivilisten wurden getötet – aber die Rüstungsindustrie, sowohl US-amerikanische wie deutsche, wurde nicht bombardiert. Die Strategie: Die Wehrmacht sollte bestgerüstet gegen die vorrückende Rote Armee kämpfen, der „alliierten“ Sowjetunion also möglichst hohe Schäden zufügen.

Das zeigte sich auch bei der Bombardierung der Stadt Dresden zum Kriegsende im Februar 1945: Die britischen und US-Bomber warfen – wie einige Monate später in Hiroshima und Nagasaki – ihre tödliche Fracht nur auf die bewohnte Innenstadt. Weder wurden Truppen der Wehrmacht noch die Industrie in den Vororten bombardiert.

III. Die US-Geopolitik der Stellvertreter-Kriege

Die USA finanzieren, beliefern und leiten immer wieder Stellvertreterkrieger. Im 2. Weltkrieg war dies das faschistisch geführte, kapitalistische Hitler-Deutschland. Aktuell sind dies die Ukraine und Israel. Auch islamistische Terroristen dienen als Stellvertreter, so etwa die Turkestan Islamic Party, die aus uigurischen Islamisten (aus Xinjiang/China) besteht und von den USA gegen Assad in Syrien eingesetzt wurde.

Die US-Regierung unter Donald Trump mit seinen Multimilliardären – mit vielfach zionistischer Ideologie – will als Folge des Ukraine-Krieges die europäischen NATO-Staaten zu Stellvertreterkriegern gegen Russland zwingen, während Israel den Nahen Osten US-freundlich umgestaltet, Völkermord inbegriffen, und in Asien neue Stellvertreter-Krieger aufgebaut werden, gegen den neuen Hauptfeind, die Volksrepublik China.

Dr. Werner Rügemer, Köln, ist Philosoph und Publizist. Er ist Sprecher des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes und Mitglied des Verbandsvorstandes

*Nachweise in Werner Rügemer: Verhängnisvolle Freundschaft. Die Eroberung Europas durch die USA. Erste Phase: Vom 1. zum 2. Weltkrieg, Köln 2023. Das Buch gibt es in englisch „Fatal Friendship“, spanisch „Una amistad condenada“ und  französisch „Amitié fatale“

 

Der Text wurde auch veröffentlicht auf befreiung.org. Veröffentlichung hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Bild oben: Ford V3000S Truck, gebaut in den Deutschen Fordwerken Köln 1944 (Das abgebildete Exemplar mit SS-Nummernschild war in dem Film „The Great Escape“ von 1963 zu sehen).
Foto: David Merrett, England –  CC BY 2.0,
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=73845678