Ukraine und „zivilisierter“ Westen von „Gelber Gefahr“ bedroht?
Von Rainer Rupp
Teil I
Anfang der Woche wetteiferten im kollektiven Westen zunehmend hysterische Berichte über die angebliche Entsendung von 12.000 Mann Kampftruppen aus der DVRK zur Unterstützung der Russen an der Front im Ukraine-Krieg. In diesem Zweiteiler wird gezeigt, weshalb diese Darstellung nicht stimmen kann, und hinterfragt, was die CIA mit der Bestätigung dieser Nachricht bezwecken könnte.
Erstveröffentlichung am 28.10.2024 auf RT DE
Bevor wir auf dieses aufregende Narrativ aufspringen, sollten wir uns zuerst fragen, von wem diese Hysterie auslösende Nachricht stammt. Laut US-Medien hat der südkoreanische Geheimdienst die Geschichte als erster in die Welt gesetzt, die prompt von der CIA bestätigt wurde. Aber wenn Geheimdienste sich an die Öffentlichkeit wenden, dann steckt immer mehr dahinter, als man mit bloßem Auge erkennen kann. Auch im konkreten Fall gibt es einiges, was misstrauisch machen sollte:
Erstens, die CIA hat nie freiwillig Spionageerfolge mit anderen Nachrichtendiensten geteilt, es sei denn, sie wollen sich damit selbst absichern, z.B. wenn sie wissen, dass die angebliche „Erfolgsnachricht“ manipuliert ist und als Fake entlarvt werden könnte. In dem Fall ist es gut, jemanden zu haben, dem man dann die Schuld in die Schuhe schieben kann. Ein Musterbeispiel dafür ist der berühmt-berüchtigte Fall des irakischen Überläufers mit dem Kodenamen „Curve Ball“. Er war vom deutschen BND an die CIA weitergereicht worden, weil er behauptet hatte, angebliche Beweisen für die Existenz mobiler irakischer Bio-Waffen-Labore zu haben. Gegen Geld und Asyl hatte er die Info zuerst dem BND angeboten, dessen Experten jedoch die Echtheit der angebotenen Info bezweifelten.
Die Weiterreichung von „Curve Ball“ an den CIA war begleitet von der deutschen Warnung, dass es sich bei dem irakischen Überläufer höchstwahrscheinlich um einen Betrüger handelte, der mit gefälschten Informationen Asyl bekommen und Geld machen wollte. Die deutsche Warnung störte die CIA jedoch nicht im Geringsten, denn die gefälschten Infos von „Curve Ball“ waren genau das, was die CIA und die George-W.-Bush-Regierung zur Rechtfertigung ihres geplanten, brutalen, unprovozierten, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Irak gesucht hatten.
Erst Jahre später, nach Hunderttausenden von toten und verstümmelten irakischen Zivilisten und Millionen Geflüchteten, wurde die Erkenntnis publik, dass man in Irak keine Massenvernichtungswaffen und keine mobilen Bio-Waffenlabore gefunden hatte, weil es dort keine gab. Auch „Curve Ball“ wurde beschuldigt, frei erfundene Informationen gelieferten zu haben. Die Schuld für das „Curve Ball“-Debakel schoben die Amis, bzw. die CIA, allerdings den Deutschen in die Schuhe. Dasselbe kann den Südkoreanern blühen, wenn sich herausstellt, dass zwar eine militärische Einheit aus der DVRK zu Lernzwecken nach Russland, aber nicht als Kampftruppe an die Front in der Ukraine geschickt wurde.
Der zweite Punkt, der stutzig macht, ist die Reihenfolge, in der die Nachricht bekannt gemacht wurde. Denn die entscheidende Information kam von einem eher unbedeutenden Nachrichtendienst eines kleinen asiatischen US-Vasallenstaates. Die Info wurde dann sofort von der mächtigen und „allwissenden“ CIA bestätigt und an die Medien durchgestochen. Dieser Vorgehensweise der Amerikaner bin ich in meinem 16 Jahren in gehobener Position in der Politischen Abteilung des NATO-Hauptquartiers in Brüssel immer wieder begegnet, sowohl auf politischer als auch auf nachrichtendienstlicher Ebene.
Nur zu gerne schickten nämlich die Amerikaner kleine NATO-Länder vor, um in jeweils zuständigen NATO-Ausschüssen mit neuen „Erkenntnissen“, „Entdeckungen“ und Forderungen aufzuwarten, die dann mit der ganzen Autorität und Macht der amerikanischen Delegation unterstützt wurden. Auf diese Weise wurde zumindest nach außen der Eindruck vermieden, dass so gut wie alle neuen Initiativen und Forderungen von Washington direkt durchgedrückt wurden. Zugleich konnten die Medien von den echt demokratischen Zuständen in der NATO berichten, wo auch die Sorgen und Initiativen der kleinen Mitgliedsländer von den großen USA Gehör fanden.
Drittens, was grundsätzlich immer misstrauische machen sollte, ist, wenn die CIA die Öffentlichkeit informiert, was nichts anderes bedeutet als die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen und zu manipulieren. Wann immer die CIA an die Öffentlichkeit geht, sollte man an die lange Liste von Lügen denken, mit denen Washington in der Vergangenheit seine militärischen Überfälle, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gerechtfertigt hat, zum Beispiel:
- An den gefakten Vorfall im Golf von Tonkin, der Washington als Rechtfertigung diente, um den Bombenkrieg gegen die nordvietnamesischen Städte zu beginnen.
- An die „Zeugenaussage“ vor dem US-Kongress über die frei erfundene Geschichte von den neugeborenen Babys in einem Krankenhaus in Kuwait, die angeblich von bestialischen irakischen Soldaten aus ihren Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen wurden. Die Story war der Auslöser für den ersten US-Krieg gegen Irak 1990.
- An die angeblich von der CIA bewiesenen „Yellow-Cake“-Einkäufe von Saddam Husseins in Afrika. Dabei handelt es sich um ein uranhaltiges Vorprodukt zur Herstellung von Atomwaffen. Mit dieser Lüge „bewies“ die CIA, die von der Bush-Regierung behauptete nukleare Aufrüstung Iraks. Alles war frei erfunden aber entsprechend glaubhaft manipuliert worden.
Die Liste ließe sich abendfüllend komplettieren, aber der Leser versteht sicher, was gemeint ist. Daher gilt als Regel Nummer eins: Wenn die CIA öffentliche Erklärungen abgibt, dann ist etwas faul an der Sache. Das heißt nicht, dass alles frei erfunden ist. Denn falsche Geschichten enthalten am besten wahre Elemente, die nachprüfbar sind. Das gilt jedoch nicht für die Kernelemente eines falschen Narrativs. Aber auch diese falschen Kernelemente werden von der Agency derart massiert, umgedeutet und wieder zusammengesponnen, dass einerseits die beabsichtigte politische Wirkung erzielt wird und andererseits Otto Normalverbraucher kaum eine Chance hat, Wahrheit von Lügen zu unterscheiden. Was erst recht der Fall ist, wenn alle Leitmedien in Nachrichten und Kommentaren ins selbe Propagandahorn stoßen und das falsche Narrativ als das einzig wahre präsentieren.
Nehmen wir z.B. den vorliegenden Fall, wonach angeblich 12.000 Mann Kampftruppen aus der DVRK zur Unterstützung der Russen entsandt worden sind. Da Putin diese Nachricht in einer Pressekonferenz am Rande des BRICS-Gipfels nicht dementiert hat, ereifern sich seither unsere Staats- und privaten Konzernmedien darüber, dass die Nachricht der Wahrheit entspricht. Dabei kann es dafür eine ganz einfache Erklärung geben.
Denkbar ist z.B. – vor allem weil die US-Amerikaner es bereits vorgemacht haben –, dass auch die Führung der DVRK ausgesuchte militärische Spezialisten in die Etappe hinter dem Frontverlauf der Ukraine schickt, um dort von den Erfahrungen der russischen Soldaten in den neuen Kampftaktiken mit Aufklärungs- und Kampfdrohnen sowie die Interaktion und kombinierten Reaktionen der verschiedenen Waffengattungen zu lernen. Zu diesem Zweck schickt laut eigenen Angaben auch das Pentagon seit mindestens Anfang 2024 kleine Gruppen von Spezialisten hinter die Front ins Kriegsgebiet auf ukrainischer Seite. Und was den Amis recht ist, kann den Nordkoreanern billig sein, zumal auch sie, ebenso wie die Russen, das Ziel ständiger militärischer Provokationen der USA sind.
Die Amis haben immer noch etwa 50.000 Soldaten in Korea stationiert, mit denen Washington Jahr ein, Jahr aus in Großmanövern, gemeinsam mit seinem südkoreanischen Vasallen Angriffe gegen die DVRK übt. In Osteuropa ist das nicht anders, wo das US-Militär mehrfach im Jahr mit seinen NATO-Vasallen an den Grenzen Russlands den Krieg übt. Da kann man gut nachvollziehen, dass auch die Nordkoreaner von den Russen hinter der Front die neuen Taktiken lernen wollen, um im Drohnenkrieg und den neuen Taktiken denselben Kenntnisstand zu haben wie die aggressiven Amis, von denen sie ständig bedroht werden.
Aber genau an dieser Stelle, wenn wir uns nämlich die moderne, teils revolutionäre Taktik der russischen Kriegsführung in der Ukraine ansehen, wird deutlich, dass das CIA-Narrativ von der Entsendung tausender Soldaten aus der DVRK zur Unterstützung der Russen an der Front in der Ukraine falsch sein muss. Denn wie bereits erklärt, führt Russland seine Militärische Sonderoperation in der Ukraine mit der Taktik der „Combined Arms Operation“ aus, das heißt mit einer komplexen Interaktion verschiedener Waffengattungen und einer kombinierten, schnellstmöglichen Reaktionen auf eine neue Bedrohung. In einer solchen perfekt aufeinander abgestimmten Kampfmaschine haben fremde Truppen keinen Platz; sie würden nicht helfen, sondern nur gefährden. Hiernach wird erklärt warum.
Den Russen ist es an verschiedenen Abschnitten in der Ukraine gelungen, die Zeitspanne zwischen der Entdeckung, bzw. Identifizierung eines neuen, mehrere Kilometer entfernten Ziels und dessen Zerstörung auf 5 Minuten zu reduzieren. Das ist die bisherige Bestzeit, die nicht immer erreicht wird, aber immer öfter. Hier ein Beispiel: Ein ukrainischer Panzer wartet einige Kilometer hinter der Front auf einen Einsatzbefehl und hat am Wegrand unter Bäumen eine nur unzureichende Deckung gefunden. Er wird von einer Aufklärungsdrohne entdeckt, die Koordinaten werden automatisch der Zentrale gemeldet und das Objekt wird als Feind identifiziert. Jetzt beginnt die ebenfalls bereits teilweise automatisierte Abklärung, welche geeigneten Waffensysteme in Reichweite des Ziels in diesem Moment der Einsatzleitung zur Zerstörung des Panzers zur Verfügung stehen, z.B. eine in Wartestellung unweit des Ziels in der Luft kreisende, bewaffnete Drohne, oder ein in der Nähe operierender Kampfhubschrauber oder mobile Bodeneinheiten mit Panzerabwehrraketen, oder Präzisionsschüsse der Artillerie, etc.
Die Entscheidung welches Waffensystem für die Aufgabe am besten geeignet ist, muss blitzschnell getroffen und der Einsatzbefehl muss von der ausführenden Einheit ebenso schnell umgesetzt werden. Denn die Zeit ist hierbei der kritische Faktor, weil der Panzer zerstört werden muss, bevor er sich wieder in Bewegung setzt. Letzteres würde die Aufgabe seiner Eliminierung erschweren, weil der Einsatz bestimmter Waffensysteme, wie z.B. indirekter Artilleriebeschuss auf bewegliche Ziele, nicht mehr in Frage kommt und auch mobile Bodeneinheiten mehr Probleme hätten.
Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
Teil II
In Teil I haben wir festgestellt, dass die CIA-Warnung bezüglich 12.000 Soldaten aus der DVRK an der Front in der Ukraine ein Fake ist. Denn aufgrund ihrer revolutionär neuen Taktik der Kriegsführung haben die Russen keine Verwendung für fremde Truppen in der Ukraine. Im Teil II lautet die Frage, was die CIA mit ihrem Fake bezweckt. Was sind die wahren Gründe für die westliche Hysterie über die Nachricht von Nordkoreanern an der russischen Westgrenze zur EU?
Erstveröffentlichung am 30.10.2024 auf RT DE
In der Diskussion in Teil I wurde deutlich: Vor dem Hintergrund der revolutionär neuen Taktik der russischen Kriegsführung in der Ukraine muss das CIA-Narrativ von der Entsendung tausender Soldaten aus der DVRK zur Unterstützung der Russen an der Front in der Ukraine falsch sein. Denn wie bereits erklärt, führt Russland seine militärische Sonderoperation in der Ukraine mit der Taktik der „Combined Arms Operation“ aus. Das heißt, die russische Taktik besteht aus einer komplexen Interaktion verschiedener Waffengattungen und einer kombinierten, schnellstmöglichen Reaktionen auf jede neue Bedrohung. Wobei vom Moment der Entdeckung eines neuen, mehrere Kilometer entfernten Ziels bis zu dessen Zerstörung in der Regel nur wenige Minuten vergehen.
In diesem Zusammenhang kommt auch der perfektionierten Integration der komplett neuen Waffengattung der Drohnen bzw. ihrer Untergruppen „Aufklärung“ und „Kampfdrohnen“ in die Taktik der „Combined Arms Operation“ eine besondere Bedeutung zu. In dieser mehr oder weniger perfekt aufeinander abgestimmten russischen Kampfmaschine haben fremde Truppen keinen Platz; sie würden nicht helfen, sondern den Ablauf behindern und die russischen Truppen gefährden.
Wie man in Teil I unschwer erkennen konnte, ist diese Art von Kriegsführung mit kombiniertem Waffeneinsatz eine hochkomplexe Angelegenheit, in der jede Waffe und jeder Soldat seinen Platz hat, was auch für die Infanterie gilt. Alles ist aufeinander abgestimmt, und dieses Zusammenspiel kann man nicht einfach mal so nebenbei erlernen, sondern die Perfektionierung erfordert jahrelanges Training und Ausbildung. Daher hätten auch noch so gut als Einzelkämpfer ausgebildete nordkoreanische Hilfstruppen keinen Platz in diesem komplexen militärischen Ablauf, zumal auch noch sprachliche Probleme hinzukämen.
Etwas anderes wäre es, wenn Einheiten nordkoreanischer Infanterie auf dem Territorium des Oblast Kursk gegen die dort eingeschlossenen zwei- bis dreitausend ukrainischen Soldaten eingesetzt würden. Bei den eingeschlossenen Ukrainern handelt sich um die Restbestände aufgeriebener rechtsradikaler oder neonazistischer Brigaden, die den Kern der ukrainischen Kursk-Invasionstruppen gebildet hatten. Ideologisch fanatisiert wollen sich diese Einheiten nicht den Russen ergeben, auch weil sie – irrtümlich – hoffen, dass sie sich trotz Einkesselung in den spärlich besiedelten Waldgebieten des Kursker Gebietes lange genug verteidigen können, bis Entsatz aus der Ukraine kommt.
Bei den Kämpfen im Kursker Kessel gegen die verstreut ukrainischen Gruppen macht daher eine Anti-Guerilla-Operation weitaus mehr Sinn als eine moderne „Combined-Arms“-Kriegsführung. Theoretisch könnten also gut ausgebildete Einheiten aus der DVRK mit etwas technischer Hilfe seitens der Russen diesen Kessel erfolgreich ausräumen. Eine solche Vorgehensweise wäre sogar mit dem vor wenigen Tagen unterzeichneten russisch-nordkoreanischen Beistandsvertrag konform, in dem die gegenseitige Hilfe auf die Wiederherstellung der territorialen Integrität begrenzt ist. Dies wäre einwandfrei in Kursk der Fall, da es unangefochten russisches Territorium ist, in das die Ukrainer eingefallen sind. Im Gegensatz dazu wäre ein Einsatz von Truppen aus der DVRK an der Seite der Russen in der Ukraine vom russisch-nordkoreanischen Beistandsabkommen nicht gedeckt.
All das sagt uns aber immer noch nichts darüber, was die CIA im Schilde führt, wenn sie den Westeuropäern Angst einjagt mit der Vorstellung von zig Tausend Soldaten aus der DVRK in der Ukraine, die an der Seite der Russen auf dem Vormarsch in Richtung Westen sind. Das kann damit zu tun haben, dass – egal, wer bei den bevorstehenden Wahlen in den USA gewinnt – alles darauf hindeutet, dass nach der Wahl die Tonangeber in Washington ihr Interesse an der Ukraine umgehend verlieren und sich ganz dem Aufbau von Drohkulissen gegen China widmen werden.
Zugleich haben sich in letzter Zeit die Aufforderungen aus dem US-Kongress an NATO-Europa gehäuft, sich in Zukunft eigenverantwortlich und ganz ohne die Vereinigten Staaten um die Ukraine zu kümmern und sich selbst stärker gegen Russland in Stellung zu bringen. Mit der von der CIA in Szene gesetzten Bedrohung durch die „Gelbe Gefahr“ aus der DVRK, die schon bald an der Seite der Russen als Schreckgespenst an den Grenzen der EU stehen könnte, setzen die Amis womöglich auf die Wiederbelebung längst vergessener Urängste im Westen, um in der Bevölkerung die Opfer- und Kriegsbereitschaft zu mobilisieren. Aber das sind Spekulationen und wir werden sehen, was die Amerikaner wirklich mit uns Europäern noch vorhaben.
Zu guter Letzt noch eine Betrachtung, wie lächerlich und vor allem wie scheinheilig die Aufregung der Westpolitiker und Medien über die Entsendung von Soldaten aus der DVRK in die Ukraine ist. Mich erinnert das an das Jahr 2002, als der SPD-Verteidigungsminister Peter Struck die deutsche Beteiligung am US-amerikanischen Vernichtungskrieg gegen die Taliban in Afghanistan mit diesem seither berühmten Satz rechtfertigte:
„Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt.“
Mit dieser Aussage, so erklärte Struck später, habe er betonen wollen, dass die Abwehr von Terrorismus und die Stabilisierung der Lage in Afghanistan auch der Sicherheit Deutschlands und Europas dienen würden. In einem Kommentar stellte ich damals fest: Wenn Strucks Argument globale Gültigkeit hat, dann können wir hier in Deutschland erwarten, dass früher oder später auch China seine Sicherheit am Rhein verteidigen wird. Genau dafür hätte Peking inzwischen gute Gründe: Schließlich schickt Deutschland zur Unterstützung des weltgrößten Kriegstreibers sogar Schiffe seiner Bundesmarine in den Pazifik, um dort gemeinsam mit dem US-Terrorstaat und dessen anderen Vasallen Krieg gegen die Volksrepublik China zu üben.
„Wir müssen sie (die Terroristen) in ihren eigenen Ländern eliminieren, bevor wir sie an unseren Küsten bekämpfen müssen“, lautete mantraartig seit 2001 infolge von 9/11 die US-Rechtfertigung für Washingtons globalen Krieg gegen den Terror. Der war nichts anderes als ein Vorwand, um zahlreiche, bereits als aufmüpfig gelistete Länder zu überfallen. Seitdem wurden in diesen Ländern Millionen von Menschen von der US-Kriegsmaschine ermordet und zig Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Womöglich ist hier der Grund für die Aufregung der politischen und medialen Eliten in Westeuropa über die Nordkoreaner in Russland zu finden. Denn womöglich werden die westeuropäischen Eliten von der Angst getrieben, dass China sich die US-amerikanische Logik der globalen Terrorbekämpfung zu eigen macht, nämlich die Terroristen in deren eigenen Ländern auszulöschen, bevor sie vor den Küsten der Volksrepublik China und der DVRK auftauchen.
Die bange Sorge ist, dass die Chinesen womöglich dem Beispiel der DVRK folgen, um, gemeinsam mit den Russen, die Menschen in Westeuropa von dem dort immer noch wuchernden Neo-Kolonialismus, Rassismus und Faschismus zu befreien. Damit würden sie zugleich die Ursachen der multiplen Völkermorde ein für alle Mal eliminieren, die von westeuropäischen Politikern im Laufe Zeit immer wieder rund um die Welt befohlen worden sind.
Aber vielleicht denken die Nordkoreaner und womöglich die Chinesen vorerst nur an eine weitere, vom damaligem SPD-Minister Struck gelieferte Rechtfertigung für deutsche Militäraktionen am Hindukusch. Wozu auch das von Bundeswehr-Oberst Klein befohlene Massaker an weit über hundert Zivilisten, Frauen und Kindern zählt. Damals ergänzte Struck seinen berüchtigten Satz mit der Erklärung, dass „die Abwehr von Terrorismus und die Stabilisierung der Lage in Afghanistan auch der Sicherheit Deutschlands und Europas dient.“
Auch diese Erklärung lässt sich aus Sicht der DVRK und Chinas problemlos zwecks Unterstützung Russlands anwenden, dass nämlich die Abwehr von ukrainischen Terroristen und ihrer westlichen Geld- und Waffenlieferanten und die Stabilisierung der Lage in der Ukraine auch der Sicherheit Nordkoreas und China und der ganzen eurasischen Region dient.
Rainer Rupp ist Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes
Bild oben: Sowjetische Radschützenpanzer BTR-80 bei einer Militärparade in Pjöngjang (DVRK) am 01.07.2013
Foto: Uri Tours – © uritours.com, CC BY-SA 2.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39740590