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Parlamentswahl in Georgien: Die Verachtung des Westens gegenüber der Demokratie

Georgien hat gewählt, aber leider das Falsche. Daher fordert der Westen eine Überprüfung der Wahl und befeuert die Proteste der Opposition. Er verdeutlicht damit seinen imperialistischen Charakter und zeigt seine tiefe Verachtung gegenüber der Demokratie und der Souveränität von Staaten.

Von Gert Ewen Ungar

Erstveröffentlichung am 28.10.2024 auf RT DE

In seiner geistigen Schlichtheit ist der Kollektive Westen absolut berechenbar. Erbringt eine Wahl nicht das gewünschte Ergebnis, wird die Wahl angezweifelt. Das war in Weißrussland so, in Russland, in Venezuela, in zahlreichen anderen Staaten rund um den Globus und wiederholt sich jetzt in Georgien.

Die georgischen Wähler haben sich für Stabilität und Wachstum entschieden. Sie haben einem Experiment mit der EU und den damit absehbar verbundenen Rückschlägen für die Wirtschaft Georgiens eine deutliche Absage erteilt ‒ und der bisherigen Regierungspartei „Georgischer Traum“ zur Mehrheit und damit zu einer weiteren Amtszeit verholfen.

Georgien wächst. Georgiens Wirtschaft hat im Jahr 2023 um real 7,5 Prozent zugelegt, für dieses Jahr werden erneut 7,5 Wachstum erwartet. Geschuldet ist das unter anderem der Absage an die Russland-Sanktionen, denn Russland ist Georgiens wichtigster Handelspartner, sowie einer verstärkten Kooperation mit China. Für den „Mittleren Korridor“ der chinesischen „Belt-and-Road-Initiative“ ist Georgien von großer Bedeutung. China baut einen Tiefseehafen an der georgischen Schwarzmeerküste.

Es gibt also gute Gründe, die EU etwas auf Distanz zu halten, denn mit einer EU-affinen Regierung wäre mit einer Kooperation mit China und Russland erst einmal Schluss ‒ mit weitreichenden Folgen für die Wirtschaft. Brüssel hat zudem deutlich gemacht, dass es souveräne Entscheidungen Georgiens wie das Verbot von LGBT-Propaganda und die Registrierungspflicht für NGOs und Medienunternehmen, die vom Ausland finanziert werden, nicht respektiert. Die weitere Annäherung an die EU bedeutet die Aufgabe staatlicher Souveränität. Relevante Entscheidungen werden dann nicht mehr in Tiflis, sondern in Brüssel getroffen.

Die EU sieht das natürlich anders. Die sogenannten liberalen Demokratien sind von ihrem Modell in einer Weise überzeugt, dass sie sich gar nicht vorstellen können, dass man gern darauf verzichten möchte. Entscheiden sich Wähler dagegen, muss es sich um Wahlbetrug handeln, ist man sich nicht nur in Brüssel, sondern auch in Washington sicher.

Was das westliche Bündnis und die das westliche Bündnis vertretenden Politiker mit ihrem Beißreflex gegen die souveräne Wählerentscheidung vor allem deutlich machen, ist eine tiefe Verachtung gegenüber dieser Entscheidung. Gleichzeitig verdeutlichen sie damit den imperialistischen Charakter des westlichen Bündnisses. Es ist auf Expansion angelegt, fordert die Unterordnung und negiert die Souveränität von Staaten. In der populistischen Anfechtung der georgischen Wahlen wird dies eindeutig klar.

Die Entscheidung der Georgier ist vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren absolut rational und verständlich. Eine Annäherung an die EU würde diese zu wachsendem Wohlstand hinstrebende Entwicklung in Gefahr bringen. Mit dem Anzweifeln der georgischen Entscheidung machen die sogenannten liberalen Demokratien deutlich, dass sie sich mit den Grundprinzipien der Demokratie immer dann schwertun, wenn sie ein Ergebnis zu Tage fördern, das nicht geopolitischen Interessen entspricht. Das ist aber aufgrund des wirtschaftlichen Abstiegs des Westens immer häufiger der Fall.

Der Westen ist unattraktiv, steht er zur Wahl, entscheiden sich Wähler immer häufiger gegen ihn. Kennzeichnend für die politischen Vertreter des westlichen Bündnisses ist der Wille, das nicht hinnehmen zu wollen, und eine inzwischen tiefe Verachtung und Ignoranz gegenüber Wahlen und dem sich in Wahlen ausdrückenden Willen der Wähler. Es entlarvt die Bekenntnisse westlicher Politiker wie Michael Roth oder Annalena Baerbock zur Demokratie als reines, sinnentleertes Geschwurbel.

Nach altbekanntem Muster kommen auf Georgien nun schwere Zeiten zu, denn der Westen wird versuchen, sein Ziel eines Regierungswechsels durch das Befeuern von Protesten von außen umzusetzen. Auch dieses inzwischen in zahllosen Fällen angewandte Verfahren zeugt von einer tiefen Verachtung gegenüber demokratischen Prozessen und der Souveränität von Staaten.

Der georgischen Regierung ist ein langer Atem, viel Geduld und eine ruhige Hand zu wünschen, um den Umsturzversuch, den der Westen zu initiieren versucht, in den Griff und unter Kontrolle zu bekommen. Die Chancen dazu stehen gut. Der letzte vom Westen erfolgreich durchgeführte Umsturz fand im Jahr 2014 in der Ukraine statt. Er hatte für das Land weitreichende negative Folgen. Keines der vollmundigen Versprechen der EU gegenüber der Bevölkerung der Ukraine ist bisher in Erfüllung gegangen. Man kann sich darauf verlassen, dass die Mehrheit der georgischen Bevölkerung das sehr gut verstanden hat und sich daher nicht auf die Seite der vom Ausland bezahlten Aufrührer und Umstürzler ziehen lässt.

Gert-Ewen Ungar studierte Philosophie und Germanistik und schreibt regelmäßig für die Neulandrebellen


Bild oben: Parlamentsgebäude in Tiflis
Foto: Diego Delso, CC BY-SA 4.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=52295909