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Die Bildung der ersten westdeutschen Regierung am 20. September 1949

Wieder einmal fallen Jahrestage und gegenwärtige Ereignisse der deutschen Geschichte auf lehrreiche Weise zusammen. So betrüblich die von den Westmächten herbeigeführte Deutsche Teilung war — die sogenannte „Wiedervereinigung“, eine völkerrechtswidrige Annexion mit folgender Etablierung eines faktischen westdeutschen Kolonialregimes, war das größere Unglück. Nichts beweist das so beredt wie die Tatsache, dass wir am 34. Jahrestag der Liquidierung der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin gegen die Vorbereitung des Dritten Weltkriegs demonstrieren. Wir veröffentlichen hier zwei Texte unserer Genossen Anton Latzo und Wolfgang Schürer anlässlich der 75. Jahrestage der DDR-Gründung (7. Oktober), beziehungsweise der Einsetzung ersten BRD-Regierung (20. September).

Webredaktion

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Die Bildung der ersten westdeutschen Regierung am 20. September 1949

Historischer Überblick von Wolfgang Schürer

1. Deutschland nach der bedingungslosen Kapitulation am 08. Mai 1945

Am 05. Juni 1945 erklärten die Sowjetunion (SU), die Vereinigten Staaten (US), das Vereinigte Königreich (UK) und Frankreich (FR) die gemeinsame Übernahme der Souveränität über Deutschland (DE). DE wurde in 4 Zonen eingeteilt, in jeder Zone hatte eine der 4 Besatzungsmächte die Hoheit. Berlin, in einen SU-Sektor, einen US-Sektor, einen UK-Sektor und einen FR-Sektor geteilt, war sowohl Sitz einer 4-Mächte-Regierung von DE (im US-Sektor) als auch Sitz einer 4-Mächte-Regierung von Berlin (im SU-Sektor). Frankreich löste, ohne Zustimmung der 3 anderen Mächte, das Saarland aus der Hoheit der 4-Mächte-Regierung von DE heraus, und gliederte es in sein Wirtschaftsgebiet ein.

2. Die Vorbereitungen zur Bildung des separaten westdeutschen Staates

Am 06. September 1946, in Stuttgart, hielt James F.  Byrnes, US-Außenminister, eine Rede, die die Bildung eines Westzonen-Staates einleitete:

Am 02. Dezember 1946 erreichten die USA die britische Zustimmung zur Vereinigung ihrer beiden Zonen. Am 01. Januar 1947 entstand die Bizone.

Am 29. Mai 1947 erhielten die USA die britische Zustimmung zur Verwandlung der Bizone in einen Quasi-Staat. Die Parlamente der bizonalen Länder wählten einen Wirtschaftsrat, der Gesetze für die Bizone erließ, und ein Direktorium mit exekutiven Befugnissen. Beide Organe saßen in Frankfurt.

Ab September 1947 wurden in den USA die Westmark-Banknoten gedruckt, und von Februar bis April 1948 nach Frankfurt gebracht.

Auf einer Konferenz in London (23. Februar bis 02. Juni 1948) erreichten die USA die Zustimmung des Vereinigten Königreiches, Frankreichs, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs zur Bildung eines westzonalen deutschen Staates.

Die Sowjetunion protestierte gegen die Londoner Konferenz und verließ am 20. März 1948 die 4-Mächte-Regierung von Berlin.

Am 20. Juni 1948 wurden in der Bizone und der FR-Zone die Westmark-Banknoten ausgegeben, und die Reichsmark-Banknoten für ungültig erklärt.

Am 01. September 1948, in Bonn, traf der Parlamentarische Rat, der von den westzonalen Landtagen gewählt worden war, zusammen, um das Grundgesetz auszuarbeiten. 27 Mitglieder gehörten zur CDU/CSU, 27 zur SPD, 5 zur FDP, 2 zur KPD, 2 zur Deutschen Partei (DP), 2 zur Deutschen Zentrumspartei (DZP).

3. Das Grundgesetz (GG) der BRD

Das GG wurde am 23. Mai 1949 verkündet und trat einen Tag später in den 11 damaligen westdeutschen Ländern der 3 Westzonen in Kraft:

UK-Zone: Nordrhein—Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg;
US-Zone: Bayern, Hessen, Nordwürttemberg—Nordbaden, Bremen;
FR-Zone: Rheinland-Pfalz, Südbaden, Südwürttemberg;

In den 11 Ländern wohnten 46 Millionen Menschen, darunter 50 % in der britischen, 38 % in der US-amerikanischen und 12 % in der französischen Zone.

Der 23. Mai 1949 gilt offiziell als das Gründungsdatum der BRD, die entsprechenden Bundesorgane wurden jedoch später gebildet.

4. Die Wahlen zum ersten westdeutschen Bundestag am 14. August 1949

31,208 Millionen Westdeutsche, die das 21. Lebensjahr vollendet hatten, hatten das aktive Wahlrecht (das passive Wahlrecht hatten sie nach der Vollendung des 25. Lebensjahres;). 24,496 Millionen beteiligten sich an der Wahl. Jeder Wähler hatte nur eine Stimme. Die 23,732 Millionen gültigen Stimmen verteilten sich wie folgt:

CDU/CSU SPD FDP KPD DP Sonstige
7,359 Mio. 6,935 Mio. 2,830 Mio. 1,362 Mio. 940.000 4,306 Mio.
31,00 % 29,22 % 11,92 % 5,74 % 3,96 % 18,16 %

Die 402 Abgeordneten verteilten sich wie folgt:

CDU/CSU SPD FDP KPD DP Sonstige
139 131 52 15 17 48

17 Abgeordnete gehörten zur Bayernpartei (BP), 12 zur Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung (WAV), 10 zur DZP, 5 zur Deutschen Reichspartei (DRP), 1 zum Süd-Schleswigschen Wählerverband (SSW). 3 waren Unabhängige. Der Bundestag konstituierte sich am 07. September 1949 in Bonn.

5. Die Wahl des ersten BRD-Bundespräsidenten am 12. September 1949

Die Bundesversammlung bestand aus den 402 Bundestagsabgeordneten und 402 Abgeordneten der 11 westdeutschen Länder, die von den Landesparlamenten gewählt worden waren. Die 804 Abgeordneten verteilen sich wie folgt:

CDU/CSU SPD FDP KPD DP Sonstige
280 279 88 40 28 89


Theodor Heuss
(FDP) erhielt im ersten Wahlgang 377 Stimmen (46,89 %), Kurt  Schumacher (SPD) 311 (38,68 %). Im zweiten Wahlgang erzielte Theodor Heuss 416 Stimmen (51,74 %), Kurt Schumacher 312 (38,81 %).

6. Die Wahl des ersten westdeutschen Bundeskanzlers am 15. September 1949

Konrad Adenauer (CDU) erhielt, als einziger Kandidat, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit (202 Stimmen, 50,25 %). 142 Abgeordnete stimmten mit NEIN und 44 enthielten sich der Stimme. 1 Stimme war ungültig. 11 Abgeordnete hatten sich nicht an der Wahl beteiligt. 2 Abgeordnete der WAV waren nicht anwesend.

7. Die Vereidigung der ersten BRD-Regierung am 20. September 1949

Sie bestand aus 5 Mitgliedern der CDU (Bundeskanzler + 4 Minister, darunter Gustav Heinemann bis zum 11. Oktober 1950;), 1 Sympathisanten der CDU (Ludwig Erhard), 2 Mitgliedern der CSU, 4 Mitgliedern der FDP und 2 Mitgliedern der DP.

8. Das westalliierte Besatzungsstatut

Es datiert auf den 10. April 1949 und trat am 21. September 1949 in Kraft. Die 3 westalliierten Militärgouverneure wurden in Hochkommissare umbenannt. Die BRD war ein nichtsouveräner Staat. Die 3 Westalliierten hatten weiterhin die legislative exekutive und judikative Gewalt über die BRD und die 11 Bundesländer. Die BRD durfte noch keine Außenpolitik betreiben. (Am 15. März 1951 wurde Konrad Adenauer auch der erste westdeutsche Außenminister.)

Wolfgang Schürer ist Vorsitzender des Kreisverbandes Offenbach a. M. der Freidenker


Foto oben: Der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer und der erste Bundespräsident Theodor Heuss am 14.09.1959
Foto:
Bundesarchiv, B 145 Bild-F006929-0004 / Rolf Unterberg / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de,

Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5449145