Geschichte

Auch damals schon: Kampf um Profit, Macht und Herrschaft weltweit

Zum Überfall der Faschisten auf die Sowjetunion

von Prof. Dr. Anton Latzo

Ausgangsbedingungen

Der während des zweiten Weltkrieges höchstdekorierte General der USA, Douglas Mac Arthur, schrieb über das Ergebnis der Wende bei Stalingrad und über die nachfolgenden Ereignisse: „Alle Hoffnungen der Zivilisation richten sich auf die ehrwürdigen Banner der tapferen russischen Armee. Noch niemals hat es eine solche effektive Abwehr gegen schwerste Schläge eines unbesiegbar scheinenden Feindes und danach einen derartigen vernichtenden Schlag gegeben, der den Gegner in das eigene Land zurücktrieb. Ihrem Ausmaß und ihrer Größe nach ist dies eine der größten Errungenschaften der Geschichte“. Im Krieg gegen das koreanische Volk handelte er aber entgegengesetzt!

Auch der USA-Spitzendiplomat und Historiker G.F. Kennan schrieb, dass seit 1941 die Stimmung vorherrschend war, dass „der Ausgang des Krieges vollkommen von der Bereitschaft und Fähigkeit Russlands abhinge, dem deutschen Angriff zu widerstehen“.

Das bedeutete aber nicht, dass sie die imperialistischen Ziele ihrer Staaten aufgegeben hätten. Der Antikommunismus blieb bestimmend für ihre Handlungen, die zum Überfall auf die Sowjetunion führten.

Im Jahre 1942 schrieb W. Churchill,  führender Politiker dieser Generation, an den britischen Außenminister, dass es sein Hauptziel sei, Deutschland und die Sowjetunion aus dem Lager der bedeutenden Hauptmächte auszuschalten. Weder die USA noch Großbritannien würden sich bei Kriegsende „verausgabt“  haben. Vielmehr würden sie in „militärischer und politischer Hinsicht der mächtigste Block sein, den die Welt je gesehen hat.“ (Was ja 1949 in Gestalt der NATO Wirklichkeit wurde.) „Die Sowjetunion dürfte dann zur Überwindung der Kriegsschäden unsere Hilfe weit nötiger gebrauchen als wir die ihre“,  führte er weiter aus. (Darauf hofften sie auch 1990 und tun es bis heute.)

Folgen

Das waren „westliche“ Positionen – in Kurzfassung. Die Politik zu ihrer Verwirklichung führte dazu, dass am 1. September 1939 der grausamste und blutigste Krieg der Weltgeschichte ausbrach. Die Hauptschuld an seiner Entfesselung trifft den Imperialismus.

Der zweite Weltkrieg begann als Zusammenstoß zwischen zwei Gruppierungen imperialistischer Staaten, mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939. Er begann im Rahmen des kapitalistischen Systems!

Die Hauptgefahr ging von den Ländern des aggressiven faschistischen Blocks aus, die einen Krieg um die Weltherrschaft und die Errichtung der räuberischen „neuen Ordnung“ führten. Es wuchsen die realen Gefahren nicht nur für die Sowjetunion, sondern auch für Frankreich, Großbritannien und auch für die USA.

Der wichtigste Unterschied  zu 1914 bestand darin, dass es im Jahre 1939 den Kapitalismus als allein herrschendes Weltsystem nicht mehr gab. Die Sowjetunion war inzwischen zu einer mitbestimmenden internationalen Kraft und zum natürlichen Anziehungspunkt für die fortschrittlichen, antiimperialistischen Kräfte geworden.

Die Helfer

Am 22. Juni 1941 erfolgte der heimtückische Überfall des faschistischen Deutschland und seiner Verbündeten auf die Sowjetunion. Das faschistische Deutschland hat ihn durchgeführt, seine Verbündeten haben ihn unterstützt und die anderen imperialistischen Mächte hofften, den gesellschaftlichen, politischen sowie territorialen Gewinn einfahren zu können. Die „West“mächte haben Hilfe geleistet, indem sie die deutschen Rüstungsmonopole unterstützt haben, Vorschubleistung für die Militarisierung Deutschlands leisteten und die Münchner Politik betrieben.

Statt sich gegen die Aggression zu wenden, schlugen sie den politischen Kurs der „Befriedung“ ein.

Der Sinn ihres Verhaltens bestand im Antisowjetismus, in dem Bestreben, den Faschismus zur Beseitigung oder zumindest zur entschiedenen Schwächung des sozialistischen Staates auszunutzen.

Zu verlockend war das Angebot Hitlers, der programmatisch formuliert hatte: „Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. … Nicht West- und nicht Ostorientierung darf das künftige Ziel unserer Außenpolitik sein, sondern Ostpolitik im Sinne der Erweiterung  der notwendigen Scholle für unser Volk“. Und er wird noch deutlicher: „Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an Russland und die ihm untertanen Randstaaten denken“.

Die abgrundtiefe Menschenverachtung der faschistischen Konzeption wird auch aus den Ausführungen Hitlers während einer Besprechung mit Göring, von Neurath, Raeder u.a. am 5. November 1937 deutlich, die das Thema „Lebensraum“ behandelte: „Es handelt sich nicht“, so Hitler, „um die Gewinnung von Menschen, sondern von landwirtschaftlich nutzbarem Raum. Auch die Rohstoffgebiete sind zweckmäßiger im unmittelbaren Anschluss an das Reich in Europa und nicht in Übersee zu suchen, wobei die Lösung sich für ein bis zwei Generationen auswirken müsse.“

Man bedenke: Trotz Weltkrieg, der diese Konzepte bestätigte, gibt es auch heute noch Leute, die behaupten, Hitler habe den Krieg eigentlich gar nicht gewollt!

Damit stieß Hitler auf offene Ohren – sowohl bei den Westmächten als auch bei den deutschen Monopolen. Schon am 27. Januar1927, nach einer Rede Hitlers im Industrieklub Düsseldorf, erklärte der Chef des deutschen Stahltrusts, Fritz Thyssen, „Die Rede machte auf die anwesenden Industriellen tiefen Eindruck, und als Folge davon flossen eine ganze Anzahl großer Bezüge aus Mitteln der Schwerindustrie in die Kassen der Nationalsozialistischen Partei“. Er musste ess ja wissen!

Der Faschismus ist also das bewusst herbeigeführte Produkt der Monopole, um Klassenherrschaft zu sichern und die Expansion des deutschen Imperialismus zwecks Profit und Weltherrschaft durchzuführen.

Fall Barbarossa

Schon am 18. Dezember 1940 gab Hitler die Weisung Nr. 21  heraus, die auch von Jodl und Keitel signiert war, und in der die Vollendung  aller Vorbereitungen im Zusammenhang mit der Durchführung des „Falles Barbarossa“ für den 15. Mai gefordert wurde. Die Weisung lautete: „Die deutsche Wehrmacht muss darauf vorbereitet sein, auch vor Beendigung des Kriege gegen England, Sowjet-Russland in einem schnellen Feldzug niederzuwerfen. … Entscheidender Wert ist jedoch darauf zu legen, dass die Absicht eines Angriffs nicht erkennbar wird“.

Unter der Leitung von Göring wurde ein wirtschaftlicher Stab für die Ostgebiete gegründet.  Die Umrisse für die künftige politische und wirtschaftliche Organisation der besetzten Gebiete wurde von Rosenberg ausgearbeitet. Die Pläne sahen die Zerstörung und die Aufteilung der Sowjetunion als unabhängigen Staat, sowie die Gründung sogenannter Reichskommissariate und die Umwandlung Estlands und Lettlands, Weißrusslands und anderer Gebiete in deutsche Kolonien vor.

Im Mai 1941 wurde mit dem rumänischen Ministerpräsidenten Antonescu ein Abkommen abgeschlossen, in dem ihm als Lohn für die aktive Beteiligung am Krieg gegen die Sowjetunion sowohl Bessarabien, die nördliche Bukowina, als auch das Recht versprochen wurde, Sowjetgebiete bis zum Dnjepr zu besetzen.

Fazit: das faschistische Deutschland hatte eindeutige Pläne ausgearbeitet und Kräfte mobilisiert, um den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion zu beseitigen, um zu verhindern, dass er sich weiter in Europa und darüber hinaus ausbreitet. Die UdSSR als politische und militärische Macht sollte zerstört und ihre Staatlichkeit aufgehoben werden, um den deutschen Imperialismus nach Belieben nach dem Osten ausdehnen zu können, um seine Ziele als Weltmacht zu erreichen.

Die Pläne für die wirtschaftliche Ausbeutung der UdSSR, für die Deportation und Vernichtung großer Bevölkerungsteile, für die Ermordung der Kommissare und politischen Würdenträger, all das war Teil des sorgfältig vorbereiteten Plans, der am 22.Juni 1941 ohne irgendwelche Warnung und ohne den Schatten eine rechtlichen Entschuldigung in die Tat umgesetzt wurde. Es war eine Aggressionshandlung!

Der Überfall

Am 22. Juni1941 begann das faschistische Deutschland ungeachtet des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes den Krieg gegen die Sowjetunion. Sie überschritten in mehrere Richtungen die Staatsgrenze und stießen tief in sowjetisches Gebiet vor.

Die Sowjetunion kämpfte um Leben oder Tod. Der Große Vaterländische Krieg des Sowjetvolkes für seine Ehre, Freiheit und Unabhängigkeit begann.

Im Sommer und Herbst 1941 führte die Sowjetarmee unter äußerst schwierigen Bedingungen  vorwiegend Verteidigungskämpfe und zog sich immer weiter zurück. Im Nordwestabschnitt bis Leningrad, im Westabschnitt bis Moskau und im Südwestabschnitt bis Rostow am Don. Das Baltikum, Belorussland, die Moldaurepublik, der größte Teil der Ukraine und große Gebiete des Westens der RSFSR wurden von den faschistischen Truppen erobert. Millionen Sowjetmenschen gerieten unter das Joch der faschistischen Okkupation. Dem Sowjetland drohte tödliche Gefahr.

Es bedurfte unvorstellbarer Anstrengungen, eines unbeugsamen Willens, größter Standhaftigkeit und Tapferkeit der Sowjetsoldaten und des ganzen Volkes um die Schwierigkeiten der ersten Monate zu meistern und den Eindringling  zum Stehen zu bringen. Die faschistischen Truppen waren bis zum 10. Juli 450 bis 600 Kilometer vorgedrungen. Am 1. Juli schrieb der Chef des Generalstabes des OKH, Generaloberst Halder, in sein Tagebuch: „Es ist also nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass der Feldzug gegen Russland innerhalb von 14 Tagen gewonnen wurde. Natürlich ist er damit noch nicht beendet. Weite des Raumes und die Hartnäckigkeit des mit allen Mitteln geführten Widerstandes werden unsere Kräfte noch viele Wochen beschäftigen“.

Halder war aber der Meinung, dass es sich nach der Überwindung der Dwina und des Dnepr „weniger um die Vernichtung feindlicher Streitkräfte handeln wird, als darum, dem Gegner seine Industriegebiete zu nehmen und ihm keine Möglichkeit zu lassen, die Riesenkapazität seiner Industrie und seine unerschöpflichen Menschenreserven auszunutzen, um neue Streitkräfte zu schaffen“.

Wie sehr sich die Eindringlinge geirrt haben, verdeutlicht ein Bericht des Stabes der Heeresgruppe  Mitte an das Oberkommando des Heeres am 29. Juni, also fast parallel: „Die Vollendung der Vernichtungskämpfe im Osten wird sich wesentlich von den Kämpfen im Westen unterscheiden. Wenn im Westen und im Polenfeldzug die eingeschossenen Kräfte  des Gegners mit Beendigung der Kämpfe im großen und ganzen fast freiwillig hundertprozentig in die Gefangenschaft gingen, so wird das hier vollkommen anders vor sich gehen. Ein großer Prozentsatz der Russen verbirgt sich in großen, teilweise nicht durchkämmten Gebieten, in Wäldern, auf Feldern, in Sümpfen usw. Dabei werden ganze Bataillone mit voller Bewaffnung noch einige Zeit in solchen Gebieten durch Partisanenabteilungen gefährdet sein. … Der Grund hierfür liegt darin, dass die Russen sich im allgemeinen der Gefangenschaft entziehen“.

Die Faschisten haben sich in den sowjetischen Menschen getäuscht. Sie wollten den Boden der Ukraine und der anderen Republiken, die Krim und Odessa, und alle ihre Reichtümer. Der Mensch war nur ein Mittel, ein Instrument! Leider ist es nicht nur Geschichte!

Um das Eigentum der Monopole, ihre Macht und Herrschaft zu vermehren, werden Menschen missbraucht. Es wurde nicht nur Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, sondern Vernichtung des Menschen durch den Menschen, Ausrottung ganzer Menschengruppen angestrebt und praktiziert.

Der dann folgende Gegenschlag der UdSSR und ihrer Alliierten haben das mit der Vernichtung des Faschismus verhindert!

Prof. Dr. Anton Latzo ist Historiker und Mitglied des Beirats des Deutschen Freidenker-Verbandes


Bild oben: Deutsche Gebirgsjäger überschreiten die Grenze zur Sowjetunion, 22.06.1941
Foto Bundesarchiv, Bild 146-2007- 0127, CC BY-SA 3.0 de,
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5484024