Wiederholungszwang bei Fehlern
Deutschland stolpert in die Falle der eigenen Geschichte
Die Entwicklung ist bedenklich. Deutsche Politik reagiert mit Zensur und Repression, wo Dialog und Kurskorrektur geboten wären. Medien gängeln, wo sie breit informieren sollten. Man setzt auf Aufrüstung, wo Diplomatie geboten wäre. Deutschland wiederholt seine gemachten Fehler.
Von Gert Ewen Ungar
Erstveröffentlichung am 14.02.2024 auf RT DE
In Deutschland entwickelt sich eine hochbrisante gesellschaftspolitische Gemengelage aus Repression, wirtschaftlichem Niedergang und Kriegswillen. Es hat den Anschein, als würde Deutschland wie im Zwang alle seine gemachten historischen Fehler wiederholen. Das Bild, das Deutschland abgibt, verheißt für die Zukunft nichts Gutes.
Im Inland herrscht ein zunehmend repressives Klima. Nur noch vierzig Prozent der Deutschen trauen sich offen ihre Meinung zu sagen, ergab eine Umfrage im Dezember 2023. Es herrscht in Deutschland ein Klima der Angst und des gegenseitigen Misstrauens. Man checkt sich ab, bevor man etwas äußert. Mit freier und offener Gesellschaft hat das nichts mehr zu tun.
Der politische Diskurs ist vergiftet. Ihm ist jedes Maß verloren gegangen. Jeder, der von der vorgegebenen Linie der Bundesregierung abweicht, gilt als rechts. Die großen deutschen Medien nehmen hier auch dieses Mal wieder die unrühmliche Rolle ein, bei der staatlichen Repression aktiv mitzuwirken und sie zu befördern. Die Causa „Correctiv“ und die konzertierte Aktion um angebliche Vertreibungspläne der AfD ist der vorläufige Tiefpunkt des deutschen Kampagnenjournalismus zugunsten des politischen Status quo.
Dass Medien und politische Macht sich zu einem System der Repression vereinigen, passiert in Deutschland nicht zum ersten Mal. Es ist daher umso schlimmer, dass sich genau dies anscheinend immer und immer wieder wiederholen kann. Deutschland hat hier keinerlei Resilienz entwickelt. Es ist zudem nicht gelungen, Medienkompetenz breit in der deutschen Gesellschaft zu implementieren.
Unterstützt wird dieser repressive Kurs im Innern durch repressive Gesetze, die angeblich „Hass und Hetze“ sowie „Desinformation“ bekämpfen sollen, faktisch aber das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken. Die repressiven Tendenzen in Deutschland sind klar erkennbar. Dass sie als „Schutz der Demokratie“ getarnt werden, ändert an ihrem Charakter nichts. Sie dienen nicht dem Erhalt von Freiheit, sondern deren Abschaffung.
Der von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) präsentierte Katalog, mit dem sie den „Kampf gegen Rechts“ auf eine neue Ebene heben möchte, liest sich wie ein Handbuch für autoritäre Staaten. Der Willkür werden Tür und Tor geöffnet. Die Maßnahmen erweitern nicht die zugelassene Vielfalt im gesellschaftlichen Diskurs, sondern schränken ihn ein. Sie bannen nicht die Gefahr eines Rechtsrutsches, sondern sind der Rechtsrutsch selbst. Sie stärken nicht die Demokratie, sondern unterbinden Regierungskritik. Auch das ist nicht das erste Mal, dass dies den Deutschen passiert.
Ein strenges System von Zensur, verbunden mit der Gleichschaltung der Narrative durch die großen deutschen Medien zu den relevanten politischen Themen, hält Deutschland von Informationen von außen hermetisch abgeschlossen. Unter dem Begriff „Kampf gegen Desinformation“ soll die informelle Abschottung Deutschlands noch verstärkt werden. Die Deutschen werden gut über die deutsche Sicht auf die Welt informiert, sie erhalten aber keine Informationen darüber, wie die Welt auf Deutschland blickt. Man misst mit deutschem Maß. Es fehlt wieder einmal an interkultureller Kompetenz, dem Bemühen um Verstehen, und man schottet sich ab. Deutschland macht sich selbst zum Maß aller Dinge – auch das nicht zum ersten Mal.
Russische Sicherheitsinteressen zählen nicht. Ein anderer Blick auf Sexualität als jener, der gerade in Deutschland gepflegt wird, gilt als rückständig. Man weiß zwar nicht, wer Nord Stream gesprengt hat, behauptet aber ganz genau zu wissen, was in der chinesischen Provinz Xinjiang passiert. Von außen betrachtet wirkt das alles recht lächerlich. In Deutschland selbst glaubt man sich dagegen überlegen und im Recht nicht nur zur Einmischung, sondern zum Diktat der Regeln.
Für die Konsumenten des deutschen Mainstreams ist Geopolitik ein schlichtes Schwarz-Weiß. Dort die autokratischen Staaten und hier die hellen, lichten Demokratien. Deutschland ist selbstverständlich hell und licht. Russland ist die große Bedrohung. Das Land habe imperialistische Absichten. Ein russischer Angriff auf die Länder der EU stünde bevor, sollte die Ukraine den Krieg verlieren, wird in Deutschland behauptet.
Daher muss Deutschland schnell wehrhaft und kriegstauglich werden. Die mediale Abriegelung Deutschlands durch Zensur sorgt dafür, dass die Stellungnahmen Russlands zu diesen Vorwürfen gar nicht erst durchdringen. Der Feind steht im Osten – glaubt man in Deutschland nicht zum ersten Mal.
Der vermeintlichen russischen Gefahr begegnet man mit Aufrüstung. CDU-Hardliner Roderich Kiesewetter forderte eine weitere Verschuldung in Höhe von 200 Milliarden Euro. Sie sollen den 100 Milliarden zugeschlagen werden, mit denen die Bundeswehr aufgerüstet werden soll. 300 Milliarden für Aufrüstung, während die deutsche Wirtschaft sich in einem Abwärtsstrudel befindet. Die EU-Parlamentarierin der SPD Katarina Barley fordert gar die atomare Bewaffnung der EU. Immer weiter gehende Militarisierung, während die sozialen Verwerfungen in der deutschen Gesellschaft zunehmen, Infrastruktur zerfällt und der Staat die Grundversorgung nicht mehr gewährleisten kann. Es fehlt in Deutschland inzwischen an Grundlegendem, an ausreichend Wohnraum zum Beispiel. Auch diesen Fehler macht man in Deutschland nicht zum ersten Mal.
Im gleichen Maß, wie man sich zur Aufrüstung bekennt, baut man Diplomatie ab. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) sieht es nicht als ihre Aufgabe an, den Gesprächsfaden auch über Dissens hinweg aufrechtzuerhalten. Baerbock unterhält offenkundig keinen Kontakt zu ihrem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow. Sie bricht diplomatische Beziehungen einfach ab, wenn man unterschiedlicher Auffassung ist. Stattdessen setzt sie auf militärische Gewalt zur Lösung von Konflikten. Damit liegt sie im politischen Trend. Auch diese Form der Radikalisierung passiert in Deutschland nicht zum ersten Mal.
Deutschland stolpert von einem Fallstrick, den ihm die eigene Geschichte vor die Füße legt, zum nächsten. Es stolpert damit in den Krieg. Die Geschwindigkeit, vor allem aber die Vehemenz, mit der Deutschland gerade all das wiederholt, von dem es gelobt hatte, es nie mehr zu wiederholen, ist erschreckend. Das Beharren darauf, diesmal würde die deutsche Radikalität dazu führen, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, ist es ebenfalls.
Rettung, oder auch nur Korrektur, ist nicht in Sicht. Man schließt sich im „Kampf gegen Rechts“ und gegen angebliche „Autokratien“ gesellschaftlich zusammen, grenzt Kritik und Kritiker sowie die Opposition aus und bewirkt mit diesem großen Betrug an der Demokratie das, was man verhindern will: die Wiederkehr des Totalitarismus und politischen Extremismus in Deutschland als neuer Normalzustand der deutschen Gesellschaft.
Gert-Ewen Ungar studierte Philosophie und Germanistik und schreibt regelmäßig für die Neulandrebellen
Bild oben: Ruine des Reichstags nach der Schlacht um Berlin (Juni 1945)
Foto: No 5 Army Film & Photographic Unit, Gemeinfrei
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=640204