Demokratie – Medien – Aufklärung

Deutsche Propaganda: Wie „Die Zeit“ ihre Leser in den Dritten Weltkrieg führt

Die Ukraine verliert den Krieg. Das ist eine gute Nachricht, denn das bedeutet auch das Ende der westlichen Dominanz in den internationalen Beziehungen. Lediglich den deutschen Kriegsbefürwortern treibt es den Angstschweiß auf die Stirn. Sie fordern weitere Waffenlieferungen.

Von Gert Ewen Ungar

Erstveröffentlichung am 20.11.2023 auf RT DE

Er ist einer der größten Kriegstreiber Deutschlands. Er sitzt dabei bequem in den Sesseln der deutschen Talkshows und weicht keiner Interview-Anfrage aus: Politikwissenschaftler Carlo Masala. Masala verdingt sich nebenberuflich als Professor an der Universität der Bundeswehr in München. Hauptberuflich ist er Propagandist. Sein aktuell wichtigstes Anliegen: die Ukraine durch deutsche Unterstützung in den Stand zu versetzen, einen Sieg über Russland zu erringen. Masala setzt dabei rhetorisch auf das Verbreiten von Angst.

In einem Beitrag für die Wochenzeitung Die Zeit malt Masala gemeinsam mit Nico Lange die Gefahr eines russischen Überfalls auf die EU an die Wand. Auch Lange ist Kriegstreiber. Er arbeitet für die Zeitenwende-Kampagne der Münchner Sicherheitskonferenz, mit der den Deutschen die Militarisierung und die deutsche Konfrontationspolitik schmackhaft gemacht werden soll. Masalas und Langes haarsträubende These lautet: Wenn die Ukraine gefallen ist, könnte sich Russland die ganze EU einverleiben.

„Sirenen heulen. Handy-Warntöne schrillen tausendfach. Luftalarm in München, Frankfurt und Berlin. Marschflugkörper und Drohnenschwärme dringen in den deutschen Luftraum ein. Schon seit Tagen stehen auch deutsche Soldaten in Feuergefechten in den baltischen Staaten. In Reaktion auf russische Angriffe dort löste die Nato einen Artikel-5-Beistandsfall aus. Russland reagierte mit Raketen. […]
Klingt das übertrieben? Nein! Falls Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gewinnt, ist dieses Szenario realistisch“,

leiten die beiden Autoren ihren Beitrag ein.

Dann, so entwerfen sie ihr Horrorszenario weiter, fällt die freie westliche Welt und die Autokratien übernehmen das Ruder. Deshalb, so die Autoren des Textes, muss die Ukraine weiter mit Waffen versorgt und finanziell unterstützt werden. Sie muss über Russland siegen, sonst liegt die Welt in Trümmern.

Putins Angriff gelte der europäischen Sicherheitsordnung, behaupten Lange und Masala und führen damit ihre Leser hinters Licht. Sie täuschen ihr Publikum auch mit der Behauptung, Russland unter Putin habe imperialistische Ambitionen. Dies entspricht nicht den Tatsachen.

Die Sicherheitsordnung in Europa wurde nicht erst am 24. Februar 2022 angegriffen. Der Angriff erfolgte lange vorher. Spätestens mit der Einladung an die Ukraine zum NATO-Beitritt auf dem Gipfel in Bukarest im Jahr 2008 geriet die Sicherheitsarchitektur in Europa in Schieflage. Ein wichtiges, in der Schlussakte von Helsinki verankertes Prinzip wurde verletzt: die Unteilbarkeit von Sicherheit. Zwar besteht die Freiheit der Bündniswahl, diese wird jedoch dadurch eingeschränkt, dass dadurch das Gesamtsystem nicht aus der Balance gebracht werden darf.

Russland hat wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass mit der Aufnahme der Ukraine in die NATO eine rote Linie überschritten wäre. Der Westen hält bis zum heutigen Tage kompromisslos am Vorhaben fest, obwohl darin die Ursache des Krieges liegt. Ebenso hält die EU-Kommission unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gegen jede Vernunft und gegen das eigene Regularium daran fest, die Ukraine in die EU aufnehmen zu wollen. Damit ist auch die Frage geklärt, welche Region der Welt imperialistische Ambitionen hat. Russland ist es nicht. EU und NATO dehnen sich mit dem Ziel aus, ihre Ordnung aufzuzwingen. Hätte sich der Westen, hätten sich EU und Deutschland an den Geist von Helsinki gehalten, wäre der Konflikt mit Russland über die Ukraine niemals eskaliert. Der Krieg ist vom Westen gewollt. Sein Ziel ist, Russland zu destabilisieren und unter westliche Kontrolle zu bringen.

Damit aber ist das Problem umrissen, dem sich weder Masala noch Lange stellen wollen. Die Frage nach der Eigenverantwortung. Deutschland hat einen erheblichen Anteil an der Entstehung und der Eskalation des Konflikts. Vor dieser Tatsache verschließen die Autoren nicht nur ihre Augen, sondern auch die Augen der Leser. Sie werben für ein Weiter-So der Eskalationsstrategie, die bisher unzählige Menschenleben gefordert hat und die Ukraine ausbluten lässt.

Ja, Masala und Lange haben insofern recht, dass mit der absehbaren Niederlage der Ukraine die NATO massiv Schaden nimmt. Die NATO hat alles auf Sieg gesetzt und ist dabei, zu verlieren. Das wird die NATO ohne Frage nachhaltig schädigen ‒ unter Umständen geht das bis hin zur Auflösung. Warum aber Russland nach einem militärischen Erfolg in der Ukraine nach Berlin durchmarschieren sollte, erschließt sich aufgrund der Faktenlage jedoch nicht. Russland hat im Gegensatz zur NATO und EU eben keine imperialistischen Ambitionen.

Dieser Teil des Beitrags ist bloße Angstrhetorik und daher unredlich. Es gibt keine Äußerung Moskaus, die auf die Planung eines Marsches auf Berlin unter vorheriger Einnahme der baltischen Staaten und Polens schließen ließe. Das ist grober Unfug und Masala weiß das auch. Es ist schon allein militärisch nicht zu bewerkstelligen. Der Beitrag verbreitet Desinformation mit dem Ziel, Panik zu erzeugen, um darüber die Bereitschaft für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu erhöhen.

Putin plane die Neuordnung der Welt, schreiben die Autoren. Nach der Niederlage der Ukraine wäre die Zeit für diese Neuordnung gekommen. Die Autokraten der Welt übernehmen das Ruder.

„Bereits heute sehen wir, wie China, der Iran und andere Akteure die Bereitschaft des Westens, für seine Werte und die liberale Weltordnung auch robust einzustehen, testen. […]
Die ‚Neuordnung der Welt‘, wie es Putin unlängst ausdrückte, würde mit aller Macht und aller Gewalt voranschreiten.“

Ja, das ist in der Tat der Plan. Allerdings ‒ auch da führt Masala seine Leser in die Irre ‒ nicht im Sinne einer neuen, repressiven Ordnung, in der Freiheit unterdrückt wird, sondern im Gegenteil als ein Befreiungsschlag aus der jetzigen repressiven, westlichen Ordnung, hin zur Demokratisierung der internationalen Beziehungen. Das ist es, was Russland gemeinsam mit anderen Akteuren plant. Das ist kein Geheimnis, es wird öffentlich kommuniziert. Es ist nicht Unterdrückung und Repression, sondern Befreiung ‒ von der westlichen Hegemonie, die von der Mehrheit eben nicht als liberal und frei, sondern als ungerecht und als Geißel erlebt wird. Geplant ist eine gerechte Weltordnung, in der alle Länder vor dem internationalen Recht gleich sind.

„Ein russischer Sieg über die Ukraine würde das Ende der Welt, wie wir sie kennen, einläuten. Der Westen als Garant für Stabilität, Sicherheit und Ordnung wäre desavouiert. Revisionistische Akteure wie China, Russland, Iran und andere würden zusammen mit ihren Verbündeten ihre Vorstellungen von internationaler Ordnung durchsetzen.“

Dem ist sogar zuzustimmen. Die Niederlage der Ukraine läutet das Ende der westlichen Dominanz ein. Allerdings sind die Folgen eben nicht zwangsläufig negativ, sondern für den Großteil der Welt wünschenswert. Sich aus der Umklammerung des Kolonialismus und der regelbasierten Ordnung zu befreien, bei der der Westen die Regeln macht, an die er sich dann selbst nicht hält, ist für die Mehrzahl der Länder der Welt eine positive Perspektive. Der mangelnde Rückhalt gegenüber dem Sanktionsregime ist auch Ausdruck davon, dass sich die Welt von der westlichen Dominanz befreien möchte. Masala und Lang aber möchten das westliche Unrechtsregime aufrechterhalten.

„Wollen wir die Welt, die wir kennen, retten, müssen wir gemeinsam mit der Ukraine seinen [gemeint ist Putin] Angriff abwehren. Die Belohnung dafür wäre die Mühen mehr als wert. Denn eine aus der russischen imperialen Umklammerung endlich vollständig befreite Ukraine als Mitglied von Nato und der EU würde Deutschland und Europa einen Schub an Sicherheit, Wohlstand und globaler Geltung geben. Gleichzeitig würden Putins Niederlage und als Folge einer solchen sein absehbarer Sturz Chancen für eine künftig friedliche und konstruktive Rolle Russlands in Europa eröffnen. Insofern ist eine Niederlage Russlands in der Ukraine auch im Interesse Russlands und seiner Gesellschaft.“

Der letzte Satz ist sowohl an westlicher Arroganz als auch an Gefährlichkeit kaum zu übertreffen. Der Wunsch, einen „Regime Change“ in Russland herbeizuführen, ist genau das, was Putin im Inland stützt und ihm Zustimmungswerte beschert, von denen westliche Politiker nur träumen können. In Russland versteht man gut, dass der Stellvertreterkrieg in der Ukraine zwischen NATO und Russland auf die Souveränität Russlands abzielt. Man versteht, dass der Westen für sich das Recht in Anspruch nimmt, in anderen Ländern nach seinem Belieben und gegen die Interessen der Bevölkerung Marionettenregierungen einzusetzen.

Der Versuch eines Regimewechsels und die Zerschlagung russischer Souveränität wäre aber, auch das weiß Masala, nach russischer Nukleardoktrin der einzige Grund für den Einsatz von Nuklearwaffen. Es wäre daher kein „Schub an Sicherheit“, sondern ein Schritt auf dem Weg in die vollständige Vernichtung Europas. Russland wird diesen Krieg nicht verlieren. Und das ist gut so. Die Welt hofft darauf. Nicht weil sie endlich autokratisch werden möchte, sondern weil sie sich aus der westlichen Autokratie befreien will. Für dieses autokratische Prinzip aber steht aus Sicht der Länder außerhalb des kollektiven Westens die NATO, dafür steht die EU und dafür steht auch Deutschland. Man hat das satt.

Gert-Ewen Ungar studierte Philosophie und Germanistik und schreibt regelmäßig für die Neulandrebellen


Bild: Collage von Ralf Lux unter Verwendung von

Feuer/Zerstörung: pixabay.com / DeSa81 / Inhaltslizenz

„Die Zeit“-Logo: gemeinfrei
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23083590