Weltanschauung & Philosophie

„Die Guten“ sind keine Rassisten

von Gregor Gasse

Sprüche 14, 15 (EB*)

„Der Einfältige glaubt jedem Wort, aber der Kluge achtet auf seinen Schritt.“

Deutung (Extrakt):

Wie es dem Einfältigen geht, liest du darin, was in den Überschriften steht! Eine emotionale Reise, die von Widerspruch zu Widerspruch geht, wenn es erwartet und ausgerufen wird. „Welches Ende wünsche ich mir, und welches fürchte ich? Ich wünsche mir einen totalen und vernichtenden Sieg für die Ukraine, und zwar aus mehreren Gründen: Unter Putin wird Russland nicht verhandeln. Seine Worte könnten bloßes Machogehabe sein, doch hat er mehrfach angedeutet, dass er einen totalen (das heißt atomaren) Krieg jeder Verhandlungslösung vorzieht. Ich wünsche mir einen totalen und vernichtenden Sieg für die Ukraine, weil die Russen täglich Verbrechen gegen die Menschlichkeit verüben, die nicht ungesühnt bleiben dürfen. Nicht zuletzt wünsche ich mir, dass Russland vernichtend geschlagen wird, weil Putin die ideellen Werte Europas bedroht“, Eva Illouz (Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität in Jerusalem) in einem „Zeit“- Gastkommentar; die Nazi-Rhetorik und Sieg-Heil-Attitüde wird hier billigend in Kauf genommen, alles ist berechtigt, wenn es sich nur gegen den ausgerufenen Feind richtet!

Wir sind partout gegen Rassismus, wenn sein Ziel nicht gerade unser Feind, das Böse ist. Dann sind wir auf übelste Art und Weise rassistisch, wobei es bei uns dann kein Rassismus ist, sondern der Widerstand gegen bösartige Regime, gegen das Böse, welches aber grundsätzlich durch andere bezeichnet wird. Gleiche Rhetorik, Gedanken, Taten bedeuten nicht gleiche Konsequenzen! Würde ein anderer dasselbe sagen oder machen wie wir, wir würden ihn lauthals als Rassisten beschimpfen und in unseren Medien an den Pranger stellen. Aber wir sind ja die Guten, und die Guten waren keine Rassisten, wenngleich sie sich wie solche aufführten.

Das beobachtet man gegenwärtig oder eigentlich schon länger in der Ukraine. Die vermeintlich kulturellen Emanzipationsbemühungen verenden im Rassismus. Russische Bücher werden geschreddert, die russische Sprache verboten, linke Parteien mit dem Verdacht auf russische Sympathie zerschlagen, die Medien gleichgeschaltet und unter Beobachtung gestellt… Was mit dem Einmarsch der russischen Armee begründet wird, dabei gab es diese Bestrebungen schon viel früher. Der ukrainische Präsident und seine Gefolgsleute setzen auf den Rassismus (Bandera-Verehrung, Asow-Batallion, geschürter Russenhass…), um darüber vermeintlich eine eigene kulturelle Identität zu schaffen. Dieses Phänomen kann man überall auf der Welt beobachten. Aber kulturelle Identität entsteht nicht durch Abgrenzung, sprich Rassismus, sondern über Assimilation und Neugestaltung!

Wir sprechen von „der Ukraine“ und übernehmen das Bild, welches uns ihr Präsident und seine Regierung übermittelte. Dabei hat das ukrainische Volk zum einem Gutteil familiäre Beziehungen zu Russen, die russische Sprache ist häufig ihre Muttersprache, ganze Landesteile der Ukraine fühlen sich mehr Russland zugehörig als „der Ukraine“. Was seit Jahren zu einem blutigen Konflikt zwischen diesen unterschiedlichen Parteien führte. „Die Ukraine“ ist nicht „die“ Ukraine, was weder die Gewalt der einen noch der anderen Seite berechtigte! Es geht um ein Ende des Massenmordes, der nicht zur Freiheit oder irgendwelchen vermeintlichen Werten führte, sondern einzig zu Massenmord!

Die Unterstützung der Einfältigen gegenüber der Kriegspropaganda und dem Massenmord lag unter anderem gewiss an dem weiterhin „erfolgreichen“ Feindbild des „bösen Russen“. Während Russland mit Dostojewski, Tschechow, Tolstoi, Gorki, Puschkin, Mussorgski, Tschaikowski, Kropotkin, Wygotski… lockte, bot Nordamerika Popkultur, seichte Hollywoodunterhaltung, die „Socialmedia-Revolution“. Die nordamerikanische Kultur war in allem viel massentauglicher, bestimmt auch stumpfsinniger und oberflächlicher, aber unweigerlich zugänglicher. Der Mensch sehnte sich im unbewussten Zustand nicht nach intellektueller Tiefe, sondern nach scheinbarer Leichtigkeit, Lebensfreude, Teilhabe an der Illusion der Massenprodukte.

Hierüber wurde natürlich das Welt- und Menschenverständnis der Menschen nachhaltig beeinflusst. „Den Russen“ kannten wir zumeist nur aus Hollywoodfilmen oder als James-Bond-Schurken, wenngleich die russische Spionin häufig attraktiv war. Etwas, was die russische Kultur bisher als Waffe im Krieg um die Köpfe noch nicht recht eingesetzt hatte. Vielleicht wird es irgendwann die russische Schönheit sein, die Nordamerika von dem Thron der erfolgreichen Massenbeeinflussung stürzte?! Die Tiefe, die Melancholie, die Herzlichkeit, Gastfreundschaft, das religiöse Erleben und die besonders ausgeprägte Form, den Menschen wahrzunehmen und zu verstehen, die die russische Kultur prägen und die uns ihre Denker und Dichter geschenkt haben, ist für die meisten Menschen nichts, was sie mit Russland in Verbindung bringen konnten.

So musste es nicht verwundern, dass die meisten Menschen der russischen Kultur skeptisch gegenüberstanden, sie hatten einfach kein selbstgebildetes Verständnis von ihr, sondern dieses durch Hollywoodproduktionen und britische Seifenopern erhalten und dort war der Russe ein Schurke, das Böse, welches das Böse einzig aufgrund dessen verfolgte, weil es böse war und alles in Frage zu stellen suchte, was man in den USA und der EU nicht weniger vergeblich suchte. Wäre da nicht dieser äußerst skrupellose Feind, der den Blick derart beschränkte, dass man im allgemeinen gar nicht mehr zur Frage gelangte, was genau das sein soll, was man mit „westlichen Werten“ bezeichnete?

Wieder einmal wollte man etwas exportieren, was man gar nicht hatte. Weder „Werte“ noch „Demokratie“, weshalb man wohl auf Zwang zurückgreifen musste, der bedauerlicherweise nicht den erwünschten Effekt hatte. Was in der Geschichte der Sanktionen noch nie wirklich funktionierte. Sanktionen waren lediglich dazu da, dass andere Volk leiden zu lassen, aber die verfolgten Ziele ließen sich zumeist nicht erreichen. Warum sollte ich jenen lieben, der mein Leben verschlechterte, wenngleich er mich davon zu überzeugen suchte, dass das zum Besten für mich wäre?! Das kannten die Menschen in allen Ländern der Welt schon durch ihre Regierungen, was sollte der Austausch des Unterdrückers für die Unterdrückten Gutes bedeuten?!

Wie man es nun sehen konnte und musste, die Sanktionen führten nicht dazu, dass die Menschen in Russland den westlichen Führern glaubten, sie würden ihnen etwas Gutes, etwas anderes bringen. Obwohl es unter jungen Menschen gewiss ein Bestreben zum Westen hin gab, weil sie Opfer der Propaganda wurden, die ihnen erzählte, dass sie im Westen frei leben könnten, alle unter dem Regenbogen, solange sie die allgemeine Propaganda guthießen und befolgten. Und wäre nicht der ausufernde Rassismus in den Köpfen und Medien, würden gewiss noch mehr Menschen für die vermeintliche Freiheit im Westen auf die Straße gehen.

Man weiß nicht, was soll man den Russen wünschen? Freiheit von ihrem Führer zugunsten ausländischer Großkonzerne und Banken? Denn so würde ihre Zukunft aussehen! Das war die Freiheit, für die „die Ukrainer“ kämpften, die letztlich um ihre kulturelle Identität betrogen werden, da sie sich den allgemeinen Vorgaben unterwerfen müssen, um Teil vom „Guten“ zu werden. – Oder sollen sie sich von Europa isolieren? Kann man sich das als aufgeklärter Europäer wünschen? Sollten wir uns nicht eher miteinander solidarisieren, ich spreche hier von allen Völkern, mag diese Position in der allgemeinen Propaganda auch nicht existieren, und jene von ihren Posten vertreiben, die Grenzen zwischen Menschen setzen, die überhaupt nicht existieren?! Ist es nicht Frieden, den wir uns alle wünschen sollten?! Wem nützt das Massenmorden, einzig Großkonzernen und Banken, also jene, die uns durch ihre Medien gegeneinander aufhetzen. Doch kein toter Russe, kein toter Ukrainer, keiner der Millionen und Milliarden der Armen auf der Welt werden zur Freiheit, zum Frieden, zur Menschenwürde gelangen. Wir sind einzig „Humankapital“ in ihrer Sucht nach neuen Milliarden, neuen Gebieten, die man ausbeuten und abfressen konnte. Während man alsbald den Menschen gekrümmt in all der Zerstörung gehen sehen konnte, in seinen leeren Augen die unbeantwortete Frage, wofür ganz genau man eigentlich gekämpft hatte?! Dem Elend vor dem Krieg folgte das Elend nach dem Krieg!

Die Geschichte liest sich immer gleich, weil sich Einfältige und Narren demgemäß auszeichnen, dass sie die selben Fehler ständig wiederholen und doch fest daran glauben, es würde etwas anderes daraus folgen! Wie sie es gegenwärtig wieder praktizieren, dem gleichen Verhalten sollte eine andere Konsequenz folgen, schließlich waren sie „die Guten“, und dem musste sich alles andere unterordnen. So waren die Einfältigen und Narren, sie glaubten wirklich, was sie tagtäglich unter die Leute und durch sich verbreiteten!

Der Krieg wird den Krieg beenden und aus den Trümmern der Zivilisation wird das Licht eines neuen Morgens erstrahlen und man sieht Kinder, Familien, Alte freudig lachend in der Sonne spielen und die Vögel musizierten Lieder der Freiheit und alle Menschen waren gleich, hatten genug und erlebten „das tausendjährige Reich“

Diese goldene Zukunft würde alle „Guten“ erwarten, wenn wir erst die Russen aus der Ukraine vertrieben haben, dann natürlich die Chinesen in ihrem Drang nach der Weltherrschaft aufhalten, schließlich nur noch den Iran, Afghanistan, Syrien, Venezuela, Kuba, Weißrussland, Nordkorea… „befreien“ mussten und dann konnten wir endlich in Frieden leben! Der Weg zum Aufgang der Menschheit führt im verqueren Denken über jede Menge Leichen, wobei sie ihre Zukunftsvision so weit nicht durchdenken, sie glauben wirklich, mit dem „totalen Sieg“ etwas anderes als die Vorbereitung auf den nächsten Krieg zu erreichen!

Gregor Gasse betätigt sich seit über zwei Jahrzehnten als Autor von philosophischen, psychologischen, sozialkritischen Texten und Büchern, die sich mit den Missständen der Herrschaftssysteme und dem Versuch, Lösungen dafür zu formulieren, auseinandersetzen.

* EB = Elberfelder Bibel

Wir danken dem Autor für die Genehmigung zur Veröffentlichung seines Textes.


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Bild oben: „Das heutige Europa“ – satirische Karte von 1887
Verlag von Caesar Schmidt, Zürich, Gemeinfrei
Quelle: Library of Congress Prints and Photographs Division Washington – https://www.loc.gov/pictures/item/2009631645/