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Zwei Beiträge von Dagmar Henn
Unsere Autorin sucht nach Logik und Intelligenz in der medialen Putin-Berichterstattung und in Baerbocks Einlassungen im Bundestag – mit niederschmetterndem Ergebnis.
Einer nimmt Journalisten fest, der andere ist an der Front – das Märchen vom doppelten Putin
Der Besuch Wladimir Putins an der Front muss die westlichen Medien so geärgert haben, dass sie dankbar die ukrainische Erfindung übernahmen, er sei in Wirklichkeit gar nicht dort gewesen. Ein Double sei an die Front geflogen, wird behauptet.
Von Dagmar Henn
Erstveröffentlichung am 20.04.2023 auf RT DE
Das ist eine der Arten, wie sich der Westen im Umgang mit Russland immer wieder selbst das Bein stellt: Geheimnisse zu suchen, wo keine sind. Die Begeisterung, mit der die deutsche Medienlandschaft die ukrainische Behauptung aufgegriffen hat, es sei gar nicht Wladimir Putin selbst gewesen, der die russischen Truppen an der Front besucht habe, ist ein typisches Beispiel dafür.
Und der Welt-Reporter Christoph Wanner liefert ein besonders nettes Exemplar: „Ich weiß das letztlich auch nicht, ob da Doppelgänger im Spiel sind, und ob der russische Präsident all diese ganzen Reisen ins Kriegsgebiet selbst gemacht hat. Das große Problem, das wir haben, ist, dass wir da alle im Nebel stochern. Das Leben von Wladimir Putin ist de facto ein großes Geheimnis, da kommt man nicht ran.“
Es ist zwar faktisch schwer vorstellbar, wenn man die vielen öffentlichen Termine des russischen Präsidenten betrachtet, wo er in diesem Terminkalender noch Geheimnisse unterbringen soll – das einzige, das vielleicht noch Platz hätte, wäre ein klein wenig Privatleben –, aber es ist eine zentrale Vorstellung der gesamten Berichterstattung: Die russische Politik ist nicht das, was man sieht, sie besteht eigentlich nur aus der Person Putins, und darum muss diese Person ein Geheimnis sein.
Diese Legende funktioniert, weil die wirklichen Reden Putins sowie die wirklichen politischen Beschlüsse des russischen Parlaments einfach nicht wiedergegeben werden; allerhöchstens ein, zwei Sätze, oft auch noch in ihrer Bedeutung verdreht, wie bei der vielfach vorgeworfenen „nuklearen Drohung“. Wäre es anders, würde man entscheidende Reden nach wie vor im Original abdrucken, dann würde auffallen, dass zwischen den Aussagen und den Handlungen kein Widerspruch besteht. Was auch damit zu tun hat, dass diese Aussagen in der Regel sehr konkret sind; anders als das in Deutschland übliche Wertegeschwalle, das die Kollision mit der Wirklichkeit durch maximale Unschärfe vermeidet.
Es darf schlicht keine rationale, nachvollziehbare Politik sein. Schon gar keine Politik, die von einer breiten parlamentarischen Mehrheit getragen wird, die tatsächlich über manche Themen über Jahre debattiert. Der Antrag, die Donbassrepubliken anzuerkennen, wurde von der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF) acht Jahre lang immer wieder eingebracht, bis er letztlich beschlossen wurde. So viel politische Normalität steht dem Bild im Weg, das man zur Erschaffung eines Feindes braucht.
Also muss alles Putin persönlich sein. So wie Außenministerin Annalena Baerbock jüngst behauptete, Putin habe einen Journalisten festgenommen. Und weil alles Putin persönlich ist, es nicht einmal eine Mannschaft um ihn herum gibt (egal, wie laut sich Dmitri Medwedew zu Wort meldet), kann natürlich ein Putin nicht reichen. Schon allein deshalb nicht, weil der finstere, irre Diktator sich vor den Menschen fürchten muss (eine Behauptung, die auch schon in Bezug auf Josef Stalin aufgestellt wurde und die letztlich auf Geschichten über Iwan den Schrecklichen oder Grigori Rasputin zurückgeht). Zwölf Tage müsse man in Quarantäne, ehe man Putin treffen dürfe, wird allen Ernstes behauptet. Auch wenn feststeht, dass weder der chinesische Verteidigungsminister noch andere Staatsgäste der jüngsten Zeit zwölf Tage Zeit hatten. Diese Idee ist vermutlich ein Relikt aus dem Jahr 2021, als der französische Präsident Macron an diesen ganz langen Tisch gesetzt wurde. Das musste seinen Grund in irgendeiner Verrücktheit haben, denn der Westen ist gut und liebenswert …
In der wirklichen Welt wäre Baerbock wesentlich leichter zu doubeln als Putin, denn niemand würde intelligente, kenntnisreiche Antworten erwarten. Wenn man einmal die jährliche Fragerunde von Putin gesehen hat, kann man sich nur schwer vorstellen, an seine Stelle jemanden zu setzen, der ihm nur ähnlich sieht. Das könnte nur funktionieren, wenn das Double gleichermaßen intelligent wäre.
Intelligenz ist allerdings ein Stichwort, das in der ganzen Geschichte eine besondere Rolle spielt. Es ist nämlich nicht so, dass besondere Intelligenz beliebt macht, nicht in Deutschland. Im Gegenteil, sie löst bei vielen wüste Ängste aus, was sich dahinter verbergen könnte. Wie der Dunning-Kruger-Effekt dafür sorgt, dass besonders dumme Menschen besonders selbstsicher sind, gibt es ein bisher unbenanntes Gegenstück, nach dem besonders intelligenten Menschen unterstellt wird, stets andere als die geäußerten Absichten zu verfolgen. Schlicht, weil die Dummen diese Absichten nicht nachvollziehen können, selbst wenn sie offen auf dem Tisch liegen.
Nun ist das gesamte politische System des Westens mittlerweile eine Negativauslese, bestückt mit besonders eitlen, dummen, lenkbaren Personen. Sie halten ihr aufgeblasenes Geschwalle tatsächlich für politische Aussagen und unterstellen deshalb automatisch finstere Absichten, wenn diesem Muster nicht gefolgt wird. Und es gibt keinen Grad an Transparenz und Offenheit, der an dieser Reaktion etwas ändern kann; nur, wenn sie auf ein Gegenüber treffen, das ebenso eitel, dumm und lenkbar ist, verstummt ihr Misstrauen. Das liegt schlicht daran, dass sie spüren, dem anderen nicht das Wasser reichen zu können; man denke nur an die geradezu hasserfüllten Blicke, die Baerbock im Dezember 2021 auf Sergei Lawrow warf.
Dass diese Mischung aus leeren Köpfen für den Westen steht, zeigt, dass das politische System nicht mehr angemessen funktioniert. Der Mechanismus, der das Personal für die führenden Stellen bestimmt, ist durch die langfristigen Folgen gepredigter politischer Apathie wie durch die Wirkung der Einflüsse von Großspenden und der Ersetzung politischer Debatte durch Werbekampagnen so weit verzerrt, dass diejenigen, die nach oben gelangen, dies vor allem tun, weil sie sich fraglos in Vorgaben einpassen und sich die anderen Dummen von ihnen nicht bedroht fühlen. Die Funktion, die sie eigentlich erfüllen sollten, können sie nicht mehr erfüllen.
Und die Medien? Sind so sehr im Gleichklang mit diesen politischen Chargen und so sehr daran gewöhnt, die wirkliche Arbeit der Vermittlung von Kenntnissen nicht mehr leisten zu müssen, dass sie solche Wahnvorstellungen gerne aufgreifen und wiedergeben. Von Putin, dem finsteren Potentaten, dem verängstigten Alleinherrscher, der seine Doppelgänger schickt.
Dabei wäre das entscheidende Motiv, Doppelgänger einzusetzen, einzig die Propaganda. Die russische Medienlandschaft ist aber nicht halb so sehr auf Propaganda ausgerichtet wie die deutsche, von der ukrainischen ganz zu schweigen. Putins Besuch an der Front ist eine kurze Mitteilung, mehr nicht; niemand fühlt sich veranlasst, daraus Heldengesänge zu zimmern, wie das regelmäßig um den ukrainischen Präsidentendarsteller geschieht. Aber natürlich bedroht die Tatsache, dass Putin ganz einfach dort aufschlägt, die Erzählung, die man um die Kiewer Marionette gesponnen hat, die ja so unglaublich mutig ist. Also muss man mal wieder in die Kiste mit den Doppelgängern greifen.
Dabei wäre es andernorts eine wirklich gute Idee. Ein oder zwei nicht demente Doppelgänger für US-Präsident Joe Biden könnten der Welt unzählige Peinlichkeiten ersparen, und der Greis könnte seine Tage in einer Umgebung verbringen, die er kennt. Das wäre auch keine allzu große Herausforderung – schließlich müssten sie nur ähnlich aussehen und ganze Sätze sagen können. Nachdem auch das Personal der US-Regierung auf dem Niveau der deutschen dümpelt, könnte es sogar sein, dass ein solcher Austausch niemandem auffiele.
Dagmar Henn ist Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes
Wirrwarr und gefährliche Ahnungslosigkeit – Baerbocks Befragung im Bundestag
Es ist schwer, ihren Äußerungen zuzuhören, denn meist enden sie im Nichts. Noch schwerer ist es, das Denken dahinter nachzuvollziehen. Aber bei genauer Betrachtung verrät die Bundesaußenministerin Baerbock vor allem etwas über sich selbst.
von Dagmar Henn
Erstveröffentlichung am 20.04.2023 auf RT DE
Die Welt im Kopf von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist eine seltsame; aber sie ist gut gegen ein Eindringen der Wirklichkeit abgesichert. Das hat die Befragung in der 96. Sitzung des Deutschen Bundestages am Mittwoch bewiesen. Was sie auch bewiesen hat: Im ganzen Deutschen Bundestag sieht es wohl ähnlich aus, wenn man von der AfD und Teilen der Linken absieht.
Am wohlsten fühlte sie sich zu Beginn, als sie mit der Redezeit noch aus dem Vollen schöpfen und mit endlosen, nicht gerade gelungenen Bandwurmsätzen ihre Vorstellungen ausbreiten konnte. So etwa, als sie auf die erste Frage aus der CDU, die noch mehr Unterstützung für Taiwan forderte, ihre bekannte Position wiederholte und mit den Worten schloss: „… und was manchmal hier dann vielleicht in der Berichterstattung nicht ganz so deutlich gesehen worden ist: Als der französische Präsident dort war, ist ja auch eine französische Fregatte durch die Straße von Taiwan deutlich gefahren und hat damit deutlich gemacht, dass wir eben das Verständnis mit Blick auf die Freiheit dieser so für den Welthandel wichtigen Route als Europäer gemeinsam beieinanderstehen.“
Nun ja. Im schriftlichen Protokoll wurde diese Passage – wie andere Baerbocksche Stolperer – so weit redigiert, dass ein grammatikalisch vollständiger Satz daraus wurde, so wie auch alle anderen Wortneuschöpfungen diskret unterschlagen werden (Sellschaft statt Gesellschaft, Griff statt Begriff). So, wie sie tatsächlich gesagt wurden, enthüllen diese Sätze allerdings mehr.
So ging es eine ganze Zeit lang weiter. Aus der SPD-Fraktion wurde dem G7-Mitglied Japan der Vorwurf gemacht, bisher nicht willig genug Russland sanktioniert zu haben, dem Baerbock mit einem weiteren Wortschwall widersprach. Wenn man halbe Sätze aus diesen Bandwürmern herausschneidet, kann man zumindest so tun, als hätte das Ganze einen Sinn gehabt.
Nach der ersten Frage aus der AfD-Fraktion gelingt das dann nicht mehr. Befragt wurde Frau Baerbock nach einer E-Mail, die von einem Referat im deutschen Auswärtigen Amt an die Botschaft in Pakistan gegangen sein soll, damit dort auch in möglicherweise gefälschte afghanische Pässe Visa erteilt werden. Woraufhin Baerbock zwar mit besonders viel Pathos antwortete und mit Begriffen wie Rechtstaatlichkeit um sich warf, nur leider nicht beantwortete, ob es diese Mail gab oder nicht. Wenn man ihre langen Ausführungen hört, wird einem noch nicht einmal klar, ob sie das selbst überhaupt weiß. Aber auf jeden Fall meinte sie zu wissen, dass jetzt irgendwo das Stichwort Frauen und Kinder fallen muss. „Und deswegen habe ich mit den Pakistani eine Vereinbarung getroffen, dass Menschen über ihre Grenze kommen können, auch wenn sie keine Pässe haben, weil Pässe dort nicht ausgestellt werden, wir können alle froh sein, dass wir Reisepässe haben können, um zu reisen. Das funktioniert da nicht. Und deswegen haben wir dafür gesorgt, dass Frauen und Kinder, insbesondere solche, oder Anwältinnen, Rechtsanwältinnen, schnellstmöglich aus Pakistan rauskommen können.“
Wenn man versucht, Baerbockisch ins Deutsche zu übersetzen, würde das heißen: weil den Leuten keine Pässe ausgestellt werden, kommen sie ohne Pässe – was dann logisch ergeben würde, dass die Pässe, in denen dann Visa erteilt werden, nicht nur gefälscht sein können, sondern geradezu gefälscht sein müssen (außer, die afghanische Botschaft in Islamabad würde sich jedes Bein ausreißen, um entschwindende Staatsangehörige ohne Papiere schnell noch mit ordentlichen Dokumenten auszustatten). Aber eben das hat sie nicht gesagt, sondern nur etwas, das man auf diese Art deuten kann, wenn man voraussetzt, es wäre wirklich ein Sinn in dieser Antwort zu finden.
Später gab es eine Frage des – ehemals AfD – jetzt fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Robert Farle. Der wollte von ihr wissen – angesichts der Verurteilung einseitiger Sanktionen durch die mit großer Mehrheit im UN-Menschenrechtsrat am 3. April angenommene Resolution: „Werden Sie jetzt Ihr vehementes Eintreten für ständig schärfere Sanktionen überdenken und endlich das Völkerrecht respektieren und den ständigen Bruch des Völkerrechts beenden?“
Daraufhin schwadronierte Baerbock etwas von Blockade des Sicherheitsrats durch Russland, und dass die Vollversammlung ja Russland als Angreifer benannt habe. Das ändert aber erstens nichts an der Tatsache, dass dennoch nach geltendem Völkerrecht einseitige Sanktionen illegal sind, und übergeht zweitens den Punkt, dass die Lage im UN-Sicherheitsrat aufgrund der Vetorechte von Anbeginn so war und eben jener Punkt, dass Sanktionen dort nur verhängt werden können, wenn die Nuklearmächte sich einig sind, Teil dieser Konstruktion ist. Es war eben niemals beabsichtigt, dass Sanktionen zu einem alltäglichen Mittel der Politik werden, die bestimmte Länder nach ihrem Gutdünken verhängen können.
Aber das würde voraussetzen, dass Annalena Baerbock Ahnung von der Geschichte dieser mühsam nach dem Zweiten Weltkrieg errungenen Institutionen und ihrer Rechtsbegriffe hätte und dass Sanktionen eben keine „zivilen Mittel“ sind, sondern Maßnahmen eines Wirtschaftskrieges. Die Folgen der Sanktionen gegen den Irak sind allgemein bekannt, ebenso wie die Aussage der damaligen US-Außenministerin Albright dazu, sie seien eine halbe Million toter Kinder im Irak wert gewesen.
Auch Sevim Dağdelen von der Fraktion Die Linke fragte danach, was Baerbock denn zur Haltung des globalen Südens sage. Und Baerbock antwortete nicht, sondern lenkte ab – es gebe ja auch andere afrikanische Länder.
Das deutlichste Beispiel, wie unzugänglich Baerbock für eine sich verändernde Wirklichkeit der Weltlage ist, war ihre Antwort auf die Frage von Petr Bystron (AfD). Er fragte kurz und bündig: „Der Internationale Währungsfonds [IWF] prophezeit sogar eine Stärkung der russischen Wirtschaft. Ist das ein Scheitern Ihrer Politik, und welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen?“
Die Antwort verrät mehr, als der Außenministerin lieb sein kann: „Mit Blick auf Russland und die Frage – diese Frage haben Sie mich ja schon öfter gestellt –, ich empfehle das Lesen eines Wall-Street-Journals-Artikels über die Auswirkungen der Sanktionen, der wirtschaftlichen Lage in Russland, leider wurde dieser Journalist vom russischen Präsidenten, den Sie ja offensichtlich unterstützen, verhaftet, Völkerrechtsbruch pur, ich kann nur an Sie appellieren, dass Sie vielleicht ihre guten Drähte nach Moskau nutzen, damit dieser Mensch wieder freikommt und wir solche Fakten überall auf der Welt lesen können.“
Diese Antwort zeigt zum einen, dass sie leidenschaftlich gerne Propagandageschichten lauscht; bei dem von ihr angesprochenen Journalisten kann es sich nur um den Journalisten für das Wall Street Journal (WSJ) handeln, der wegen Spionage festgenommen wurde. Das kommt vor, ist aber eine Frage des Strafrechts und nicht des Völkerrechts, denn es gibt keine völkerrechtliche Regel, die Journalisten Immunität verleiht. Sie erzählt eine Geschichte, die den Eindruck erwecken soll, besagter Journalist sei verhaftet worden – und zwar von Putin persönlich –, weil er die Wirksamkeit der Sanktionen bestätigt habe.
Das ist in jeder Hinsicht eine Räuberpistole, und wenn sie die selbst glaubt, kann man sie nur bedauern. Aber auf der rein professionellen Ebene zeigt es, dass sie nicht weiß, wie man Informationen bewerten muss. Weil sie glaubt, irgendein Artikel aus dem WSJ könne ein Argument gegen eine Einschätzung des IWF sein. Das ist, als wolle man mit einem Artikel aus dem Osnabrücker Tagblatt Zahlen des Statistischen Bundesamtes widerlegen – eine Studie des IWF steht zweifelsfrei qualitativ weit über einem einzelnen journalistischen Artikel in einer einzelnen Zeitung. Wer völlig unfähig ist, Informationen nach ihrem Gewicht einzustufen, ist nach Belieben manipulierbar und vermag nicht wahrzunehmen, wenn die Wirklichkeit von der eigenen Vorstellung abweicht. Für jedes politische Amt oberhalb der Kreisebene ist so jemand völlig untauglich.
Erschütternd ist nur, dass sie für diese Sätze auch noch Beifall erhielt. Vermutlich, weil das Muster vom „bösen Putin“ gegen „freie Presse“ bedient wurde, das fast alle dort Versammelten so lieben, egal, ob es wahr ist oder nicht. Eigentlich hätte ihr Gelächter entgegendröhnen müssen, schon allein wegen der Formulierung „wurde vom russischen Präsidenten verhaftet“. Als gäbe es in Russland keine Polizei, keine Sicherheitskräfte, jedes Mal müsse der Präsident dann persönlich ran. Aber dahinter mag sich in der Umkehr ihre eigene Erwartung an ihre eigene Machtfülle verbergen; denn anders denn als individuelle Herrschaft, als persönliche Machtausübung vermag sie – das zeigt ihr Auftreten immer wieder – ihre eigene Tätigkeit nicht wahrzunehmen.
So, wie sie nach wie vor auch völlig übergeht, dass sie an der Sabotage der Minsker Abkommen beteiligt war und damit persönlich Mitverantwortung an der Entwicklung in der Ukraine trägt. Das ist ihr vermutlich einfach beim Spielen so passiert.
Es gab ja eine Reihe Autoren, die gern behaupteten, eine kindliche Sicht auf die Welt sei reiner und unschuldiger. Was wir hier serviert bekommen, ist eine kindliche Sicht aus einer fantasierten Position der Überlegenheit, und nichts daran ist noch rein und unschuldig. Wobei nicht klar ist, ob ihr permanentes Ablenken von den an sie gerichteten Fragen eine bewusste Reaktion ist oder ob sie einfach zeigt, wie ungeordnet Geschichtchen und Emotionen in diesem Kopf gelagert werden. Es gibt viele Politiker, die die Kunst beherrschen, sich auf Rückfragen hin in einen Pudding zu verwandeln, der sich beim besten Willen nicht an die Wand nageln lässt. Bei Baerbock ist das keine Kunst. Der Pudding ist der Zustand; die einzig soliden Konstanten sind die transatlantischen Phrasen, die sie wohl – oder irgendwer mit ihr – regelmäßig übt.
Dagmar Henn ist Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes
Bild oben: Bildmontage unter Verwendung von:
Wladimir Putin
Foto Kremlin.ru, CC BY 4.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=123431147
Bild Mitte:
Annalena Baerbock bei einer Plenarsitzung im Bundestag, 2019
Foto: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 de
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=87560470