Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde
Zum 150. Todestag Ludwig Feuerbachs
von Reinhold Brunner
Am 13. September 2022 jährte sich der Todestag von Ludwig Andreas Feuerbach zum 150. Male. Von 1859 bis zu seinem Tode 1872 lebte der Philosoph und Anthropologe im heutigen Stadtteil Rechenberg in Nürnberg. Seine Werke waren für die deutsche Philosophie und für die Aufklärung von außerordentlicher Bedeutung.
In Landshut wurde er 1804 geboren, in München besuchte er die Elementarschule, in Bamberg die Oberprimärschule und in Ansbach das Gymnasium Carolinum.
Ludwig Feuerbach studierte in Heidelberg, Berlin und Erlangen.
Im Internetauftritt der Uni Erlangen ist zu lesen:
„Im Jahr 1828 promovierte und habilitierte sich Feuerbach an der Friedrich-Alexander-Universität in Philosophie und entwickelte sich zu einem der profiliertesten Vertreter des philosophischen Materialismus. Mit seiner Religionskritik übte Feuerbach einen nachhaltigen Einfluss auf die Bewegung des Vormärz aus. Schlagartig bekannt ist er durch die Publikation seines Hauptwerks „Das Wesen des Christentums“ geworden.
Feuerbach gilt als Wegbereiter der marxistischen Philosophie.“
Das Feuerbach Ehrenmal in Nürnberg
Freigeistige Bürger Nürnbergs, der Nürnberger Bund für Geistesfreiheit und der Deutsche Monistenbund setzten sich für die Errichtung eines Ehrenmals zum Gedenken an Feuerbach ein, gegen den erbitterten Widerstand der Großkirchen, rechtskonservativer und faschistischer Organisationen. Sie beschafften die nötigen finanziellen Mittel und beauftragten die Schaffung und Errichtung des Feuerbach-Kenotaphs am Rechenberg. 1930 wurde das Ehrenmal an die Stadt Nürnberg und den damaligen Oberbürgermeister Hermann Luppe feierlich übergeben.
Das Denkmal enthält die Widmung: „Dem Freidenker Ludwig Feuerbach zum Gedächtnis 1804–1872“. Auf den Längsseiten sind zwei Zitate Feuerbachs angebracht: „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde“ und „Tue das Gute um des Menschen Willen“.
Nur kurze Zeit später, im Jahr 1933, zerstörten faschistische Kulturbarbaren mit der Billigung ihres Oberbürgermeisters Willy Liebel das Ehrenmal und vergruben den demolierten Steinblock.
Nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus wurde das arg zerschundene Denkmal im Bombentrümmerschutt wiedergefunden. Der Nürnberger Stadtrat beschloss 1955, gegen die Stimmen von CSU und FDP sowie unter erheblichen Widerstand der Großkirchen, die Wiederherstellung und Errichtung am angestammten Platz. In der Folge war es häufig Ziel fundamentalistisch religiöser und rechtsradikaler Angriffe.
Der Platz rund um das Feuerbach-Kenotaph l wurde nun erfreulicherweise in einen angemessen ansehnlichen Zustand hergerichtet. Der Steinblock jedoch scheint dem Zerfall preisgegeben. Seine Inschriften sind kaum noch lesbar.
Das Grab Ludwig Feuerbachs befindet sich auf dem Nürnberger Johannisfriedhof.
Feuerbach und Marx: Religion ist Entfremdung des Menschen
Nach Feuerbach wird der religiöse Mensch, wenn er einmal verstanden hat, dass er die Gottesprojektion nicht benötigt, diesen Fehler nicht mehr machen und verwirklicht sein Mensch-Sein. Mit Marx gemeinsam ist Feuerbach der Überzeugung, dass der Mensch in Entfremdung lebt. Die Religion ist diese Entfremdung.
Feuerbach bleibt nach Marx in reiner Theorie und zugleich in purer Abstraktion. Er kennt nur den Menschen als Einzelnen, nicht den Menschen im Allgemeinen. Im Gegensatz zu Feuerbach geht Marx den gesellschaftlichen Gründen dieser religiösen Entfremdung nach.
Nach Marx ist Religion das Opium, das dem entfremdeten Menschen hilft, seine Entfremdung zu ertragen. Wenn der Mensch sich von seiner sozialen und wirtschaftlichen Entfremdung befreit, fällt Religion von ihm ab wie Schorf von einer Wunde.
Reinhold Brunner ist Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes, Ortsverband Nürnberg
Themenabend „Ludwig Feuerbachs Kritik des Christentums“ in Nürnberg
Am 16. September 2022 fand in der Villa Leon in Nürnberg ein Themenabend des Ortsverbandes Franken/Nürnberg des Deutschen Freidenker-Verbandes statt. Das Referat hielt Walter Schmid, Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes, Ortsverband Nürnberg
In der Einladung zu der Veranstaltung hieß es:
Ludwig Feuerbachs Werk Das Wesen des Christentums machte bereits kurz nach seinem Erscheinen 1841 Furore. Friedrich Engels sprach von einer „befreiende[n] Wirkung“ des Buches und von allgemeiner Begeisterung: „Wir waren alle momentan Feuerbachianer.“
Feuerbach entwirft eine anthropologische, also auf den Menschen bezogene Theorie der Religion, speziell des Christentums. Der Mensch spricht Gott jene Eigenschaften zu (beispielsweise Güte und Liebe), die das wahre Wesen des Menschen ausmachen. Wenn der Mensch Gott anbetet, dann verehrt er in Wirklichkeit des Allgemein-Menschliche in fremder Gestalt. Also muß sich die menschliche Liebe zu Gott in eine Liebe zum Mitmenschen verwandeln, indem die Gottesvorstellung als entfremdete Liebe zum Allgemein-Menschlichen durchschaut wird.
Download des Referates von Walter Schmid
Das vollständige Referat kann hier angesehen oder heruntergeladen werden (PDF-Dokument, ca. 112 KB)
Bild oben: Porträtstich von Ludwig Feuerbach aus „Die Gartenlaube“ 1872, Gemeinfrei
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30808207
Bearbeitung: Ralf Lux