Die Eskalationsspirale der letzten vier Tage
Die Nato provoziert Russland immer offensiver und stärker. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Ereignisse vom 30. November bis zum 3. Dezember 2021.
von Anti-Spiegel (d.i. Thomas Röper)
Erstveröffentlichung am 03.12.2021 auf anti-spiegel.ru
Dass die Nato derzeit jeden Tag neue Provokationen Richtung Russland schickt, habe ich schon am 29. November aufgezeigt, indem ich über die wichtigsten Aktionen und Entscheidungen der Nato einer Woche berichtet habe. Nun wollen wir und chronologisch anschauen, was die Nato in den vier Tagen seit dem 29. November getan hat.
Die Nato droht Russland
Am 30. November gab es eine neue Drohung in Richtung Russland. Auf einem Treffen der Nato-Außenminister in Riga wurde Russland gedroht, es werde für „aggressives Verhalten“ hart bestraft. US-Außenminister Antony Blinken sagte, „jede neue Aggression würde schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen„. Das ist bemerkenswert, denn die Nato behauptet ständig, Russland sei permanent aggressiv. Aber mir fällt nichts ein, was man in den letzten zum Beispiel fünf Jahren als „aggressives Verhalten“ Russlands bezeichnen könnte.
Ich erinnere mich lediglich an ständige Vorwürfe und Warnungen der Nato in Richtung Russland, aber an keine russische Aggression. Im Mai hat die Nato zum Beispiel gewarnt, Russland würde die Ukraine angreifen wollen. Diese Vorwürfe der Nato haben seit 2014 Tradition, aber Russland hat das nie getan. Die Nato behauptet, aber mehrmals jährlich, ein russischer Einmarsch in die Ukraine stehe unmittelbar bevor. Und so ist es mit allen Warnungen der Nato vor Russland: Die Nato behauptet etwas, das nicht eintrifft, und wiederholt die Behauptungen danach immer wieder.
Wiederholt sich 2008?
In Wahrheit ist es umgekehrt. Im Gegensatz zur Nato hat Russland in den letzten 20 Jahren kein Land angegriffen. Russland war in den letzten Jahren an zwei Kriegen beteiligt. 2008 am Kaukasuskrieg, den Georgien begonnen hat und bei dem Russland sich verteidigt hat. Der Kaukasuskrieg wird von westlichen Medien immer als „Sünde“ Russlands angeführt, obwohl der Europarat in seiner Untersuchung längst das Gegenteil erwiesen hat, die Details finden Sie hier.
Der zweite Krieg, an dem Russland beteiligt ist, ist der Krieg in Syrien. Aber da hat Russland niemanden angegriffen, sondern ist der völkerrechtlich anerkannten Regierung Syriens auf deren Bitte hin zu Hilfe gekommen.
Und wie oft war die Nato in den letzten 20 Jahren im Krieg? Im Gegensatz zu Russland hat die Nato ihre vielen Kriege selbst angefangen und andere Länder überfallen. Russland hat das seit der Zerfall der Sowjetunion nicht ein einziges Mal getan, die Nato hingegen ungezählte Male. Aber trotzdem warnt die Nato vor dem aggressiven Russland.
Am 30. November hat der russische Außenminister Lawrow darauf hingewiesen, dass die Nato-Staaten in der Ukraine Öl ins Feuer gießen, indem sie die Ukraine mit Waffen regelrecht fluten und der Kiewer Regierung, die den Konflikt im Donbass am liebsten mit Gewalt lösen würde, Rückendeckung geben.
Das ist exakt das Szenario, das dem Kaukasuskrieg vorausgegangen ist. Damals hat die US-Regierung den georgischen Präsidenten ebenfalls angefeuert. Als der dann seinen Krieg angefangen und mit Hilfe aus dem Westen gerechnet hat, fand er sich jedoch alleine wieder.
Der russische Außenminister Lawrow hat am 30. November gesagt, er hoffe, dass sich dieses Szenario im Donbass nicht wiederholt, denn dass die Nato im Falle eines ukrainischen Angriffs auf den Donbass eingreift, wenn Russland sich einmischt, um Straßenkämpfe in Donezk und Lugansk zu verhindern, bei denen tausende Zivilisten ihr Leben werlieren könnten, ist mehr als unwahrscheinlich.
Es sieht eher so aus, als würde die Nato Kiew anfeuern, im Donbass vorzugehen, um Russland einen Krieg aufzuzwingen, den es nicht will, und der wesentlich blutiger wäre, als der Kaukasuskrieg 2008.
Lukaschenko bietet die Stationierung von Atomwaffen in Weißrussland an
Da die Nato auch an der Grenze zu Weißrussland Truppen zusammenzieht, wird man in Weißrussland zunehmend nervös. Weißrussland ist mit Russland verbündet, weshalb ein Angriff der Nato auf Weißrussland automatisch einen Krieg mit Russland bedeuten würde. Dass hingegen Weißrussland seine Nato-Nachbarn angreifen könnte, behauptet nicht einmal die Nato selbst. Man fragt sich also, wozu die Nato Truppen an die weißrussische Grenze bringt.
Der weißrussische Präsident Lukaschenko hat am 30. November angeboten, die in den 1990er Jahren aus Weißrussland abgezogenen russischen Atomwaffen wieder in Weißrussland zu stationieren. Das wäre eine Antwort auf das Verhalten der Nato an seiner Grenze. Außerdem teilte Lukaschenko mit, dass Weißrussland als Verbündeter Russlands nicht unbeteiligt bleiben werde, wenn es zu einem Krieg im Donbass oder der russischen Grenze kommen würde.
Am 1. Dezember hat Lukaschenko auch erklärt, dass die Abschussvorrichtungen für Atomraketen aus der Sowjetzeit über all die Jahre gewartet und erhalten wurden, sie seien also alle noch einsatzbereit.
„Die halbe ukrainische Armee ist im Donbass stationiert“
Am 1. Dezember warnte das russische Außenministerium vor einem ukrainischen Angriff auf den Donbass und teilte mit, nach seinen Informationen sei die Hälfte der ukrainischen Armee inzwischen im Donbass aufmarschiert und stationiert. Gleichzeitig meldete die OSZE eine massive Zunahme der Verstöße gegen die Waffenruhe im Donbass.
Dass die Nato zuvor die Entsendung von Truppen in die Ukraine in Aussicht gestellt hat, macht die Lage umso gefährlicher. Kiew könnte sich in der Hoffnung, Nato-Soldaten in der Ukraine würden Russland von einer Reaktion abhalten, zu einem Angriff auf den Donbass ermutigt fühlen. Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, dass Russland sich davon abschrecken lässt, denn ein ukrainischer Angriff auf den Donbass gehört zu den roten Linien, die Moskau verkündet hat. Moskau würde – so meine Vermutung – im Falle eines massiven ukrainischen Angriffs auf den Donbass militärisch eingreifen, was auch ein paar hundert Nato-Soldaten in der Ukraine verhindern könnten.
Auch an den russischen Grenzen marschiert die Nato auf. Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat in Interviews mitgeteilt, dass die Nato die Zahl ihrer Streitkräfte an der russischen Grenzen im Baltikum und im Schwarzen Meer erhöht hat. Das bezeichnete der russische Außenminister Lawrow am 1. Dezember als gefährliche Provokationen, denn Russland sei dadurch gezwungen, seine eigene Truppenstärke an seinen Grenzen zu erhöhen, was die Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes erhöhe. Lawrow warnte, dass das Verhalten der Nato zu einem bewaffneten Konflikt führen könnte.
Amerikanische Beweise für russische Pläne gegen die Ukraine?
US-Außenminister Blinken erklärte am 1. Dezember hingegen, die USA hätten „Beweise“ für russische Pläne für einen Einmarsch in die Ukraine. Natürlich legte Blinken wieder keinerlei Belege für seine Behauptungen vor. Was man von „Beweisen“ halten muss, die die USA nach eigenen Angaben angeblich haben, weiß man spätestens seit dem Irakkrieg vor knapp 20 Jahren.
Die USA denken sich ihre „Beweise“ gegen von ihnen als böse eingestufte Staaten jedes Mal aus. Diese Tradition geht mindestens bis zum Vietnamkrieg zurück, als die USA den Angriff auf eines ihrer Kriegsschiffe im Golf von Tonkin, der als Kriegsgrund angeführt wurde, frei erfunden haben. Leider hindert das die westlichen „Qualitätsmedien“ nicht daran, ihre Leser darauf hinzuweisen. Stattdessen verbreiten die „Qualitätsmedien“ die amerikanischen Meldungen unkritisch.
Die von radikalen Nationalisten regierte Ukraine forderte am 1. Dezember wegen der angeblichen russische Bedrohung von der Nato, „gemeinsame Abschreckungsmaßnahmen“ zu unternehmen. Die Kiewer Regierung scheint sich nicht darüber im Klaren zu sein, dass die Nato sie nicht militärisch schützen würde und dass ein Krieg mit Russland wahrscheinlich das Ende der Ukraine in ihrer heutigen Form bedeuten würde.
Weitere amerikanische Drohungen
Am 1. Dezember ist US-Vizeaußenministerin Victoria Nuland, die 2014 mit ihrem „Fuck the EU“ Schlagzeilen gemacht hat, in Kiew bei einer Sicherheitskonferenz aufgetreten und hat Russland sogar schon für den Fall einer Destabilisierung der Ukraine nie dagewesene Sanktionen angedroht:
„Wir sind entschlossen in unserer Botschaft an Moskau: Wenn sie Schritte unternehmen, um die Ukraine zu destabilisieren und ihre Kräfte für eine Aggression gegen die Ukraine einzusetzen, wird dies mit ernsthaften wirtschaftlichen Schritten und Sanktionen beantwortet, wie es sie in der Vergangenheit noch nie gegeben hat“
Diese Aussage ist aus zwei Gründen interessant. Erstens bedeutet sie, dass Russland demnächst mit neuen und harten Sanktionen rechnen muss, denn was Schritte sein könnten, die die USA mit harten Sanktionen zu bestrafen gedenken, weiß niemand. Die USA können sich wieder nach Belieben etwas ausdenken und Sanktionen einführen.
Noch interessanter ist aber die zweite Aussage zwischen den Zeilen: Im Falle eines „russischen Angriffs“ auf die Ukraine werden die USA (und damit die Nato) der Ukraine nicht militärisch helfen. Nuland sprach nur von Wirtschaftssanktionen. Das ist ein Hinweis darauf, dass der russische Außenminister Lawrow mit seiner Warnung vor einer Wiederholung des Szenarios von 2008 durchaus recht haben könnte.
Das bestätigte auch Nato-Generalsekretär Stoltenberg, der ebenfalls am 1. Dezember sagte, er warne Russland vor Schritten gegen die Nato, und dass jedes Land – auch die Ukraine – über seine Sicherheit selbst entscheiden dürfe. Russland habe sich aus der Frage der Nato-Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato also herauszuhalten. Aber er fügte bei der Gelegenheit auch ausdrücklich hinzu, dass die Nato die Sicherheit ihrer Mitgliedsstaaten garantiere und die Ukraine gehöre nicht dazu.
Neue Sanktionen
Am 1. Dezember hat die EU ein weiteres, das fünfte, Sanktionspaket gegen Weißrussland beschlossen. Der Grund war mal wieder, dass Weißrussland angeblich Migranten nach Europa „schleust“.
Sanktioniert wurden 17 Personen und elf Organisationen, darunter die weißrussische Fluglinie BelAvia. Außerdem wurde, wohl im Lukaschenko persönlich zu ärgern, einer seiner Söhne in die Sanktionsliste aufgenommen.
CIA-Direktor hat mit Moskau offen über einen Krieg im Donbass gesprochen
CIA-Direktor Burnes war am 2. und 3. November zu Gesprächen in Moskau. Über den Inhalt der Gespräche ist nicht viel verkündet worden, sie haben nur deutlich gemacht, wie aufgeladen das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist.
Dass die USA mit dem Gedanken spielen, die Ukraine nach dem Vorbild des Kaukasuskrieg es in einen Stellvertreterkrieg mit Russland zu treiben, wurde am 1. Dezember deutlich. US-Außenminister Blinken sagte an dem Tag vor der Presse über einen möglichen Konflikt zwischen der Ukraine und Russland:
„CIA-Direktor Burns besuchte Moskau auf Geheiß des Präsidenten, um unsere Befürchtungen und unser Engagement für die Diplomatie und die schrecklichen Konsequenzen zu vermitteln, sollte Russland sich auf eine Konfrontation und militärische Aktionen einlassen“
Was ich jetzt schreibe, ist natürlich nur meine Interpretation, aber um das mitzuteilen, hätte der CIA-Direktor nicht nach Moskau fahren brauchen, das kann die russische Regierung jeden Tag in der westlichen Presse lesen und Details hätte auch der US-Botschafter in Moskau übermitteln können. Dass der CIA-Direktor aus diesem Grund in Moskau war, dürfte bedeuten, dass die USA abschätzen wollten, wie ernst es die Russen mit ihren verkündeten roten Linien in Sachen Donbass meinen.
Der Albtraum des Krieges kehrt nach Europa zurück
Ebenfalls am 2. Dezember warnte der russische Außenminister Lawrow, dass das „albtraumhafte Szenario einer militärischen Konfrontation“ nach Europa zurückkehre. Lawrow wies darauf hin, dass die Nato alle russischen Vorschläge zur Deeskalation ablehnt und stattdessen – wie die Nato selbst verkündet – immer mehr Truppen an die russischen Grenzen bringt.
Hinzu kommt, dass die Nato alle russischen Vorschläge, auf die Stationierung atomarer Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa zu verzichten, ablehnt. Diese Vorschläge macht Russland immer wieder, aber die westlichen Medien berichten darüber nicht und die Nato lehnt es ab, darüber auch nur zu sprechen.
Die EU rüstet die Ukraine auf
Die deutschen „Qualitätsmedien“ haben darüber nicht groß berichtet, aber die EU ist längst auch ein militärischer Block. 2021 hat die EU einen Fonds mit 5 Milliarden Euro für „Partnerländer“ innerhalb und außerhalb Europas eingerichtet. Aus diesem Fond hat die EU der Ukraine nun 31 Millionen Euro zugesagt, wie der ukrainische Außenminister nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus der EU auf Twitter meldete:
„Wichtige Neuigkeiten aus Brüssel: Der EU-Rat hat beschlossen, im Rahmen der neu eingerichteten Europäischen Friedensfazilität 31 Mio. € für die Stärkung der Verteidigungskapazitäten der Ukraine bereitzustellen. Wir begrüßen diesen Schritt, der die strategischen Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU bekräftigt, sehr. Das Paket umfasst materielle und technische Hilfe für die Entwicklung und den Aufbau von Kapazitäten der ukrainischen Streitkräfte in den Bereichen Medizin, technische Fähigkeiten, Minenräumung, Mobilität und Logistik sowie Cybersicherheit.“
Die EU hat die Meldung bestätigt und außerdem mitgeteilt, auch Georgien, Moldawien und Mali im Rahmen des Programmes Millionen zu überweisen.
Noch mehr Nato-Truppen an die weißrussische Grenze
Am 2. Dezember hat der Chef der polnischen Präsidialverwaltung in einem Interview mitgeteilt, Polen verhandle mit der Nato über die Entsendung weiterer Truppen an die polnisch-weißrussische Grenze:
„Es werden Vorgespräche geführt, damit NATO-Einheiten unsere Einheiten an der polnisch-weißrussischen Grenze unterstützen können, falls dies erforderlich ist.“
Damit – so wie auch schon mit den in letzter Zeit in Polen, dem Baltikum und dem Schwarzen Meer stationierten Nato-Truppen – hat die Nato ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass sie die Nato-Russlandakte, die die Stationierung von Nato-Truppen in den östlichen Nato-Staaten verbietet, de facto gekündigt hat.
Auch China wird bedroht
Die USA bezeichnen neben Russland auch China als ihren Hauptgegner. Und genau wie im Falle Russlands, bedrohen und provozieren die USA auch China.
Chinesisch Medien haben am 2. Dezember berichtet, dass allein im November 94 amerikanische Aufklärungsflugzeuge an Chinas Grenzen patrouilliert sind. Das sei ein neuer Rekord, der den bisherigen Rekord vom Februar 2021 (75 Flüge) um fast 30 Prozent übertrifft. Trotzdem bezeichnen die USA China und Russland als aggressiv, dabei sind es nicht die USA, die monatlich über 90 Aufklärungsflugzeuge aus Russland und China an ihren Grenzen melden.
Gespräch zwischen Putin und Biden?
Aufgrund der steigenden Spannungen und der offen drohenden Kriegsgefahr haben der russische und der amerikanische Außenminister sich am Rande des Treffens der OSZE-Außenminister in Wien unterhalten und als Ergebnis hat Blinken mitgeteilt, es könne demnächst zu einem Gespräch zwischen den Präsidenten Putin und Biden kommen, um Lösungen zu suchen.
Lawrow hat dabei die Forderungen von Putin wiederholt, Russland wolle langfristige und rechtlich bindende Sicherheitsgarantien für die russische Westgrenze, die eine Nato-Osterweiterung ausschließen.
Norwegen gegen ausländische Truppen an der Grenze
Überraschend kam am 3. Dezember die Meldung, dass sich die neue norwegische Regierung dagegen ausgesprochen hat, dass ausländische Nato-Truppen nahe der norwegisch-russischen Grenze stationiert werden. Das sagte die neue norwegische Außenministerin der norwegischen Presse.
Das ist deshalb überraschend, weil erst Anfang des Jahres gemeldet wurde, dass in Norwegen amerikanische und britische Bomber und auch auch Marineinfanteristen im Norden Norwegens, also unweit der norwegisch-russischen Grenze stationiert worden sind. Hinzu kam noch, dass in diesem Jahr in Norwegen auch ein Stützpunkt für amerikanische Atom-U-Boote eröffnet worden ist.
Ob Norwegen den Abzug der Einheiten fordern wird, geht aus der Meldung nicht hervor, aber die Außenministerin sagte ausdrücklich, dass sie mit den Amerikanern und Briten darüber reden wolle, was zumindest bedeuten kann, dass Norwegen sich für den Abzug der anglo-amerikanischen Truppen aus seinem Land einsetzen möchte.
Amerikanische Interessen?
Aus dem Pentagon kamen am 3. Dezember hingegen andere Töne. Der Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der Streitkräfte der USA, General Mark A. Milley, sagte Journalisten auf einem Flug von Seoul nach Washington, dass es in der Ukraine um nationale Sicherheitsinteressen der USA ginge. Welche Maßnahmen die USA im Falle eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine ergreifen würden, sagte Milley allerdings nicht.
Man fragt sich wieder einmal, mit welchem Recht die USA ihre Sicherheitsinteressen in der Ukraine sehen, denn man stelle sich einmal vor, Russland oder China würden verkünden, dass das amerikanische Vorgehen zum Beispiel gegen Kuba die Sicherheitsinteressen Russlands oder Chinas betrifft. Der Aufschrei im Westen, dass sich andere Länder aus dem Hinterhof der USA herauszuhalten haben, wäre sehr laut.
Und noch mehr Sanktionen
Dass der Westen für Sanktionen keine Gründe braucht, sondern sie längst zu einem Mittel der Politik geworden sind, ist nicht neu und wurde am 3. Dezember erneut bestätigt. Die Präsidenten Litauens, Polens und der Ukraine haben sich in einer Online-Konferenz darauf geeinigt, eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland zu fordern. Der Grund dieses Mal: Russlands angebliche „Aggression gegenüber Kiew“.
Worin diese angebliche „Aggression“ besteht, wurde auch gesagt: Russland solle seine Truppen von der ukrainischen Grenze zurückziehen. Während Kiew seine halbe Armee im Donbass, also an der russischen Grenze, zusammengezogen hat, soll Russland seine Truppen, deren Anwesenheit noch nicht einmal von irgendwem bestätigt wurde, von seiner Grenze abziehen und dem Treiben der Nato in dem Gebiet mit gefalteten Händen zuschauen.
In meinem neuen Buch „Abhängig beschäftigt – Wie Deutschlands führende Politiker im Interesse der wirklich Mächtigen handeln“ habe ich mich sehr intensiv mit weiteren Themen rund um die komplexen Zusammenhänge der gesteuertern Politik im Westen und deren brisanten Verstrickungen mit einer ganzen Reihe von Organisationen beschäftigt und dabei einiges zu Tage gefördert.
Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Wir danken dem Betreiber der Website anti-spiegel.ru Thomas Röper für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Textes auf unserer Webseite.
Link zur Erstveröffentlichung: https://www.anti-spiegel.ru/2021/die-eskalationsspirale-der-letzten-vier-tage/
Bild: qpress.de