Stellungnahme zur Militärseelsorge
Stellungnahme der Fachtagung des Deutschen Freidenker-Verbandes und des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten am 26./27.01.2002 zum Thema „Militärseelsorge“
Kriege werden wieder und immer noch für wirtschaftliche und geostrategische Interessen geführt. Vermehrt finden Interventionen und „Auslandseinsätze“ außerhalb der Grenzen der Teilnehmerstaaten von Militärbündnissen und ohne Legitimation durch die Vereinten Nationen statt. Krieg und Gewalt dürfen jedoch nicht als Mittel der Politik rehabilitiert werden, sondern müssen international geächtet werden.
Wir lehnen die so genannte „Militärseelsorge“ ab, da sie der öffentlichen Akzeptanz und der Legitimation von Kriegen ebenso dient, wie der „moralischen“ Aufrüstung des militärischen Personals. Dies bestätigen nachdrücklich Äußerungen wie die des katholischen Militärbischofs Mixa: „Die Soldaten müssen den Auftrag, den ihnen der Staat erteilt, guten Gewissens erfüllen können“ (Die Tagespost, 13.11.2001). Und entsprechend der „veränderten Auftragslage“ und „Neuausrichtung der Bundeswehr“ auf weltweite NATO-Interventionen sieht Mixa den „Schwerpunkt in seelsorgerischer Einsatzbegleitung“ („Verteidigungsausschuss“ des Deutschen Bundestages am 14.11.2001).
Die Kirchen schätzen das deutsche System der „Militärseelsorge“ als „weltweit einzigartig“ (so der evangelische Militärbischof Löwe auf der Internetseite der evangelischen Militärseelsorge), da es ihnen die staatlich organisierte und finanzierte Missionierung in den Kasernen ermöglicht. Die Verbreitung christlicher Ideologie wird von allen, auch den konfessionell nicht gebundenen Steuerzahlern finanziert.
Diese Privilegierung ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche und bedeutet eine Diskriminierung und Verletzung der Gleichheit konfessionell nicht Gebundener. Eine Gleichstellung anderer weltanschaulicher Organisationen durch die Gewährung der gleichen ungerechtfertigten Privilegien hebt diesen Verstoß nicht auf und ist genauso abzulehnen wie das bisher praktizierte „Militärseelsorge“-System.
Wir nehmen die anstehende Neuregelung des Militärseelsorge-Systems zum Anlass für eine Initiative zur generellen Abschaffung der staatlich organisierten und finanzierten Militärseelsorge. Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag die ersatzlose Aufhebung der Rechtsgrundlagen des gegenwärtigen Militärseelsorgesystems, so des zur Remilitarisierung (West-) Deutschlands 1957 geschlossenen Militärseelsorgevertrags mit der EKD und des Hitler-Konkordats von 1933 mit dem Vatikan.
Bild: Ein deutscher Militärseelsorger überreicht während einer Zeremonie, bei der die Soldaten während ihres Kampfeinsatzes in Nordafghanistan gesegnet werden, einen Kelch mit Wein, der das Blut Jesu Christi symbolisieren soll (2011)
Foto: Burton Eichen – Gemeinfrei
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=41513910