Das politische Vermächtnis von Slobodan Milošević weitertragen
Das Internationale Komitee Slobodan Milošević plante am 1. Oktober 2021 in Belgrad eine Internationale Konferenz „MILOSEVIC – GEGEN NATO-VERBRECHEN, FÜR EINE NEUE WELT“ anlässlich des 80. Geburtstages und des 15. Todestages von Slobodan Milosevic sowie des 20. Jahrestages der Gründung des Komitees. „Dank“ der Corona-Regime-Bedingungen (Quarantäne für Ausreisende aus Serbien) konnte diese Konferenz nur im Internet stattfinden.
Wir veröffentlichen hier die Rede von Peter Betscher, Mitglied des Internationalen Komitees Slobodan Milošević (ICSM) und Mitglied des Landesvorstandes des Deutschen Freidenker-Verbandes Hessen.
Webredaktion
Siehe auch:
Video in englischer Sprache
Das politische Vermächtnis von Slobodan Milošević weitertragen und der nicht versiegenden Propagandaflut Paroli bieten
von Peter Betscher
Liebe Freunde, liebe Genossen,
ich bedanke mich für die Einladung hier sprechen zu dürfen.
Hierzulande waren viele von der Illusion befangen, dass wegen seiner faschistischen Vergangenheit Deutschland sich an keinen Kriegen mehr beteiligen könne, obwohl die Zeichen schon längst an der Wand standen. Ich kannte damals noch nicht den Artikel von Klaus Hartmann „Wo bleibt die Friedensbewegung“, geschrieben im Oktober 1998. Mir lief damals ein Schauder über den Rücken als Gerhard Schröder seine Kriegserklärung gegen die BR Jugoslawien mit den Worten eröffnete „Wir führen keinen Krieg!“
Wir gründeten damals in Darmstadt einen Arbeitskreis Jugoslawienkrieg und nahmen Kontakt zum jugoslawischen Verein Jadran auf. Gemeinsam mit den Clubmitgliedern informierten wir jede Woche in der Innenstadt über den illegalen Krieg und seine Zerstörungen. Auf einer Demonstration eines Aktionsbündnisses wurde einer Frau von Mitdemonstranten ein Milošević-Plakat heruntergerissen und es gelang nur schwer die Einheit zu bewahren, da das Bündnis in zwei Fraktionen gespalten war, nämlich die, die das angegriffene Land unter allen Umständen verteidigen wollten und denen, die gegen die NATO und Milošević demonstrieren wollten. Diese Äquidistanz der Friedensbewegung konnte auch bei den folgenden illegalen Kriegen bis heute nicht überwunden werden. Der AK Jugoslawienkrieg ging dann mehr oder weniger im neugegründeten Internationales Komitee für die Verteidigung von „Slobodan Milošević“ (ICDSM) auf.
Das ICDSM wurde am 24.03.2001 gegründet, also noch 3 Monate vor der Verschleppung von Slobodan Milošević nach Den Haag. Es war eine weitsichtige Entscheidung von Velko Valkanov und Ramsey Clark, da bereits eine Organisationsstruktur vorhanden war, als es um die Unterstützung der Verteidigung des Präsidenten ging, der das illegale Tribunal in Den Haag nicht anerkannte.
Bei der ersten Anhörung in Den Haag protestierte Hajo Kahlke alleine mit einem Schild „Krieg ist Frieden, Sklaverei ist Freiheit, Den Haag ist Gerechtigkeit.“ Er wurde sofort verhaftet und vier Stunden in Haft behalten. Hier zeigte sich schon die Nervosität des milliardenschweren, größtenteils aus nicht UN-Geldern finanzierten, Apparats in Den Haag.
Aber es kam noch wesentlich schlimmer für das illegale Tribunal. Werner Pirker hat es in einem Kommentar für die Junge Welt treffend auf den Punkt gebracht: „Die Kläger und Richter von Den Haag sowie der Meutejournalismus hatten sich einen anderen Milošević erwartet, einen, der ihren bescheuerten Vorstellungen entsprach: einen gestörten Gewaltmenschen, an der Aufklärung der Kriegsereignisse desinteressiert, hinterhältig und feige, nur auf die Rettung der eigenen Haut bedacht, einen, der vielleicht auch noch um Gnade winselt. Doch dann saß vor ihnen ein versierter Jurist, ein Intellektueller, wie man sie unter Politikern heutzutage nur noch selten findet, ein Mann, der nicht seine Person, sondern die Sache seines Lebens, das Recht seines Landes auf Souveränität, verteidigte und der als einziger im Gerichtssaal Aufklärung über die Verschwörung gegen Jugoslawien betrieb.“ Slobodan Milošević ist in Den Haag zu einem Symbol des Kampfes für Gerechtigkeit und Freiheit geworden.
Während des Prozesses gegen Slobodan Milošević veranstaltete das ICDSM mehrere Demonstrationen, Pressekonferenzen und eine Konferenz in Den Haag, allesamt mit breiter internationaler Beteiligung. Drei Mitglieder der deutschen Sektion arbeiteten im Verteidigungsteam mit. Die Unterstützung des Verteidigungsteams wurde teilweise aus Spendengeldern aus dem deutschsprachigen Raum finanziert, was unrechtmäßig zu mehreren Kontokündigungen und einer Hausdurchsuchung führte. Aber auch bei sich links titulierenden Menschen stieß unser Engagement nicht immer auf Wohlwollen. Anfangs war es keine Seltenheit, dass man beschimpft und in die rechte Ecke gestellt wurde. Damals war es eine neue Erfahrung, inzwischen ist es bei allen möglichen Themen inflationär geworden.
Eines der Ziele des ICDSM, nämlich die Schließung der illegalen Tribunale, konnte nicht erreicht werden. Zwar schloss der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) 2013 seine Pforten, lebt aber als „Residualmechanismus“ weiter, welcher zudem seine Propagandablasen in die Länder des früheren Jugoslawien wirft, indem es Dokumentationszentren einrichtet, wo die Akten in selektierter Form aufgearbeitet werden. Die Desinformationskampagnen von Politikern und Medienkartelle haben in ihrer Schärfe kaum nachgelassen und werden gezielt gegen Serbien eingesetzt.
Die Umwandlung des ICDSM in das ICSM war folgerichtig, um das politische Vermächtnis von Slobodan Milošević weiterzutragen und der nicht versiegenden Propagandaflut Paroli zu bieten. Während des Prozesses waren wir durch die täglichen Notwendigkeiten eng zusammen geschweißt. Bei unserer neuen weitreichenden Agenda ist das nicht mehr so der Fall. Ich bin überzeugt, dass die Aktivisten in den einzelnen Ländern sich unermüdlich für unsere Ziele einsetzen. Wir sollten uns aber auf der Basis unserer Statuten wieder konkrete Ziele setzen, wo wir dieses einzigartige Bündnis von Menschen aus Ost und West unterschiedlichster Weltanschauung, wie es jemand mal formuliert hat, wieder länderübergreifend zum Einsatz bringen können. Ich hoffe, dass wir uns nächstes Jahr wieder persönlich sehen und uns darüber auseinandersetzen können.
Ich möchte mit den Worten schließen, die uns unser inzwischen verstorbene Vorsitzende Velko Valkanov 2003 mit auf den Weg gegeben hat: „Hier in Den Haag befinden sich zwei Mächte in einem schweren Kampf: die Weltlüge und die Weltwahrheit. In diesem Kampf stehen wir auf der Seite der Weltwahrheit. Wir haben kein Recht, diesen Kampf, den Kampf um die Zukunft der Menschheit, zu verlieren.“
Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit!
Peter Betscher, Darmstadt, ist Mitglied der Deutschen Sektion des Internationalen Komitees Slobodan Milošević (ICSM)
und Mitglied des Landesvorstandes des Deutschen Freidenker-Verbandes Hessen.
Bild: Screenshot aus dem Video