Eine Farbrevolution für Kuba? Der Westen arbeitet daran
Auf Kuba läuft gerade ein altbekanntes Programm. Erst wurden Gruppen gebildet, geschult und instruiert, die eine den geopolitischen Zielen entsprechende Opposition bilden sollen, dann werden diese Gruppen kameragerecht in Marsch gesetzt. Dahinter lassen sich die üblichen Verdächtigen finden: westliche NGOs.
von Dagmar Henn
Erstveröffentlichung am 15.07.2021 auf RT DE
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass Nichtregierungsorganisationen (NGOs) oft eine wichtige Rolle dabei spielen, in einem Land gegen die Interessen der Bevölkerung geopolitische Interessen durchzusetzen. So betätigen sich nicht nur die USA über das National Endowment for Democracy (NED) und die offiziell der Entwicklungshilfe dienende Struktur USAID (übersetzt: US-Agentur für internationale Entwicklung). Auch die deutschen Parteistiftungen sind schon im Zusammenhang mit Regimewechselversuchen aufgefallen (so die Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP in Honduras).
Augenblicklich läuft eine Ausschreibung von USAID für Projekte auf Kuba; insgesamt sind dafür zwei Millionen Dollar bereitgestellt. In den Jahren 2019 bis 2023 beläuft sich das von USAID für Kuba vorgesehene Budget nach Recherchen des US-Journalisten Tracey Eaton auf 67 Millionen Dollar. Dazu kommen noch jene Projekte, die vom NED gefördert wurden. Das waren beispielsweise im Jahr 2018 noch einmal 4,6 Millionen Dollar. Die Mittel des NED kommen aus dem State Department, jene von USAID vom US-Präsidenten.
Die Mittelangaben von USAID muss man übrigens verdoppeln; nach den Ausschreibungsbedingungen handelt es sich dabei um Zuschüsse, die nur in der Höhe fließen, in der auch Eigenmittel aufgebracht werden. Es gibt also in der Regel Kooperationspartner, die solche Eigenmittel haben (wobei nicht ausgeschlossen ist, dass diese Eigenmittel wieder aus anderen Stiftungen kommen; also z. B. die Konrad-Adenauer-Stiftung Mittel an die Fundacíon para la Democracia Panamericana gibt und damit ein Projekt auf Kuba mitfinanziert, das ebenfalls Mittel von USAID erhält).
Das klingt nicht nach viel für bundesdeutsche Ohren. Aber man muss dabei zwei Dinge berücksichtigen – zum einen ist Kuba kein großes Land, es hat mit etwas über elf Millionen Einwohnern etwa so viele wie Bayern, auf ungefähr der anderthalbfachen Fläche; zum anderen sind die Durchschnittseinkommen, wenn man sie in Euro oder Dollar umrechnet, wegen des ungünstigen Wechselkurses sehr niedrig, was im Gegenzug bedeutet, dass mit relativ wenig von außen eingesetztem Geld relativ viel angerichtet werden kann. Wenn das monatliche Einkommen zwischen 25 und 30 Euro liegt, dann entsprechen 4,5 Millionen Euro dem Jahreseinkommen einer Stadt mit 12.000 Einwohnern.
Natürlich werden diese Mittel nicht zur Gänze auf Kuba eingesetzt, sie finanzieren auch Personal in teureren Weltgegenden. Aber dennoch ist eine Summe von zusammengenommen über 25 Millionen Dollar jährlich allein aus den USA und der BRD bezogen auf elf Millionen Einwohner beträchtlich.
Was treiben sie nun mit diesem Geld? Dafür schaut man am besten auf die Seiten des NED, das zumindest genug über seine Vorhaben erzählt, um Schlüsse zu ermöglichen. Nehmen wir einige Beispiele.
Das klingt auf den ersten Blick harmlos. Dabei darf man aber nie vergessen, dass die westliche Sicht auf Menschenrechte einige immer übergeht und andere sehr betont und dass Meldungen von Menschenrechtsorganisationen ein integrierter Bestandteil dessen sind, die eigene Bevölkerung von einem angestrebten Regimechange zu überzeugen. (Man denke nur an die Berichterstattung aus der Ukraine vor dem Maidan). Um dies tun zu können, braucht es entsprechende Geschichten, und um an entsprechende Geschichten zu kommen, braucht man Menschen vor Ort, die diese liefern. Tatsächlich handelt es sich um Schulungen, wie man einzelne Ereignisse für Organisationen wie Human Rights Watch mundgerecht aufbereitet, damit diese sie dann entsprechend nutzen können. Für die Lösung eines konkreten Problems, für eine womöglich tatsächlich vorliegende Menschenrechtsverletzung ist damit nichts gewonnen, da ließe sich mehr über die auf Kuba vorhandenen Nachbarschaftsstrukturen erreichen. Aber die Propaganda hat ihr Material.
Bei den Führungsfähigkeiten der Aktivisten mag das bis zum gruppenweisen Einsatz von Stahlstangen und Fahrradketten gehen; so war es zumindest im Maidan-Vorlauf. Selbst wenn die Formulierung friedlich klingt, man kann das dahinter stehende Projekt erkennen. Dies ist ein Seminar zur Rekrutierung von Farbrevolutionären. Es war dem NED übrigens 130.000 Dollar wert.
Das sind jetzt keine Einzelfälle; beide Varianten finden sich im Verlauf der Jahre immer wieder. Einige hundert Teilnehmer dürften es im Zeitverlauf schon gewesen sein. Wenn dazu noch eine fortlaufende Subventionierung erfolgt, also „Opposition“ zum lukrativen Job wird, lässt sich damit schon einiges erreichen.
Der deutsche Einsatz ist versteckter und kleiner, aber vorhanden. Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist da wohl die aktivste unter den deutschen Parteistiftungen; sie rühmt sich immerhin, ein Internetportal der kubanischen Opposition mitfinanziert zu haben. In eine ähnliche Richtung arbeitet auch die taz: Sie führt seit 2015 Seminare mit kubanischen Journalisten durch, mitfinanziert vom Auswärtigen Amt, was klar signalisiert, dass hier für Regimewechsel geworben wird (die Mittel vom AA gibt es nur, wenn auch die Agenda des AA verfolgt wird).
Die Verstärkung der Versuche, in Kuba einen Regimewechsel zu erzwingen, die sich im Moment beobachten lassen, haben übrigens damit zu tun, dass den USA die Zeit davonläuft. Schon vor über zehn Jahren wurden große, qualitativ hochwertige Öl- und Gasvorkommen in kubanischen Gewässern entdeckt. Der Mangel an fossilen Brennstoffen war und ist die ökonomische Achillesferse der Insel und der Hauptgrund, warum die US-Sanktionen das Leben der Bevölkerung massiv beeinträchtigen können. Die Erschließung dieser Vorkommen ist eigentlich schon längst vereinbart, aber die US-Sanktionen, die auch auf Wirtschaftspartner Kubas erweitert wurden, können diese Erschließung nach wie vor verzögern.
Allerdings gibt es inzwischen mindestens einen möglichen Partner, der sich von diesen Sanktionen nicht abschrecken lässt – China. Diese Erschließung wird stattfinden können, gleich, was die USA wünschen. Und wenn das Druckmittel der Sanktionen am entscheidendsten Punkt wirkungslos wird, sind die Pläne eines Regimewechsels Makulatur.
Dagmar Henn ist Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes
Link zur Erstveröffentlichung auf RT DE: https://de.rt.com/meinung/120707-farbrevolution-fur-kuba-westen-arbeitet/
Bild: Havanna
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